Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Überprüfungsantrag. Rücknahme rechtswidriger nicht begünstigender Aufhebungs- und Erstattungsbescheide. keine Rückzahlung des Erstattungsbetrages durch den Grundsicherungsträger. Begleichung der Erstattungsforderung durch den Arbeitsuchenden außerhalb der Frist gem § 40 Abs 1 S 2 SGB 2 iVm § 44 Abs 4 SGB 10
Orientierungssatz
1. Einem Leistungsberechtigten nach SGB 2 steht nach Rücknahme rechtswidriger nicht begünstigender Aufhebungs- und Erstattungsbescheide im Zugunstenverfahren kein Anspruch gegen den Grundsicherungsträger auf Rückzahlung des Erstattungsbetrages zu, wenn er außerhalb der Frist des § 44 Abs 4 SGB 10 Leistungen zu Unrecht an diesen erstattet hat.
2. Es ist anerkannt, dass die Frist des § 44 Abs 4 SGB 10 auch für einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch entsprechend gilt.
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten der Klägerin sind nicht zu erstatten.
3. Die Sprungrevision zum Bundesozialgericht wird zugelassen
Tatbestand
Die Klägerin begehrt von dem Beklagten die Rückzahlung eines Erstattungsbetrages, nachdem der Beklagte einen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid in einem Überprüfungsverfahren aufgehoben hat.
Die 1975 geborene Klägerin, ihr damaliger Lebensgefährte T... H... geboren ...1976, sowie ihre beiden minderjährigen Kinder, die ...2008 geborene L... G... und der ... 2001 geborene K... G..., bildeten eine Bedarfsgemeinschaft im Sinne des § 7 Abs. 3 des zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) und bezogen von dem Beklagten Grundsicherungsleistungen.
Mit dem Bewilligungsbescheid vom 24.04.2008 wurden der Klägerin und den übrigen Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft monatliche Grundsicherungsleistungen für den Leistungszeitraum vom 01.06.2008 bis 30.11.2008 in Höhe von 417,88 € vorläufig bewilligt.
Mit den Änderungsbescheiden vom 23.06.2008, 07.07.2008, 18.07.2008 und 19.09.2008 wurden ihnen zuletzt monatlich für diesen Leistungszeitraum insgesamt 480,29 € Leistungen bewilligt.
Mit dem Aufhebungs- und Erstattungsbescheid des Beklagten vom 23.10.2008 wurden die Leistungsbewilligung für die Klägerin für den Monat Oktober 2008 in Höhe von 16,38 € Regelleistung und 3,77 € Kosten der Unterkunft aufgehoben und der Gesamtbetrag von 19,75 € erstattet verlangt. Der Lebensgefährte der Klägerin hat nach einer Mahnung des Erstattungsbetrages durch das Hauptzollamt den Betrag in Höhe von 19,75 € an den Beklagten jedenfalls vor dem 05.08.2009 vollständig erstattet.
Der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid wurde nicht durch die Klägerin mit dem Rechtsbehelf des Widerspruches angefochten und wurde bestandskräftig.
Unter dem 17.10.2011 hat die Klägerin mit Schreiben ihres Bevollmächtigten die Überprüfung des Aufhebungs- und Erstattungsbescheids beantragt. Mit dem Überprüfungsbescheid vom 13.12.2011 hob der Beklagte den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid auf. Eine Rückzahlung des erstatteten Betrages durch den Beklagten erfolgte nicht.
Unter dem 29.01.2012 - Eingang bei dem Sozialgericht Cottbus am 31.01.2012 - erhob die Klägerin Klage auf Rückzahlung des Erstattungsbetrages, nachdem der dieser Zahlung zugrundeliegende Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 23.10.2008 mit dem Überprüfungsbescheid vom 13.12.2011 aufgehoben worden ist.
Sie ist der Ansicht,
der Anspruch ergebe sich aus einem öffentlich-rechtlichen Bereicherungsanspruch sowie ggf. auch aus dem sozialrechtlichem Herstellungsanspruch.
Sie beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an sie 19,75 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er ist der Auffassung, dass einem Zahlungsbegehren § 44 Abs. 4 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) entgegenstehe; der Anspruch sei verfristet.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die zu der Gerichtsakte gereichten Schriftsätze und Unterlagen verwiesen. Die Verwaltungsakten des Beklagten Band I bis Band VI lagen vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidungsfindung.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist als sogenannte echte Leistungsklage gemäß § 54 Absatz 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) vorliegend zulässig. Das Begehren der Klägerin ist alleine auf Zahlung eines Betrages gerichtet und setzt einen Verwaltungsakt nicht voraus. Sie geht nur auf Leistung und ist nicht mit einer Anfechtungsklage verbunden. Deswegen ist auch ein förmliches Verwaltungs- und Vorverfahren entbehrlich und die Klage nicht an eine Frist gebunden (vgl. Meyer-Ladewig/Keller, SGG, 10. Aufl, § 54 Rz. 41). Eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage kommt vorliegend nicht in Betracht, denn einen die Rückzahlung des Erstattungsbetrages ablehnenden Bescheid hat der Beklagte nicht erlassen. Gegen den Überprüfungsbescheid vom 13.12.2011 hat die Klägerin zutreffend nicht den Rechtsbehelf des Widerspruchs eingelegt, denn dieser ist ihr gegenüber begünstigen...