Verfahrensgang

SG Chemnitz (Urteil vom 17.05.1994; Aktenzeichen S 2 Al 775/93)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 17. Mai 1994 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Höhe des der Klägerin ab dem 06.08.1993 zustehenden Arbeitslosengeldes (Alg).

Die am … geborene, verheiratete Klägerin, auf deren Lohnsteuerkarte die Steuerklasse V zu Beginn des Jahres 1993 eingetragen war, meldete sich am 06.08.1993 arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld.

Sie war vom 21.02.1972 bis 31.07.1993 bei der … als Maschinenarbeiterin beschäftigt.

In der Arbeitsbescheinigung vom 05.08.1993 wurde für die Zeit vom 01. bis 31.03.1993 angegeben, daß die Klägerin 1.540,80 DM Arbeitsentgelt an 20 Arbeitstagen mit 160,00 DM erzielt habe und drei Arbeitstage mit 24 Arbeitsstunden ausgefallen seien. Für April 1993 waren 20 bezahlte Arbeitstage mit Arbeitsentgeltansprüchen von 1.787,36 DM sowie zwei ausgefallene Arbeitstage mit 16 Arbeitsstunden bescheinigt. Im Mai 1993 seien 13 Arbeitstage mit 104 Arbeitsstunden mit 1.025,44 DM entlohnt worden, hingegen acht Arbeitstage mit 64 Arbeitsstunden ausgefallen.

Darüber hinaus arbeitete die Klägerin nach der Angabe des Konkursverwalters im Juni 1993 einen Arbeitstag (acht Stunden) kurz, im Monat Juli fand keine Kurzarbeit statt.

Für die Monate Juni und Juli 1993 zahlte die Beklagte Konkursausfallgeld (Kaug), ebenso wurde der sich aus einer rückwirkenden tarifvertraglichen Entgelterhöhung ergebende Nachzahlungsbetrag für Mai 1993 durch Kaug ausgeglichen (Bescheid vom 09.09.1993).

Kurarbeit „Null” war in den Jahren 1992 und 1993 im Beschäftigungsbetrieb der Klägerin in unterschiedlichem Umfang angefallen, wovon auch die Klägerin betrofffen war. Ab Anfang August 1993 war sie von der Arbeit freigestellt worden. Beim Ausscheiden der Klägerin aus der Beschäftigung waren ihre Lohnansprüche bis einschließlich Mai 1993 abgerechnet und ausgezahlt worden.

Mit Bescheid vom 25.08.1993 bewilligte die Beklagte der Klägerin ab 06.08.1993 Alg ausgehend von einem wöchentlichen gerundeten Arbeitsentgelt i.H.v. 410,00 DM in Leistungsgruppe D i.H.v. 154,80 DM wöchentlich (Dynamisierungsstichtag 31.05.1993).

Mit Schreiben vom 27.08.1993 widersprach die Klägerin der Berechnung des Alg und begehrte, als Berechnungsgrundlage die Monate Mai bis Juli 1993 heranzuziehen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 01.10.1993 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der Bemessungszeitraum umfasse die beim Ausscheiden des Arbeitnehmers abgerechneten Lohnabrechnungszeiträume der letzten drei Monate der die Beitragspflicht begründenden Beschäftigungen vor der Entstehung des Anspruchs, in denen der Arbeitslose Arbeitsentgelt erzielt habe (§ 112 Abs. 2 Satz 1 Arbeitsförderungsgesetz – AFG –). Erzielt sei Arbeitsentgelt nur dann, wenn es in die bei Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses erteilten Lohnabrechnungen eingegangen und dem Arbeitnehmer zugeflossen sei. Erarbeitetes Arbeitsentgelt, daß dem Arbeitnehmer z.B. wegen Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers nicht zufließe, sei nicht erzielt und deshalb bei der Ermittlung des erzielten Arbeitsentgelts nicht zu berücksichtigen. In den Monaten Juni und Juli 1993 habe die Klägerin kein Arbeitsentgelt mehr erhalten, weshalb maßgebend für die Bemessung des Alg das in den Monaten März bis Mai 1993 erzielte Arbeitsentgelt sei. Die Gewährung von Kaug ändere nichts daran, denn der Bemessung sei nicht das zu beanspruchende, sondern das tatsächlich erzielte Arbeitsentgelt zugrunde zu legen. Hiernach sei im Bemessungszeitraum ein Bruttoarbeitsentgelt von 5.383,76 DM bei 528 bezahlten Arbeitsstunden erzielt worden, woraus sich ein Stundenlohn von 10,20 DM errechne, der mit der tariflichen wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden zu vervielfachen sei. Hieraus ergebe sich nach Rundung gemäß § 112 Abs. 10 AFG ein wöchentliches Bemessungsentgelt i.H.v. 410,00 DM.

Gegen den Widerspruchsbescheid vom 01.10.1993 hat die Klägerin am 21.10.1993 das Sozialgericht Chemnitz (SG) angerufen.

Das SG hat die Beklagte mit Urteil vom 17. Mai 1994 verurteilt, der Klägerin unter Änderung des Bescheides vom 25.08.1993 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.10.1993 Alg ab dem 06.08.1993 auf der Bemessungsgrundlage des Bruttoarbeitsentgelts der Lohngruppe VI des einschlägigen Manteltarifvertrages der Metall- und Elektroindustrie Sachsen für Juni und Juli 1993 zu bemessen und für den Monat Mai 1993 als Bemessungsgrundlage 1.656,48 DM als Bruttoarbeitsentgelt heranzuziehen. Der Bemessungszeitraum umfasse die Monate Mai bis Juli 1993. Insofern die Beklagte die Auffassung vertrete, die Monate Juni und Juli 1993 könnten nicht als Bemessungszeitraum herangezogen werden, verkenne sie die Grundsätze der reinen Zuflußtheorie. Ein fehlender Zufluß des Arbeitsentgelts rechtfertige es nach der reinen Zuflußtheorie...

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