Entscheidungsstichwort (Thema)

Kinderzuschlag: Aufhebung einer Gewährung von Kinderzuschlag wegen nachträglicher Änderung der Verhältnisse. Zulässigkeit einer Ableitung von Änderungen in den Verhältnissen bei Nichtvorlage von Unterlagen zur Einkommenssituation durch den Kinderzuschlagsbeziehers

 

Orientierungssatz

Die nachträgliche Aufhebung einer Gewährung von Kinderzuschlag wegen einer Änderung der Verhältnisse kommt nur dann in Betracht, wenn für die Behörde erkennbar eine Veränderung der Verhältnisse des Kinderzuschlagsbeziehers gegeben ist. Dafür reicht es nicht aus, dass der Kinderzuschlagsbeziehers trotz Aufforderung geeignete Unterlagen zum Einkommensnachweis nicht vorgelegt hat und damit eine Berechtigung zum Bezug der Leistung im Leistungszeitraum nicht geprüft werden kann. Denn insoweit folgt allein aus der Nichtvorlage noch nicht die Erkenntnis, dass die Leistungsvoraussetzungen tatsächlich nicht (mehr) gegeben sind. Dies gilt zumindest dann, wenn die Leistungen für einen bestimmten Leistungszeitraum endgültig und nicht nur unter Vorbehalt bewilligt wurden.

 

Tenor

Der Bescheid vom 09.05.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.11.2014 wird aufgehoben.

Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin dem Grunde nach.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Aufhebung und Rückforderung bewilligter Leistungen für den Zeitraum von April 2011 bis Februar 2012 in Höhe von 3.080,00 EUR streitig.

Die am 00.00.0000 geborene Klägerin stellte am 11.10.2010 erstmalig einen Antrag auf Bewilligung von Kinderzuschlag. In diesem Antrag waren von der Beklagten der Name und das Geburtsdatum der Klägerin vorausgefüllt. Die Klägerin trug dann handschriftlich die Wohnadresse, den Familienstand, eine Bankverbindung, den Namen des Ehegatten sowie die Geburtsdaten, das Verwandtschaftsverhältnis, die Staatsangehörigkeit und den Familienstand ihrer beiden Kinder O. K. (geboren am 00.00.0000) und F. O. (geboren am 00.00.0000) ein. Die Kontonummer lautete 0000000000 bei der T. B., BLZ 00000000. Die Klägerin und ihre Familie lebte da-mals in der N.-straße 00 in Eschweiler.

Mit Bescheid vom 20.10.2010 bewilligte die Beklagte der Klägerin Kinderzuschlag in Höhe von monatlich 240,00 EUR für den Zeitraum Oktober 2010 bis März 2011.

Im Mai 2011 stellte die Klägerin einen weiteren Antrag auf Bewilligung von Kinderzuschlag. Die Klägerin und ihre Familie zogen zum 01.05.2011 um, so dass sich die Miete drastisch reduzierte. Unter Berücksichtigung des Einkommens des Ehemanns bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 13.05.2011 Kinderzuschlag in Höhe von 280,00 EUR monatlich für die Zeit von April 2011 bis März 2012.

Ab dem 13.02.2012 war der Ehemann der Klägerin arbeitssuchend gemeldet.

Mit Schreiben vom 12.04.2012 forderte die Beklagte einen Fragebogen zur Prüfung des Anspruchs, Lohnabrechnungen ab April 2011 bis laufend, Nachweise über den eventuellen Bezug von ALG I, ALG II oder Krankengeld des Ehemanns sowie eine Erklärung zu den Kosten der Unterkunft mit allen Nachweisen für 2012 an.

Ab März 2012 bezog die Klägerin Leistungen nach dem SGB II.

Mit Bescheid vom 09.05.2012 hob der Beklagte die Bewilligung von Leistungen für die Zeit von April 2011 bis Februar 2012 gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X in vollem Umfang auf und forderte 3.080,00 EUR von ihr zurück.

Die Einlegung eines Rechtsbehelfs durch die Klägerin erfolgte zunächst nicht.

In dem durch die Agentur für Arbeit S. anschließend betriebenen Mahnverfahren bestellte sich der Prozessbevollmächtigte der Klägerin und trug vor, der Klägerin sei ein Aufhebungs- und Erstattungsbescheid niemals zugegangen. Sie habe im Übrigen auch zu keiner Zeit Anspruch auf Kinderzuschlag gehabt, sondern sich seit der Geburt beider Kinder ununterbrochen im Leistungsbezug nach dem SGB II befunden. Mit Schreiben vom 14.05.2014 forderte die Beklagte die Vorlage der Vollmacht des Prozessbevollmächtigten an, die dieser am 20.05.2014 an die per Telefax an die Nummer der Agentur für Arbeit S. übermittelte.

Mit Schreiben vom 08.09.2014 übermittelte die Beklagte den Bescheid vom 09.05.2012 erneut an die Klägerin. Am 21.09.2014 erklärte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin, diese lege "Einspruch" gegen den Bescheid vom 09.05.2012 ein. Die Klägerin habe zu keinen Zeitpunkt einen Antrag auf "Kindergeldzuschlag" gestellt und auch keine entsprechenden Leistungen erhalten. Darüber hinaus erhalte die Klägerin seit der Geburt ihrer Kinder Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II und erfülle daher gar nicht die Anspruchsvoraussetzungen für "Kindergeldzuschlag". Die Beklagte habe - entgegen einer entsprechenden Aufforderung der Klägerin - auch den Zufluss der Leistungen nicht nachgewiesen. Ergänzend erklärte er, die Klägerin habe auch das Schreiben vom 12.04.2012 nicht erhalten.

Mit Widerspruchsbescheid vom 19.11.2014 wies die Beklagte den Widerspruch - als solchen hatte sie den "Einspruch" des Prozessbevollmächtigten zutreffend ausgelegt - als unbegründet zurück.

Am 19...

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