Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Hilfsmittelversorgung. mobiler Patientenlifter. vollstationäre Einrichtung zur Teilhabe für Menschen mit Behinderung. Vorhaltepflicht des Heimträgers im Rahmen der Eingliederungshilfe. kein Hilfsmittel zur sozialen Teilhabe
Leitsatz (amtlich)
1. Ein mobiler Patientenlifter dient dem Wechsel des Aufenthaltsortes und ist ein - nicht individuell angepasstes - Hilfsmittel iSv § 33 Abs 1 SGB V .
2. Wenn der Versicherte in einer stationären Einrichtung Leistungen der Eingliederungshilfe erhält, schulden diese Einrichtungen als integralen Bestandteil der Eingliederungshilfe auch Leistungen der Grundpflege ( § 43a SGB XI ) mit der Folge, dass sie auch die dafür notwendigen Hilfsmittel vorzuhalten haben. Zu diesen gehört dann auch ein mobiler Patientenlifter.
3. Ein mobiler Patientenlifter ist kein Hilfsmittel zur sozialen Teilhabe.
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Kiel vom 14. Mai 2024 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Streitig ist die Versorgung mit einem mobilen Patientenlifter.
Die 1967 geborene und bei der Antragsgegnerin gesetzlich krankenversicherte Antragstellerin ist körperlich und geistig schwerbehindert(GdB 100, Merkzeichen G, aG und H; geistige und kognitive Defizite bei infantiler ataktischer Zerebralparese, Wirbelsäulenskoliose, Tetraspastik bei passiver Beweglichkeit der Extremitäten, Inkontinenz; Unfähigkeit zur Artikulation - MDK-Gutachten vom 21. Juni 2013) , wurde dem Pflegegrad 4 zugeordnet(Bescheid vom 28. Februar 2018) und ist mit einem Rollstuhl versorgt. Sie wohnt seit über 20 Jahren in der Einrichtung der Beigeladenen zu 1.
Zwischen dieser und dem Kreis Plön bestand eine Leistungs- und Prüfungsvereinbarung gemäß § 75 Abs 3 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) vom 21. April 2016, längstens gültig bis 31. Dezember 2020, wonach die Einrichtung einem vollstationären Angebot in Anlehnung an die Einrichtungstypen A I 2 (Wohneinrichtungen für Menschen mit Behinderungen) und A I 3 (Wohneinrichtungen für Menschen mit besonderem Hilfebedarf) iSd § 1 Abs 2 Landesrahmenvertrags (§ 1) entsprach, ohne einem Einrichtungstyp zugeordnet zu sein (§ 2). Nicht Bestandteil der Vereinbarung waren ua Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) sowie anderer Gesetzbücher (§ 5 Abs 5 Satz 1 und 2, § 9 Abs 4) und individuelle Hilfsmittel der Bewohner (§ 5 Abs 5 Satz 3). Der mWz 1. Mai 2011 für die Antragstellerin abgeschlossene Wohn- und Betreuungsvertrag schloss eine Verpflichtung der Einrichtung aus, ihr Angebot an einen veränderten Betreuungsbedarf, zB besondere Pflegebedürftigkeit, anzupassen (§ 2 2.3 Satz 3 Anlage 6 gemäß § 8 Abs 4 WBVG zum Vertrag, Ziffer 8. Änderungsvereinbarung vom 10. Dezember 2019). Nach dem öffentlich-rechtlichen Vertrag zur Transformation iSd Empfehlung der Vertragskommission nach § 35 des Rahmenvertrages nach § 131 SGB IX zur Erbringung von Leistungen der Eingliederungshilfe in Schleswig-Holstein vom 30. November 2021 (Transformationsvereinbarung) erhalten Bewohner Assistenzleistungen nach dem Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) und pflegerische Leistungen im Sinne des § 103 Abs 1 SGB IX (§ 4 Ziffer 5 Abs 1). Leistungen der Pflegeversicherung nach dem Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) und der Hilfe zur Pflege nach SGB XII oder der Behandlungspflege nach SGB V sind nicht Bestandteil der Leistungen nach dieser Vereinbarung (§ 4 Ziffer 5 Abs 2).
Nach ärztlicher Verordnung vom 22. November 2023 legte der Leistungserbringer der Antragsgegnerin einen Kostenvoranschlag vom 2. Januar 2024 für den mobilen Patientenlifter Smart 150 nebst Zubehör iHv 5.418,20 Euro vor. Die Antragsgegnerin lehnte die Versorgung und Kostenübernahme ab, da das Leistungsprofil der Einrichtung, in der die Antragstellerin wohne, die Versorgung mit diesem Hilfsmittel umfasse (Bescheid vom 15. Januar 2024, Widerspruchsbescheid vom 15. April 2024). Dagegen hat die Antragstellerin vor dem SG Kiel Klage erhoben ( S 10 KR 52/24). Einen weiteren Antrag der Antragstellerin auf Übernahme der Kosten für einen Patientenlifter, den sie bei dem Träger der Eingliederungshilfe gestellt hatte und der von dort an die Antragsgegnerin weitergeleitet wurde, lehnte diese ebenfalls ab (Bescheid vom 20. Juni 2024).
Den am 12. März 2024 bei dem Sozialgericht (SG) Kiel eingereichten Antrag auf Eilrechtsschutz zur Versorgung mit dem Patientenlifter hat das SG Kiel mit Beschluss vom 14. Mai 2024 abgelehnt, da die die Antragstellerin betreuende Einrichtung für die Anschaffung eines Patientenlifters zuständig sei.
Dagegen richtet sich die am 10. Juni 2024 eingegangene Beschwerde der Antragstellerin. Aufgrund ihrer ausgeprägten Adipositas, ihrer Spastik und bei Unwillen oder Schmerz könnten die Betreuer der Einrichtung sie auch nicht zu zweit aus dem Bett oder nach einem Sturz hochheben, so dass sie für den Transfer vom Bett in den Therapiestuhl oder den Toilettenstuhl ...