Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Sozialversicherungspflicht einer Honorarkraft im Bereich der mobilen Öffentlichkeitsarbeit des Deutschen Bundestages. Unerheblichkeit der Festlegung von Eckpunkten eines Einzelauftrages. erheblicher Handlungsspielraum. Unerheblichkeit von Vorgaben bzgl Vortragstätigkeit, sofern erhebliche methodische und inhaltliche Freiheiten bestehen. Unternehmerrisiko auch bei Ungewissheit hinsichtlich der Verwertung von angebotener Arbeitskraft
Orientierungssatz
1. Aus der Festlegung von Eckpunkten eines Einzelauftrages allein kann nicht auf eine Weisungsgebundenheit geschlossen werden, solange innerhalb der Vorgaben ein erheblicher Handlungsspielraum verbleibt (vgl BSG vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R = USK 2008-45).
2. Aus der Vorgabe, bei der Betreuung von Besuchergruppen Ausführungen auf sachliche Information ohne eigene Stellungnahme zu beschränken, folgt keine Weisungsgebundenheit, sofern erhebliche methodische und inhaltliche Freiheiten bestehen und für die Ausübung der Tätigkeit rhetorische und intellektuelle Fähigkeiten, Flexibilität und ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Faktenübermittlung und auflockernden Elementen erforderlich sind.
3. Ein Unternehmerrisiko liegt nicht nur dann vor, wenn der Erfolg eines Kapitaleinsatzes ungewiss ist bzw die Chance zur Akkumulation des eingesetzten Kapitals besteht. Es kann vielmehr auch dann vorhanden sein, wenn - wie hier - die eigene Arbeitskraft mit der Gefahr, nicht berücksichtigt zu werden, zur Verfügung gestellt wird (vgl BSG vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R = USK 2011-125).
Tenor
Der Bescheid der Beklagten vom 10. Februar 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. August 2010 wird aufgehoben.
Es wird festgestellt, dass der Beigeladene zu 1) im Rahmen seiner Tätigkeit für die Klägerin im Zeitraum vom 11. Dezember 2000 bis zum 17. Oktober 2009 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Renten- und Krankenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.
Die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Klägerin trägt die Beklagte. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beigeladene zu 1) im Rahmen seiner Tätigkeit für den Deutschen Bundestag im Zeitraum vom 11. Dezember 2000 bis zum 17. Oktober 2009 der Versicherungspflicht in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung unterlag.
Der Beigeladene zu 1) war vom 1. Februar 1999 bis zum 31. Dezember 2001 im Umfang von 20 Wochenstunden bei einem Bundestagsabgeordneten als Wahlkreisreferent tätig. Ab 20. Juli 2000 wurde der Beigeladene zu 1) neben dieser Tätigkeit auch für das Referat Öffentlichkeitsarbeit (IO 2) der Klägerin tätig. Am 11. Dezember 2000 schlossen die Klägerin (Auftraggeberin ≪AG≫) und der Beigeladene zu 1) (Auftragnehmer ≪AN≫) einen Rahmenvertrag (RV). Nach den Bestimmungen dieses Vertrages sollte der Beigeladene zu 1) als freier Mitarbeiter die selbständige Betreuung von Veranstaltungen im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit des Deutschen Bundestages, wie z.B. Wanderausstellungen, Messen, Bundestags-Mobil sowie Sonderveranstaltungen übernehmen.
Der Vertrag enthielt u.a. folgende Bestimmungen:
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(2) Der AN verpflichtet sich, eigenverantwortlich die notwendigen Arbeiten vor Ort abzuwickeln und dabei insbesondere folgende Aufgaben im Interesse des Deutschen Bundestages wahrzunehmen:
- Unterrichtung der Presse, Informationsgespräche mit Einzelbesuchern, mit Vertretern von Wahlkreisbüros, Schulen und den gastgebenden Institutionen, (…)
- Führung von Schulklassen und Gruppen während der Veranstaltungen, ggf. in Absprache mit den betreffenden Abgeordneten
- Leitung von Diskussionsrunden während der Veranstaltungen.
Der AN nimmt diese Aufgaben in fachlicher Selbstständigkeit ohne Bindung an Weisungen der AG wahr.
Er beschränkt seine Ausführungen auf sachliche Informationen ohne eigene Stellungnahme. Bei Fragen allgemeiner Art und aktuellen Fragen von Journalisten zu parlamentarischen Themen und ähnlichem, ist grundsätzlich auf das Referat PZ 1 [Pressezentrum] zu verweisen.
(3) Zur Erzielung eines optimalen Ergebnisses im Sinne der Aufgabenstellung hat der AN in freier Disposition an Ort und Stelle die notwendigen Prioritäten festzulegen und Entscheidungen zu treffen, die diesem Ziel dienlich sind. Ergeben sich Änderungen, die die organisatorische Abwicklung der Veranstaltung betreffen oder Kosten verursachen können, sind diese vorab mit der AG abzustimmen. Der AN kann Zeit und Ort seiner Tätigkeit frei bestimmen, soweit die Natur des Auftrages dies zulässt. An Weisungen ist er nicht gebunden.
(4) Der AN hat in seinem Auftreten und seinem äußeren Erscheinungsbild dem Ansehen des Deutschen Bundestages in der Öffentlichkeit als Verfassungsorgan der Bundesrepublik Deutschland Rechnung zu tragen.
§ 2
(1) Die AG erteilt dem AN für jede Veranstaltung einen Einzelauftrag. Der AN wird unverzüglich erklären, ob er den Auftrag annimmt.
(2) Ist ...