Tenor

I. Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, der Antragstellerin vorläufig Leistungen der Eingliederungshilfe durch Kostenübernahme für den Besuch der heilpädagogischen Tagesstätte der L. im X. unter Zugrundelegung der Hilfebedarfsgruppe 1 bis zum 04.03.2023 zu erbringen.

II. Der Antragsgegner trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin.

 

Tatbestand

Der am 29.06.1967 geborene Kläger ist Dipl. Ing. (FH) Maschinenbau und bezog von der Beklagten vom 01.06.2021 bis 31.08.2021 Arbeitslosengeld I (ALG I); er wehrt sich gegen dessen teilweise Rückforderung durch die Beklagte.

Der Kläger war zuletzt vom 01.07.2020 bis 31.05.2021 bei der P. GmbH und davor vom 06.01.2020 bis 13.04.2020 bei der A. AG jeweils als Konstrukteur beschäftigt.

Auf den Online-Antrag vom 18.05.2021 des seinerzeit noch unter Anschrift S. Str. …, H. wohnhaften Klägers hin bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 01.07.2021 ALG I gemäß § 136 Drittes Buch des Sozialgesetzbuches (SGB III) ab dem 01.06.2021 bis zum 30.11.2021 für 180 Kalendertage mit einem täglichen Leistungsbetrag von 55,12 €.

Am 16.07.2021 verzog der Kläger von der S. Str. … in H. in die H.-Str. … in … B.; eine Umzugsmitteilung an die Beklagte erfolgte zunächst nicht, weil nach Bekunden des Klägers im Rahmen der mündlichen Verhandlung er sich einer Notwendigkeit zu dieser Mitteilung zu diesem Zeitpunkt nicht bewusst gewesen war. Der Kläger hatte zu diesem Zeitpunkt sowohl den eService der Beklagten aktiviert als auch von dort eine E-Mailweiterleitung eingerichtet. Des Weiteren erfolgte die Beauftragung eines Nachsendeauftrages bei der Deutschen Post.

Am 24.08.2021 zeigte der Kläger der Beklagten online an, dass er ab dem 01.09.2021 eine die vorherige Beschäftigungslosigkeit beendende Arbeit als „Leiter Konstruktion“ bei der D. GmbH aufnehmen werde. Daraufhin kontaktierte eine Mitarbeiterin der Beklagten (N. E.) den Kläger am 26.08.2021 telefonisch, um zu klären, ob ein für den 3.9.2021 vorgesehener Termin mit der Arbeitsvermittlung noch erforderlich sei. Dem Telefonvermerk ist zu entnehmen, dass dies verneint wurde und der Kläger wohl zudem seinen nach Berlin erfolgten Umzug mitgeteilt hat.

Mit Datum vom 03.09.2021 erließ die Beklagte einen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid für den Zeitraum vom 16.07.2021 bis zum 25.08.2021. Der Kläger habe ALG I iHv 2.204,80 € zu erstatten, da er im vorgenannten Zeitraum nicht verfügbar, weil postalisch an der mitgeteilten Anschrift nicht erreichbar, gewesen sei.

Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 05.10.2021 zurück. Der Widerspruch sei unbegründet, da § 137 Abs. 1 SGB III bestimme, dass Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit (nur) habe, wer u.a. arbeitslos sei, wozu gemäß § 138 Abs. 1 Nr. 3 SGB III gehöre, dass der Arbeitnehmer den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung stehe, also u.a. Vorschlägen der Agentur für Arbeit zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge leisten könne ( § 138 Abs. 5 Nr. 2 SGB III ). Näheres zu den Pflichten im Sinne des § 138 Abs. 5 Nr. 2 SGB III bestimme die "ErreichbarkeitsAnordnung" (EAO).

Nach § 1 EAO könne ein Arbeitsloser Vorschlägen der Agentur für Arbeit zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah im Ergebnis grundsätzlich nur dann Folge leisten, wenn er sicherstelle, dass die Agentur für Arbeit ihn persönlich an jedem Werktag an seinem Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt unter der von ihm benannten Anschrift (Wohnung) durch Briefpost erreichen könne. Wohn- und Postanschrift müssten identisch sein. Eine Postnachsendung auf sonstige Weise (z.B. Postnachsendeauftrag, Postübermittlung durch Familienangehörige oder andere Personen) oder eine Erreichbarkeit per eService oder Mail genügten nicht.

Der Kläger habe seinen Umzug vom 16.07.2021 in die H.-Str. … in … B. erst am 26.08.2021 mitgeteilt, weswegen er den Vermittlungsbemühungen der Beklagten vom 16.07.2021 bis 25.08.2021 nicht zur Verfügung gestanden habe. Der Kläger sei somit in diesem Zeitraum auch nicht arbeitslos im Sinne des § 138 Abs. 1 SGB III gewesen und habe folglich keinen Anspruch auf ALG I gehabt. Deshalb sei der Bewilligungsbescheid vom 01.07.2021 gemäß § 48 SGB Zehntes Buch des Sozialgesetzbuches (SGB X) in Verbindung mit § 330 Abs. 3 S. 1 SGB III zwingend ab der Veränderung der Verhältnisse aufzuheben und die für den Zeitraum ohne Anspruch gewährten Leistungen nach § 50 Abs. 1 SGB X zurückzufordern gewesen.

Mit der am 4.11.2021 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Er ist der Auffassung, er habe zu keinem Zeitpunkt seine Verpflichtung zur Erreichbarkeit im Sinne des § 138 Abs. 5 Nr. 2 SGB III verletzt, da er Mitteilungen der Beklagten aufgrund eingerichteten Nachsendeauftrags bei der Deutschen Post sowie der Anmeldung beim eService mit eingerichteter E-Mail-Weiterleitung jederzeit habe zur Kenntnis nehmen können. Seine Erreichbarkeit zur Arbeitsvermittlung sei stets sichergestellt gewesen. E...

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