Entscheidungsstichwort (Thema)
Elterngeld. Anspruchsberechtigung. keine oder keine volle Erwerbstätigkeit iS des § 1 Abs 1 Nr 4 BEEG. Freistellung von der Arbeitsleistung unter Fortzahlung der Vergütung
Orientierungssatz
Allein das tatsächliche Fehlen des Tätigseins, des Ausübens einer Arbeitsleistung lässt die "Erwerbstätigkeit" noch nicht entfallen und führt nicht bereits deshalb zum Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzung des § 1 Abs 1 Nr 4 BEEG. Geht ein Elternteil nach der Geburt des Kindes einer den Elterngeldanspruch ausschließenden Beschäftigung nach, so kann er für die Zeit des Urlaubs oder der Krankheit nicht Elterngeld verlangen mit der Begründung, dass er in dieser Zeit keine Erwerbstätigkeit "ausübt". Gleiches gilt für die Zeit einer Freistellung von der Arbeitspflicht unter Beibehaltung des Vergütungsanspruchs (vgl LSG Chemnitz, Urteil vom 18.1.2007 - L 3 EG 4/04).
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.
Die Sprungrevision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch auf Elterngeld für den zweiten bis vierten, sechsten und siebten Lebensmonat des Kindes N ...
Die am 00.00.0000 geborene Klägerin ist verheiratet und von Beruf Bankfachwirtin; ihr Ehemann ist Syndikusanwalt. Am 04.06.2010 gebar die Klägerin das (erste) Kind N.; seit der Geburt und auch im streitigen Zeitraum lebte sie mit dem Kind und dem Ehemann im gemeinsamen Haushalt in B. und betreute und erzog das Kind. Sie erhielt weder Mutterschaftsgeld noch einen entsprechenden Arbeitgeberzuschuss. In den zwölf Monaten vor der Geburt stand sie in einem Vollzeit-Anstellungsverhältnis; der Arbeitsvertrag sah eine Arbeitszeit von wöchentlich 40 Stunden vor; sie bezog ein Bruttogehalt von 4.965,00 EUR (Juni 2009) bzw. 5.089,00 EUR (Juli 2009 bis Mai 2010). Am 22.11.2009 hatten die Klägerin und ihr damaliger Arbeitgeber einen Aufhebungsvertrag geschlossen. Danach endete das Anstellungsverhältnis zum 31.12.2010 (§ 1 Ziff. 1) und erhielt die Klägerin bis zur Beendigung des Anstellungsverhältnisses eine monatliche Vergütung in Höhe von 5.089,00 EUR brutto (§ 2 Ziff. 1). § 5 (Urlaub/Freistellung) lautet: "Dem Arbeitnehmer wird im Zeitraum vom 04. bis zum 15. Januar 2010 Urlaub gewährt. Für den Zeitraum vom 18. Januar 2010 bis zum 31. März 2010 wird der Arbeitnehmer widerruflich unter Fortzahlung der Bezüge von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung freigestellt. Für den Zeitraum ab dem 01. April 2010 wird der Arbeitnehmer unwiderruflich unter Anrechnung etwaig noch bestehender Urlaubsansprüche sowie Gleitzeitguthaben sowie unter Fortzahlung der Bezüge unter Anrechnung anderweitigen Verdienstes bis zur Beendigung des Anstellungsverhältnisses freigestellt."
Am 09.06.2010 beantragten die Klägerin und ihr Ehemann Elterngeld für vierzehn Lebensmonate, und zwar der Ehemann für den ersten und fünften Lebensmonat, die Klägerin für den zweiten bis vierten und sechsten bis vierzehnten Lebensmonat des Kindes.
Durch Bescheid vom 24.06.2010 bewilligte die Beklagte dem Ehemann der Klägerin das Höchst-Elterngeld in Höhe von 1.800,00 EUR jeweils für den ersten und fünften Lebensmonat des Kindes.
Durch Bescheid vom 24.06.2010 bewilligte die Beklagte der Klägerin ebenfalls das Höchst-Elterngeld von monatlich 1.800,00 EUR unter Zugrundelegung eines durchschnittlichen Netto-Bemessungsentgelts von 2.949,81 EUR, jedoch nur für den achten bis vierzehnten Lebensmonat des Kindes. Für den zweiten bis vierten, sechsten und siebten Lebensmonat lehnte die Beklagte den Antrag auf Elterngeld ab mit der Begründung, die Klägerin habe in dieser Zeit "Erwerbseinkommen ohne Arbeitsleistung aus einer vollen Erwerbstätigkeit erhalten (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 BEEG)"; nur wenn alle Anspruchsvoraussetzungen in einem Lebensmonat durchgehend vorlägen, bestehe Anspruch auf Elterngeld.
Den dagegen am 12.07.2010 eingelegten Widerspruch wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 04.10.2010 zurück.
Dagegen hat die Klägerin am 04.11.2010 Klage erhoben. Sie ist der Auffassung, durch die unwiderrufliche Freistellung von der Arbeitsleistung durch § 5 des Aufhebungsvertrages für die Zeit vom 01.04. bis 31.12.2010 habe sie auch im zweiten bis vierten, sechsten und siebten Lebensmonat ihres Kindes die Elterngeldanspruchsvoraussetzungen nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes (BEEG) erfüllt, d. h. keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausgeübt. Für die Erfüllung dieses Tatbestandsmerkmals sei es irrelevant, ob und in welcher Höhe Einkommen erzielt werde; entscheidend sei, ob tatsächlich eine (Erwerbs-)Tätigkeit ausgeübt werde; dies sei bei ihr nicht der Fall gewesen. Ihre tatsächlich wöchentliche Arbeitszeit habe in den streitbefangenen Monaten null betragen. Im Übrigen sei ihr die Ausübung ihrer Tätigkeit in Aachen auch tatsächlich unmöglich gewesen, da die Niederlassung bis Ende März 2010 vollständig aufgelöst und auch der Mietvertrag über d...