Entscheidungsstichwort (Thema)
Einstweiliger Rechtsschutz gegen einen Sozialversicherungsbeitragsbescheid wegen Arbeitnehmerüberlassung
Orientierungssatz
Parallelentscheidung zu dem Beschluss des LSG Schleswig vom 20.4.2012 - L 5 KR 9/12 B ER, der vollständig dokumentiert ist.
Normenkette
SGG § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 86a Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 S. 2; SGB IV § 14 Abs. 1 S. 1, § 22 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 2, § 28f Abs. 2 S. 3; AÜG § 3 Abs. 1 Nr. 3, § 9 Nr. 2, § 10 Abs. 4; TVG § 2 Abs. 1, 3; ArbGG § 2a Abs. 1 Nr. 4, § 97; SGB X § 45
Tenor
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Kiel vom 17. Januar 2012 wird zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 19.440,88 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin begehrt im Rahmen eines Eilverfahrens die Anordnung der aufschiebenden Wirkung gegen den Beitragsbescheid der Antragsgegnerin.
Die Antragstellerin betreibt in der Rechtsform einer GmbH ein Unternehmen im Bereich der Arbeitnehmerüberlassung. Sie verfügt über eine Erlaubnis nach § 1 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG). Die Leiharbeitnehmer waren im hier maßgebenden Zeitraum auf der Basis eines Tarifvertrages mit der CGZP und dem AMP/ dem BVD/ dem AM beschäftigt.
Am 17. August 2011 führte die Antragsgegnerin bei der Antragstellerin eine Betriebsprüfung für die Zeit vom 1. Dezember 2005 bis 31. Dezember 2009 durch. Anlass war eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 14. Dezember 2010 (1 ABR 19/10), die die Feststellung der Vorinstanzen, wonach die CGZP nicht tariffähig sei, bestätigt hatte. Nach Anhörung mit Schreiben vom 8. November 2011 forderte die Antragsgegnerin von der Antragstellerin mit Bescheid vom 12. Dezember 2011 Beiträge zur Sozialversicherung in Höhe von 58.322,63 EUR für den Prüfzeitraum nach. Zur Begründung führte sie aus, dass die Bestätigung der Tarifunfähigkeit der CGZP durch das BAG zur Unwirksamkeit der von ihr geschlossenen Tarifverträge geführt habe. Damit komme es zur Anwendung des § 10 Abs. 4 Satz 1 AÜG und dem darin enthaltenen Grundsatz des Equal-Pay, in dessen Folge die Leiharbeitnehmer, die auf der Basis eines solchen Tarifvertrages tätig gewesen seien, von der Antragstellerin den Lohn beanspruchen könnten, der im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer gezahlt worden sei. Dieser tatsächlich zustehende Lohn sei Bemessungsgrundlage für die Berechnung der für diese Arbeitnehmer zu entrichtenden Sozialversicherungsbeiträge. Aufgrund des in § 22 Abs. 1 Satz 1 des Vierten Sozialgesetzbuches (SGB IV) enthaltenen Entstehungsprinzips komme es für die Beitragsansprüche nicht darauf an, ob die Arbeitnehmer den höheren Lohn auch tatsächlich geltend machten. Der Beitragsanspruch entstehe insoweit automatisch mit dem arbeitsrechtlichen Vergütungsanspruch. Zwar sei hier feststellbar, dass Arbeitsentgelte grundsätzlich bestimmten Beschäftigten zuzuordnen seien, jedoch sei vorliegend die personenbezogene Ermittlung der geschuldeten Arbeitsentgelte aufgrund der großen Anzahl der zu prüfenden Beschäftigungsverhältnisse, der zum Teil sehr kurzen Dauer der jeweiligen Beschäftigungsverhältnisse, der Anzahl der Entleiher und der Dauer der jeweiligen Überlassungszeiträume im Prüfzeitraum - wenn überhaupt - nur mit unverhältnismäßig großem Aufwand möglich. Denn in der streitigen Zeit hätten insgesamt 190 Beschäftigungsverhältnisse vorgelegen, wobei eine große Anzahl lediglich bis zu drei Monaten gedauert habe. Die Überlassung der Mitarbeiter sei an einen Entleiher erfolgt. Die maßgeblichen Arbeitsentgelte seien daher nach § 28f Abs. 2 Satz 3 SGB IV geschätzt worden. Dabei sei so verfahren worden, dass auf der Basis der geleisteten Gesamtstunden aller Beschäftigten die Bruttolohnsumme ermittelt worden sei. Die Gruppenlohnsummen seien um Lohnzahlungen aufgrund von Zeiten, in denen kein Equal-Pay-Anspruch bestanden habe, bereinigt worden. Die tatsächlichen Arbeitsentgelte vergleichbarer Arbeitnehmer des Entleihers seien ermittelt worden (Schreiben der H. L. GmbH vom 14. September 2011). Es sei ein Durchschnittswert je Gruppe gebildet worden. Daraus hätten sich verschiedene prozentuale Lohnabstände zu den vergleichbaren Stammarbeitnehmern ergeben. Die prozentualen Durchschnittswerte seien zur Ermittlung der Arbeitsentgeltdifferenz auf alle Leiharbeitnehmer angewendet worden. Für die Arbeitnehmer seien die erforderlichen Meldungen zu berichtigen. Soweit hier festgestellt worden sei, dass für einen oder mehrere Beschäftigte jeweils Beiträge nachzuerheben seien, sei die Antragstellerin zur Erstattung einer Meldung für jeden dieser Beschäftigten verpflichtet. Von einer Verjährung der Ansprüche könne nicht ausgegangen werden, da Ansprüche auf vorsätzlich vorenthaltene Beiträge erst in 30 Jahren verjährten und Vorsatz mit der Entscheidung des BAG vom 14. Dezember 2010 spätestens vorgelegen habe. Im Übrigen hätten auch die Deutsche Rentenversicherung Bun...