Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld II. Minderung der Unterkunftskosten. Anrechnung einer Betriebskostenerstattung. Zeitpunkt des Zuflusses

 

Orientierungssatz

§ 22 Abs 1 S 4 SGB 2 schließt einen Rückgriff auf § 48 Abs 1 SGB 10 insoweit aus, als nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut eine Verrechnung der Rückzahlung oder Gutschrift mit den Kosten der Unterkunft erst ab dem Folgemonat ihres Zuflusses vorgesehen ist, eine Verrechnung im Zuflussmonat ist nicht zulässig.

 

Tenor

Der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 29. März 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07. Juni 2007 wird aufgehoben.

Der Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu erstatten.

Die Berufung wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Aufhebung und Erstattung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts aufgrund der Anrechung eines Heiz- und Betriebskostenguthabens.

Der Kläger steht beim Beklagten seit Februar 2006 im Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Bis zum Juli 2006 bewohnte er seine Wohnung gemeinsam mit seiner Ehefrau, die eine Erwerbsunfähigkeitsrente bezog, und seinem Stiefsohn, der ebenfalls SGB II-Leistungen vom Beklagten erhielt. Nach Auszug des Stiefsohns wurde die Wohnung, in der eine zentrale Warmwasserbereitung erfolgt, durch die Eheleute ab August 2006 allein bewohnt.

Mit dem Bewilligungsbescheid vom 29. Juni 2006 gewährte der Beklagte dem Kläger Arbeitslosengeld II (Alg II) für die Zeit 01.08.2006 bis 31.01.2007 in Höhe von 545,19 € monatlich, wobei er als Regelleistung 311 € und als Kosten für Unterkunft und Heizung (KdU) den Betrag von 234,19 € zugrunde legte.

Durch Schreiben vom 24. November 2006 rechnete die Vermieterin gegenüber dem Kläger und seiner Ehefrau über die Betriebskosten für das Jahr 2005 ab. Die Abrechnung ergab ein Guthaben in Höhe von insgesamt 200,85 €, welches sich aus einem Überschuss für kalte Betriebskosten von 120,69 € und für Heizung/Warmwasser von 80,16 € zusammensetzte. Die Vermieterin teilte den Eheleuten zugleich mit, dass aufgrund der Abrechnung ihnen 200,85 € erstattet würden, sodass die am 01.01.2007 fällige Miete sich abweichend von 469,58 € auf 268,73 € mindere.

Mit seinem Schreiben vom 29. Januar 2007 übersandte der Kläger dem Beklagten nach Aufforderung eine Ablichtung der Betriebskostenabrechnung für 2005. Daraufhin hörte der Beklagte ihn mit Schreiben vom 05. März 2007 zu einer Überzahlung in Höhe von 100,42 € im Januar 2007 aufgrund des anteiligen Guthabens aus der Betriebskostenabrechnung an. Durch den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 29. März 2007 hob der Beklagte die Entscheidung über die Bewilligung von Arbeitslosengeld II (Alg II) für Januar 2007 teilweise auf und forderte den Kläger zur Erstattung von 100,42 € auf. Als Grund nannte er die Anrechnung des anteiligen Guthabens aus der Betriebskostenabrechnung und stützte die Entscheidung u. a. auf § 48 Abs. 1 S. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Zugleich verfasste der Beklagte am 29. März 2007 ein ebenfalls als “Aufhebungs- und Erstattungsbescheid„ bezeichnetes Schreiben und setze sich darin ausführlich mit den vom Kläger im Rahmen der Anhörung geltend gemachten Einwendungen auseinander. Das Schreiben endete mit einer Rechtsbehelfsbelehrung.

Den Widerspruch des Klägers gegen den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 07. Juni 2007 als unbegründet zurück. Zur Begründung gab er an, die Kosten für Unterkunft und Heizung (KdU) im Januar 2007 hätten sich aufgrund des Betriebskostenguthabens für den Kläger auf 128,50 € reduziert. Mit dem Bewilligungsbescheid vom 29.06.2006 seien ihm 234,19 € als KdU gewährt und somit sei eine Überzahlung eingetreten, da die Veränderungen der Mietzahlung im Januar 2007 nicht habe berücksichtigt werden können. Dabei habe der Kläger ohne weiteres erkennen können, dass er im Falle der Verminderung der Mietzahlungen nicht in gleich bleibender Höhe Leistungen für KdU beziehen könne. Daher sei die Leistungsbewilligung für die Vergangenheit aufzuheben.

Der Kläger hat am 09. Juli 2007 Klage erhoben und wendet sich gegen die Aufhebungs- und Erstattungsentscheidung. Zur Klagebegründung trägt er im Wesentlichen vor:

Das Betriebskostenguthaben aus dem Jahr 2005 dürfe bei ihm nicht angerechnet werden, da er im Jahr 2005 keine SGB II-Leistungen bezogen und die Vorauszahlungen gänzlich aus eigenen Mitteln geleistet habe. Allein sein Stiefsohn, der nicht mehr Mitglied der Bedarfsgemeinschaft sei, habe im Jahr 2005 Leistungen vom Beklagten erhalten.

Der Kläger beantragt,

den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 29. März 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07. Juni 2007 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er verweist auf die Ausführungen im angegriffenen Widerspruchsbescheid.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Kammer b...

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