Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Mitgliederwerbung von Krankenkassen. Rabattgutscheine für Einrichtungshäuser oder Freizeitaktivitäten. Unterlassen von Rabattwerbung ohne Gesundheitsbezug. Gewährung von Rabatt und Sonderkonditionen bei Dritten ohne Gesundheitsbezug. unzulässige Werbemaßnahme. Wettbewerbswidrigkeit
Orientierungssatz
Die Gewährung von Rabatten oder Sonderkonditionen bei Dritten ohne Gesundheitsbezug ist im Verhältnis der gesetzlichen Krankenkassen untereinander wettbewerbswidrig.
Tenor
Die Klage des Klägers zu 1.) wird als unzulässig abgewiesen.
Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festgesetzten Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 € zu unterlassen im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken damit zu werben, dass Versicherte der Beklagten bei Dritten Rabatte oder Sonderkonditionen für Produkte und Dienstleistungen erhalten, soweit es sich nicht um Produkte und Dienstleistungen handelt, die einen Gesundheitsbezug aufweisen.
Die Kosten des Verfahren trägt die Beklagte zu 6/7, der Kläger zu 1.) zu 1/7, mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen, die diese selbst zu tragen haben.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Die Kläger begehren von der Beklagten das Unterlassen von Mitgliederwerbung ohne Gesundheitsbezug.
Der Kläger zu 1) hat als Verband der Ersatzkassen in der Rechtsform eines eingetragenen Vereins die satzungsmäßige Aufgabe, die Mitgliedskassen zu beraten und zu betreuen, ihre gemeinsamen Interessen zu vertreten sowie gerichtlich und außergerichtlich ihre sowie eigene wettbewerbsrechtlicher Ansprüche zu verfolgen. Er hat seinen Sitz in Berlin. Bei den Klägern zu 2) bis 7) handelt es sich um die sechs Mitgliedskassen des Verbandes. Die Klägerin zu 2) hat ihren Sitz in Berlin, die übrigen Kläger zu 3) bis 7) in Bremen, Hannover und Hamburg. Bei der Beklagten handelt es sich um eine allgemeine Ortskrankenkasse.
Die Beklagte wirbt auf ihrem Internet-Portal mit der Kooperation mit Dritten, sogenannten Vorteilspartnern. Es heißt dort:
"Es gibt Dinge, die gehören zusammen.
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Die Nutzer der Internetseite können dann eine Vorteilspartner-Kategorie (Gesundheit und Wellness, Fitnessstudios, Shopping, Freizeit und Spaß, Sport und Bewegung, weitere Partner) auswählen. Zudem können sie die Postleitzahl und den gewünschten Umkreis oder die gewünschte Region angeben. Im nächsten Schritt kann der jeweilige Vorteilspartner und der gewährte Vorteil angesehen werden. Die Versicherten der Beklagten werden bei diesen Kooperationspartnern Rabatte eingeräumt oder sonstige Vorteile gewährt, so zum Beispiel bis zu 10 Prozent Rabatt auch bei Einkaufs- und Möbelhäusern, Modeläden, Handwerkern, einer Sommerrodelbahn, einer Bergbahn, bei Friseuren, Autowerkstätten etc..
Die Kläger sind der Ansicht, die Mitgliederwerbung ohne Gesundheitsbezug sei wettbewerbswidrig. Sie stützen sich dabei auf die Rechtsauffassung der Aufsichtsbehörden. Während die Aufsichtsbehörden der Sozialversicherungsträger sich im Mai 2009 nicht auf die Zulässigkeit der Rabattwerbung verständigen konnten, hat die Beigeladene zu 2) als Aufsichtsbehörde der Kläger mit Rundschreiben vom 31. Juli 2009 die Krankenkassen aufgefordert, jegliche Rabattwerbung einzustellen, auch solche mit Gesundheitsbezug. Dem entgegen beschlossen die Aufsichtsbehörden der Länder, deren Aufsicht die Beklagte unterliegt, im November 2009 Rabattwerbung mit Gesundheitsbezug nicht zu beanstanden und es den Krankenkassen (lediglich) nicht zu gestatten, mit privatwirtschaftlichen Unternehmen Kooperationsverträge zu schließen, in mit denen Versicherten "kassenfremde Rabatte" gewährt werden. Auf dieses Vorgehen einigten sich schließlich die Aufsichtsbehörden aller Sozialversicherungsträger im Mai 2011 zur Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen, ohne jedoch eine rechtliche Begründung der Wettbewerbswidrigkeit zu veröffentlichen.
Der Kläger zu 1) mahnte die Beklagte mit Schreiben vom 9. Mai 2011 ab und forderte sie zur Abgabe einer Unterlassungserklärung auf. Die Beklagte lehnte dies mit Schreiben vom 30. Mai 2011 ab und verwies darauf, dass der Internetauftritt seit April 2011 modifiziert worden sei.
Mit der am 9. Juni 2011 beim Sozialgericht Berlin erhobenen Klage verfolgt der Kläger zu 1) das Unterlassungsbegehren weiter. Er rügt, dass die Änderung der Internetseite der Beklagten lediglich die Startseite der Vorteilsangebote betreffe, da dort in der Überschrift auf Angebote mit Gesundheitsbezug verwiesen werde. Jedoch sei eine Vielzahl von Angeboten ohne Gesundheitsbezug weiterhin vorhanden. Er ist der Ansicht, dass die Beklagte gegen die Pflichten der Sozialversicherungsträger zur Zusammenarbeit ve...