Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragspsychotherapeutische Versorgung. Ermächtigungstatbestand des § 31 Abs 1 S 2 Ärzte-ZV. psychotherapeutische Behandlung von Geflüchteten

 

Leitsatz (amtlich)

Der Ermächtigungstatbestand des § 31 Abs 1 S 2 Ärzte-ZV gilt unabhängig davon, ob vor Ablauf der 15 beziehungsweise 18 Monate Daueraufenthalt und Übergang in des GKV System eine psychotherapeutische oder psychiatrische Behandlung begonnen wurde.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 04.11.2021; Aktenzeichen B 6 KA 16/20 R)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 2 bis 6, die diese selbst tragen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit einer an die Beigeladene zu 1) erteilten Ermächtigung zur Teilnahme an der vertragspsychotherapeutischen Versorgung von Geflüchteten.

Die Beigeladene zu 1) ist seit dem 4. Mai 2017 als Psychologische Psychotherapeutin approbiert mit dem Nachweis der Weiterbildung Verhaltenstherapie Behandlung von Erwachsenen. Seit dem 9. Juni 2017 ist sie in das Arztregister eingetragen.

Am 30. Mai 2017 beantragte sie die Ermächtigung zur Teilnahme an der vertragspsychotherapeutischen Versorgung von Geflüchteten nach § 95 Abs. 4 SGB V, § 31 Abs. 1 S. 2 Ärzte-ZV. Sie begründete diesen Antrag damit, dass sie muttersprachlich Persisch und Farsi spreche und daher viele Geflüchtete ohne Dolmetscher behandeln könne.

Mit Beschluss vom 31. Oktober 2017 lehnte der Zulassungsausschuss den Antrag ab und begründete dies im Wesentlichen damit, dass die Beigeladene zu 1) nicht nachgewiesen habe, dass sie bereits Geflüchtete im Rahmen des Kostenerstattungsverfahrens behandelt habe, deren Behandlung nun nach Ablauf von 15 Monaten dauerhaften Aufenthalts fortgeführt werden solle.

Aufgrund des eingelegten Widerspruchs der Beigeladenen zu 1) erteilte der Beklagte die Ermächtigung zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung von Geflüchteten für den Zeitraum 1 Juli 2018 bis 30. Juni 2020 im Umfang der Auskunft der Abteilung Qualitätssicherung der KV Berlin vom 29. August 2017. Insoweit wird auf die Anlage zum Beschluss verwiesen.

Gegen diesen Beschluss hat die Klägerin am 7. August 2018 Klage erhoben.

Am 24. Oktober 2018 hat der Beklagte für den Beschluss vom 20. Juni 2018 die vorläufige Vollziehbarkeit angeordnet.

Am 2. Juli 2020 hat der Zulassungsausschuss erneut über die Ermächtigung der Beigeladenen zu 1) entschieden. Der Beschluss liegt noch nicht vor.

Die Klägerin trägt vor, dass die Rechtsgrundlage für die Erteilung der Ermächtigung zur Behandlung Geflüchteter nach § 31 Abs. 1 S. 2 Ärzte-ZV begrenzt sei, auf die Fälle, in denen nachgewiesen würde, dass die Behandlung der Geflüchteten bereits vor Ablauf der 15 Monate begonnen und fortgeführt werde. Der Wortlaut der Vorschrift gehe über den Sinn und Zweck hinaus, der sich aus der Gesetzesbegründung (BR-Drs 447/15) ergebe. Sinn und Zweck der Einführung der Ermächtigungsgrundlage sei allein die Vermeidung drohender Versorgungsbrüche gewesen, jedoch nicht ein privilegierter Zugang zur psychiatrischen und psychotherapeutischen Versorgung bei Übernahme in das System der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Die Norm sei daher teleologisch zu reduzieren. Die Ermächtigung komme nur zum Tragen, wenn bereits vor dem Übergang in das GKV System nach § 264 Abs. 2SGB V nach 15 Monaten Aufenthalt eine Behandlung stattgefunden habe.

Nachdem die Klägerin zunächst beantragt hat, den Beschluss des Beklagten vom 20. Juni 2018 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, über die Ermächtigung der Frau T. zur vertragspsychologischen Versorgung von Geflüchteten gemäß § 31 Abs. 1 S. 2 Ärzte-Zv i.V.m. § 2 Asylbewerberleistungsgesetz, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts, erneut zu entscheiden,

beantragt sie nunmehr,

festzustellen, dass der Beschluss des Berufungsausschusses vom 20. Juni 2018 rechtswidrig war.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte trägt vor, dass der die Voraussetzungen des § 31 Abs. 1 S. 2 Ärzte ZV gegeben seien. Ein Ausschlussgrund könne nicht aus der Gesetzesbegründung hergeleitet werden, da sich dafür im Wortlaut kein Anhaltspunkt finde. Der Wille des Gesetzgebers sei nur dann für die Auslegung von Bedeutung, wenn der Wortlaut nicht eindeutig sei. Dies sei aber nicht der Fall.

Die Beigeladenen zu 1) beantragt schriftlich,

de Klage abzuweisen.

Die Beigeladene zu 1) trägt vor, dass die Ermächtigung auch unter Beachtung der Gesetzesbegründung zu erteilen sei. Eine Beschränkung auf konkrete Behandlungsfälle, in denen ein Versorgungsbruch erst entstehen könne, sei im Tatbestand der Vorschrift nicht geregelt. Es ginge nicht um die Fortführung von Behandlungen, die bereits 15 Monate andauerten, sondern um die Behandlung von Geflüchteten, die begonnen worden sei, ohne dass diese im GKV System gewesen seien. Die Auslegung der Klägerin erfordere eine Entscheidung in jedem Einzelfall.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Gericht...

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