Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung der Landwirte. Versicherung besonderer Personengruppen. Versicherungs- bzw Beitragspflicht von Leistungsbeziehern nach dem SGB 2
Orientierungssatz
§ 20 KVLG 1989 ist in der Weise auszulegen, dass der Leistungsbezieher nach dem SGB 2, der zugleich einen landwirtschaftlichen Betrieb führt, nicht nur in seiner Eigenschaft als Versicherungspflichtiger nach § 2 Abs 1 Nr 6 KVLG 1989 beitragsrechtlich nach den Vorschriften des SGB 5 behandelt wird, sondern als Versicherungspflichtiger in vollem Umfang hinsichtlich jeder Pflichtversicherung.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Itzehoe vom 26. August 2008 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass während des Bezuges von Arbeitslosengeld-II keine Beitragspflicht bei der Beklagten bestand.
Die Beklagte hat dem Kläger auch die Kosten des zweiten Rechtszuges zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten im Berufungsverfahren darüber, ob der Kläger ab 1. April 2007 der Beitragspflicht in der landwirtschaftlichen Krankenversicherung unterliegt.
Der Kläger betreibt ein landwirtschaftliches Unternehmen; die Beklagte legt hierfür einen Arbeitsbedarf von 508,31 Arbeitseinheiten (AE) zugrunde. Er war als landwirtschaftlicher Unternehmer ab 1. August 2000 bei der Beklagten versichert. Seit Januar 2005 bezog er Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II; Arbeitslosengeld II und Leistungen für Unterkunft und Heizung). Der Leistungsbezug endete inzwischen, der Zeitpunkt hierfür ist nicht bekannt. Zum 17. Januar 2005 endete die Versicherungspflicht des Klägers bei der Beklagten als landwirtschaftlicher Unternehmer. Mit Bescheid vom 12. April 2007 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass er infolge der Änderung der Bestimmungen über die Krankenversicherung für landwirtschaftliche Unternehmer ab 1. April 2007 bei ihr wieder versicherungspflichtig sei. Der Beitrag in der Krankenversicherung (282,00 EUR) und Pflegeversicherung (31,36 EUR) betrage 313,36 EUR, basierend auf einem Arbeitsbedarf von 508,31 AE. Die Beiträge aus den Arbeitslosengeld II-Bezügen wurden weiterhin gezahlt. Gegen den Bescheid vom 12. April 2007 legte der Kläger am 17. April 2007 Widerspruch ein, mit dem er geltend machte, er zahle in die Krankenversicherung und zusätzlich in die Alterskasse (zweimal 82,00 EUR) über die Hälfte seiner Leistungen nach dem SGB II i.H.v. 911,16 EUR. Dies müsse ein Fehler sein. Im Übrigen lege die Berufsgenossenschaft für seinen Betrieb lediglich 310,61 AE zugrunde. Die Beklagte teilte dem Kläger mit, durch das GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz (GKV-WSG) sei die Versicherungspflicht in der gesetzlichen landwirtschaftlichen Krankenversicherung trotz des Bezuges von Arbeitslosengeld II ab 1. April 2007 neu begründet worden. Die Flächenberechnung erfolge zwar auf der Grundlage des gleichen Katasters wie die der Berufsgenossenschaft, richte sich aber nach anderen Bewertungsmaßstäben. Mit Bescheid vom 29. August 2007 wies sie den Widerspruch des Klägers zurück. Infolge der Gesetzesänderung durch das GKV-WSG zum 1. Juli 2007 sei der Vorrang der Pflichtversicherung für Leistungsbezieher nach dem SGB II beseitigt worden und die originäre Pflichtversicherung in der Krankenversicherung der Landwirte bleibe daneben bestehen.
Gegen die Entscheidung hat der Kläger am 24. September 2007 beim Sozialgericht Itzehoe Klage erhoben. Er hat zur Begründung ausgeführt, er sei nunmehr sowohl als Bezieher von Arbeitslosengeld II als auch als Inhaber eines landwirtschaftlichen Unternehmens mit seiner vierköpfigen Familie gesetzlich krankenversichert und beitragspflichtig. Dies könne nicht richtig sein. Er beziehe für seine Familie Leistungen nach dem SGB II in Höhe von monatlich 911,16 EUR, da sein landwirtschaftlicher Betrieb keine Überschüsse zur Deckung des Lebensbedarfs abwerfe. Es sei ihm nicht möglich, hiervon den von der Beklagten geforderten monatlichen Beitrag zu zahlen. Die Arbeitsgemeinschaft erkenne keinen entsprechenden Mehrbedarf an. Es sei auch inkonsequent, dass seine Leistungsansprüche gegenüber der Beklagten ruhten, wenn er trotz Mahnung mit zwei Monatsbeiträgen im Verzug sei, dass die Ruhenswirkung jedoch außer Kraft trete, wenn er hilfebedürftig im Sinne des SGB II werde. Er wäre danach zwar zur Zahlung von Beiträgen verpflichtet, diese Verpflichtung sei jedoch sanktionslos. Das Gesetz regele keine Mehrfachversicherung für Landwirte. Eine derartige Mehrfachversicherung lasse sich mit dem Ziel des SGB II, das Existenzminimum zu sichern, nicht vereinbaren. Der Widerspruch lasse sich nur so auflösen, dass Bezieher von Arbeitslosengeld II, die zum Zeitpunkt der Arbeitslosmeldung bei einer landwirtschaftlichen Krankenkasse versichert seien, kein freies Wahlrecht hinsichtlich der Krankenkasse hätten. Vielmehr blieben sie Mitglied der landwirtschaftlichen Krankenkasse, die Beiträge wür...