Entscheidungsstichwort (Thema)

Errechnung des Beitrags eines landwirtschaftlichen Unternehmers zur landwirtschaftlichen Kranken- und Pflegeversicherung

 

Orientierungssatz

1. Bei versicherungspflichtigen landwirtschaftlichen Unternehmern wird der Beitragsbemessung deren Einkommen aus Land- und Forstwirtschaft nach § 39 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 KVLG zugrunde gelegt. Die maßgebliche Beitragsklasse wird in der Satzung nach dem Wirtschaftswert, dem Arbeitsbedarf oder einem anderen angemessenen Maßstab bestimmt, § 40 Abs. 1 S. 2 KVLG.

2. Die Beitragserhebung bei landwirtschaftlichen Unternehmern nach §§ 39, 40 KVLG entsprechend dem Arbeitsbedarf ist verfassungsgemäß. Sie widerspricht insbesondere nicht dem Gleichheitsgrundsatz (Willkürverbot) des Art. 3 Abs. 1 GG.

3. Der Arbeitsbedarf i. S. von § 40 Abs. 1 S. 2 KVLG wird nach dem Durchschnittsmaß der für das Unternehmen erforderlichen menschlichen Arbeit unter Berücksichtigung der Kulturarten bemessen und nach der Zahl der Arbeitstage oder nach der Flächengröße festgesetzt. Zulässig ist hierbei die pauschale Einordnung von errechneten Arbeitsbedarfen in eine Beitragsklasse.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts

Itzehoe vom 4. Mai 2018 wird zurückgewiesen.

Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Höhe der Beitragspflicht des Klägers zur Kranken- und Pflegeversicherung bei der Beklagten für den Zeitraum 1. Januar 2009 bis 14. März 2010.

Die jetzt Beklagte ist die Rechtsnachfolgerin der ursprünglich beklagten Landwirtschaftlichen Krankenkasse für Schleswig-Holstein und Hamburg, die nach § 3 Abs 1 LSV-Neuordnungsgesetz ≪LSV-NOG≫ eingegliedert wurde in die mit Wirkung zum 1. Januar 2013 errichtete Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (§ 1 LSV-NOG). Diese ist - als hier Beklagte - zuständig für die Durchführung der landwirtschaftlichen Unfallversicherung der Alterssicherung der Landwirte, der landwirtschaftlichen Krankenversicherung und der landwirtschaftlichen Pflegeversicherung. Im Jahr 2009 folgte die Zuständigkeit für die Krankenversicherung versicherungspflichtiger landwirtschaftlicher Unternehmer der Zuständigkeit der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft für den landwirtschaftlichen Unternehmer (siehe § 19 Abs 1 Satz 1 KVLG in der vom 1. April 2007 bis 31. Dezember 2012 geltenden Fassung).

Die Rechtsvorgängerin der Beklagten ermittelte im streitigen Zeitraum die Beiträge für versicherungspflichtige landwirtschaftliche Unternehmen auf der Grundlage der §§ 39 Abs 1 Nr 1, 40 Zweites Gesetz über die Krankenversicherung der Landwirte (KVLG 1989) nach einem satzungsmäßig festzulegenden Maßstab (§ 40 Abs 1 KVLG 1989). In den §§ 41, 42 ihrer Satzung ist festgelegt, dass der Arbeitsbedarf der einzig geltende Beitragsbemessungsmaßstab ist, wobei der Arbeitsbedarf unter Berücksichtigung der Flächengröße und der Kulturarten einheitlich festgesetzt wird. Dabei galt für Spezialkulturen wie den Obstbau bis Ende 2008 ein einheitlicher Arbeitsbedarf von 20 Arbeitseinheiten (AE) je Hektar Fläche. Die ab 1. Januar 2008 geltenden Arbeitsbedarfswerte wurden von B von der Universität G im Rahmen eines wissenschaftlichen Gutachtens vom 15. November 2007 (Einführung eines Abschätztarifs auf der Basis des Arbeitsbedarfs für die Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft Schleswig-Holstein und Hamburg) unter Zuhilfenahme von Auswertungen des Kuratoriums für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft (KTBL), der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein, der Zentralen Markt- und Preisberichtsstelle (ZMP) und des statistischen Bundesamtes für die Zwecke der Beitragserhebung der Beklagten in der gesetzlichen Unfallversicherung aufgestellt. Diese Maßstäbe übernahm die Beklagte ab 1. Januar 2009 in ihrer Satzung dem Grunde nach auch für die Bemessung der Beiträge zur landwirtschaftlichen Krankenversicherung.

Der 1971 geborene Kläger ist staatlich geprüfter Wirtschafter des Gartenbaus und betrieb vom 15. Januar 2006 bis zum 31. Dezember 2014 Obstanbau auf einer Fläche von 19 Hektar, die er von seinem Vater gepachtet hatte (Pachtvertrag vom 30. Dezember 2005). Gegen den Aufnahmebescheid der Beklagten in die gesetzliche Unfallversicherung vom 11. Mai 2006 führte der Kläger erfolglos ein Widerspruchs-, Klage- und Berufungsverfahren (Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht, Urteil vom 11. Februar 2015, L 8 U 30/13), das darauf gerichtet war, in die Gartenbau-Berufsgenossenschaft (Gartenbau-BG) überwiesen zu werden. Die Mitgliedschaft des Klägers zur Krankenversicherung bei der Beklagten wurde mit Bescheid vom 16. Juni 2006 festgestellt und gleichzeitig erhob die Beklagte erstmals ab 15. Januar 2006 für die Versicherungspflicht in ihrer Kranken- und Pflegeversicherung Beiträge in Höhe von monatlich 183,00 EUR bzw. 21,67 EUR (Grundlage waren 292,42 AE Arbeitsbedarf), die bis zum Ende der Mitgliedschaft monatlich erhoben wurden. In der Folgezeit wurde die Beitrag...

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