Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Eingliederungshilfe. Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft. Hilfen zur Teilhabe am gemeinschaftlichen und kulturellen Leben. Förderung der Begegnung und des Umgangs mit nichtbehinderten Menschen. Kosten einer Begleitperson während einer Urlaubsreise
Leitsatz (amtlich)
Zum Anspruch auf Erstattung von Kosten für eine Begleitperson bei einer Kreuzfahrtreise.
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 5. Dezember 2017 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Erstattung von Reisekosten für eine Begleitperson für eine Urlaubsreise auf einem Kreuzfahrtschiff im Rahmen der Eingliederungshilfe streitig.
Der 1968 geborene schwerbehinderte Kläger leidet an einer spinalen Muskelatrophie mit schweren Wirbelsäulenverbiegungen, infolge der er auf einen Rollstuhl angewiesen ist. Er bezieht eine Erwerbsunfähigkeitsrente, Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, Leistungen der sozialen Pflegeversicherung sowie Hilfe zur Pflege. Seit 2002 beschäftigt der Kläger, der eigenen Wohnraum (Mietwohnung) bewohnt, im Arbeitgebermodell drei Assistenten; die hierfür anfallenden Kosten trägt der Beklagte im Rahmen von Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (§§ 53, 54 SGB XII).
In der Zeit vom 02.07.2016 bis 09.07.2016 befand sich der Kläger auf einer Urlaubsreise mit dem Kreuzfahrtschiff „K.“ (Kreuzfahrt ab L., Meerblickkabine, zwei Landausflüge (M. und N.)). Begleitet wurde er hierbei von einem seiner Assistenten.
Mit Schreiben vom 23.04.2016 beantragte der Kläger am 26.04.2016 bei dem Beklagten die Erstattung der Kosten für eine Begleitperson für eine Kreuzfahrt mit zwei Landausflügen im Zeitraum 02.07.2016 bis 09.07.2016 in Höhe von insgesamt 2.015,50 €. Die Kosten für den notwendigen Assistenten als Begleitperson würden zunächst von seinem Vater vorausgelegt.
Den Antrag des Klägers auf Übernahme der Reisekosten für den Assistenten lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 26.02.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.09.2016 ab. Es handele sich bei der Urlaubsreise nicht um eine Eingliederungs-, sondern um eine Erholungsmaßnahme. Die Reise unterfalle den Bedürfnissen der allgemeinen Lebensführung. Erforderlich im Sinne der Vorschriften der Eingliederungshilfe - etwa zur Förderung von Sozialkontakten, der Begegnung mit nichtbehinderten Menschen, Stabilisierung des Selbstwertgefühls oder Aktivierung zur besseren Tagesstrukturierung - sei sie nicht. Der Kläger lebe in einer eigenen Wohnung, werde durch persönliche Assistenten betreut und verfüge über ein Freizeitbudget sowie einen steuerbefreiten Pkw. Zudem könne er den öffentlichen Nah- und Fernverkehr kostenlos nutzen, sei von der Rundfunkgebührenpflicht befreit und habe (auch mit Begleitperson) kostenfreien bzw. kostenverminderten Zugang zu kulturellen Einrichtungen und Veranstaltungen. Darüber hinaus beteilige sich der Beklagte regelmäßig an der Finanzierung verschiedenster weiterer Eingliederungsleistungen anlässlich der Wahrnehmung der Tätigkeit des Klägers als Behindertenbeauftragter des Landkreises. Die angemessene Teilhabe des Klägers am Leben in der Gesellschaft sei damit gewährleistet. Der Zweck der Eingliederungshilfe liege nicht darin, sozial schwachen Personen einen Erholungsurlaub zu verschaffen. In Anbetracht dessen, dass sich weite Teile der (nichtbehinderten) Bevölkerung einen auch nur einwöchigen Urlaub nicht leisten könnten, stelle die vom Kläger unternommene Reise weder eine erforderliche noch eine angemessene Teilhabemaßnahme dar.
Hiergegen hat sich die am 20.10.2016 zum Sozialgericht Leipzig erhobene Klage gerichtet. Der Kläger hat im Wesentlichen vorgetragen, dass er Anspruch auf gleichberechtigte Teilhabe in allen Lebensbereichen habe. Die Reise sei neben seinen sonstigen Aktivitäten zur Begegnung auch mit nichtbehinderten Menschen erforderlich. Auch einem behinderten Menschen müsse die Gelegenheit gewährt werden, auf einer Urlaubsreise für einige Tage dem gewohnten Umfeld zu entfliehen. Die ihm selbst betreffenden Reisekosten habe der Kläger aus eigenen Mitteln angespart. Ein Ansparen auch der Mittel für den zwingend benötigten Assistenten wäre aufgrund der bis dato geltenden Vermögensfreibeträge nicht möglich gewesen. Eine Gleichstellung habe nicht nur mit Sozialhilfeempfängern, sondern auch mit der nicht auf Transferleistungen angewiesenen Bevölkerung zu erfolgen.
Das Sozialgericht hat auf die mündliche Verhandlung vom 05.12.2017 die Klage mit Urteil abgewiesen und zur Begründung nach Darstellung der entscheidungserheblichen Rechtsgrundlagen im Wesentlichen ausgeführt, dass die Kreuzfahrtreise zur Teilhabe am Leben in der Gesellschaft für den Kläger nicht erforderlich sei. Der Kläger nehme bereits in hohem Umfang ...