Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen des Krankenhaus-Vergütungsanspruchs für eine intensivmedizinische Behandlung des Versicherten

 

Orientierungssatz

1. Die Zahlungsverpflichtung der Krankenkasse entsteht nach § 109 Abs. 4 i. V. m. § 39 Abs. 1 S. 2 SGB 5 unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten. Die Krankenhausleistungen werden nach § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 KHEntgG u. a. mit Fallpauschalen nach dem vereinbarten Entgeltkatalog entsprechend § 9 KHEntgG abgerechnet. Zur sachgerechten Zuordnung der erbrachten Leistungen dienen die Kodierrichtlinien. Nach Maßgabe des Fallpauschalenkatalogs und der Pflegesatzvereinbarung wird die von der Krankenkasse zu zahlende Vergütung errechnet.

2. Unter den OPS-Kode 8-980 fällt die intensivmedizinische Komplexbehandlung. Deren Voraussetzungen sind erfüllt bei einer kontinuierlichen 24-stündigen Überwachung und akuten Behandlungsbereitschaft durch ein Team von Pflegepersonal und Ärzten, das in der Intensivmedizin erfahren ist. Eine ständige ärztliche Anwesenheit auf der Intensivstation muss gewährleistet sein.

3. Ständige Anwesenheit bedeutet, dass der Arzt innerhalb kürzester Zeit direkt handlungsfähig am Patienten sein muss. Unzulässig ist, dass der Arzt neben dem Dienst auf der Intensivstation gleichzeitig an anderer Stelle des Krankenhauses weitere Aufgaben zu erfüllen hat. Anderenfalls sind die Mindestmerkmale des OPS-Kodes 8-980 nicht erfüllt.

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

Der Streitwert wird auf 178.799,66 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Erstattung der Vergütung in Höhe von 178.799,66 EUR für stationäre Behandlungen von 18 Versicherten der Klägerin im Krankenhaus des Beklagten in den Jahren 2010 und 2011.

Der Beklagte betreibt ein zugelassenes Krankenhaus. Dort wurden in den Jahren 2010 und 2011 18 Versicherte der Klägerin komplex intensivmedizinisch behandelt. Die Klägerin bezahlte die von dem Beklagten in Rechnung gestellten Behandlungskosten zunächst ohne Beanstandung in voller Höhe. Im Rahmen einer Überprüfung des Krankenhauses des Beklagten bezüglich der Strukturmerkmale des OPS-Kodes 8-980 (Intensivmedizinische Komplexbehandlung [Basisprozedur]) kam der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) Nordrhein in einer von der KKH-Allianz-Krankenkasse in Auftrag gegebenen gutachtlichen Stellungnahme von Dr. I. und Dr. N. vom 05.10.2010 zu dem Ergebnis, dass eine kontinuierliche, 24-stündige Überwachung und akute Behandlungsbereitschaft durch ein Team von Pflegepersonal und Ärzten, die in der Intensivmedizin erfahren sind und die aktuellen Probleme ihrer Patienten kennen, sowie eine ständige ärztliche Anwesenheit auf der Intensivstation nicht gewährleistet sei. Nach dem seinerzeitigen Versorgungskonzept der Klinik des Beklagten war auf der Intensivstation ständig ein Anästhesist eingesetzt; gleichzeitig war dort zusätzlich ein Internist ebenfalls als Intensivmediziner fest eingeteilt; dies wurde durch ein 3-Schichten-Dienstmodell sichergestellt. Während des Nachtdienstes hatte der Internist im Bedarfsfall Aufgaben auf der internistischen Normalstation wahrzunehmen. Zusätzlich bestand ab 20.00 Uhr ein Bereitschaftsdienst der Stufe D für die Intensivstation; dies bedeutet, dass ein Arzt im Haus anwesend und jederzeit abrufbar ist; er verweilt auch auf der Intensivstation. Aufgrund einer Befragung sowie schriftlichen Ergänzungen von Vertretern des Krankenhauses kam der MDK in der gutachtlichen Stellungnahme zu der Beurteilung, dass die Strukturvoraussetzungen des OPS-Kodes 8-980 formal nicht erfüllt würden, weil die ständige Arztanwesenheit auf der Intensivstation nicht in allen Fällen gewährleistet sei. Das Kriterium würde dann nicht erfüllt, wenn der diensthabende anästhesiologische Intensivmediziner im Rahmen einer Notfalloperation oder einer geburtshilflichen Notsituation unverzüglich tätig werden müsse. In diesen Fällen werde die Situation von dem internistischen Kollegen, dessen Aufgabengebiet nicht primär die Intensivstation sei, übernommen.

Mit Schreiben vom 06.02.2013 übermittelte die Klägerin dem Beklagten eine Listen mit 20 Behandlungsfällen aus den Jahren 2009, 2010 und 2011; sie verwies auf das MDK-Gutachten vom 05.10.2010 und erklärte, sie gehe davon aus, dass die dort festgestellten Strukturmerkmale nicht zur Abrechnung des OPS-Kodes 8-980 berechtigt hätten. Für die 20 Behandlungsfälle habe sie daher 270.441,02 EUR zu viel gezahlt. Die Klägerin bat darum, die zu viel gezahlten Beträge gutzuschreiben. Dem folgte der Beklagte nicht.

Am 31.12.2014 hat die Klägerin Klage auf Zahlung von 178.799,66 EUR erhoben. Dieser Betrag bezieht sich auf die Behandlungen von nur noch 18 Versicherten der Klägerin in den Jahren 2010 und 2011, da die beiden Fälle auf der Liste aus dem Jahr 2009 bei Klageerhebung verjährt waren. Die Klägerin ist der Auffassung, Grundlage der Forderung sei ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch, da für den streitbefangenen Zeit...

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