Entscheidungsstichwort (Thema)
Anerkennung eines Unfallereignisses als Arbeitsunfall trotz mangelhafter Feststellung eines genauen Unfallhergangs
Orientierungssatz
1. Steht mit ausreichender Gewissheit fest, dass nicht innere Ursachen, z. B. Hirnblutungen, für einen Sturz des Versicherten auf dem Weg zum Arbeitsplatz verantwortlich waren, so ist das Unfallereignis als Arbeitsunfall nach § 8 Abs. 1 SGB 7 anzuerkennen.
2. Die mangelnde Feststellung eines genauen Unfallhergangs steht der Annahme eines Arbeitsunfalls dann nicht entgegen, wenn die überwiegenden Umstände auf einen Arbeitsunfall hinweisen und andere Ursachen eines Schadens mit Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden können (BSG Urteil vom 17. 2. 2009, B 2 U 18/07 R).
3. Sind Anhaltspunkte für eine eigenwirtschaftliche Betätigung des Versicherten nicht ersichtlich, so ist Versicherungsschutz für das Unfallereignis zu bejahen.
Tenor
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 28.04.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.02.2017 verurteilt, das Ereignis vom 23.01.2016 als Arbeitsunfall anzuerkennen. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers.
Tatbestand
Der Kläger streitet um die Anerkennung eines Arbeitsunfalles.
Der am 00.00.1955 geborene Kläger ist seit Januar 2008 als Bademeister im Unternehmen W U in C T beschäftigt.
Nach der Unfallanzeige des Unternehmens wurde der Kläger am 23.01.2016 morgens um 06.20 Uhr im Sanitätsraum der U schwitzend, im Weiteren verwirrt angetroffen, musste sich dann übergeben und wurde bewusstlos; festgestellt wurden von der Arbeitskollegin dunkle Ränder um die Augen. Der Rettungstransportwagen wurde gerufen und der Kläger sodann in das Ev. Krankenhaus in C1 verbracht; hier wurde gegen 09.00 Uhr, sodann zur Kontrolle nachmittags gegen 15.00 Uhr eine CT-Traumaspirale nebst CCT durchgeführt; gesichert wurde eine rechtsparietal gelegene Kalottenfraktur sowie eine beidseitige frontobasale Hirnrindenkontusion; bei unklarem Ereignishergang vertrat man im Durchgangsarztbericht die Auffassung, ein Unfall läge nicht vor, da aus innerer Ursache erfolgt. Mit dieser Begründung lehnte die Beklagte sodann gegenüber der Krankenkasse des Klägers bzw. gegenüber dem Ev. Krankenhaus C1 ihre Einstandspflicht mit der Begründung ab, ein Versicherungsfall läge nicht vor, da von einer inneren Ursache auszugehen sei. Auch dem Kläger gegenüber erteilte sie am 28.04.2016 einen abschlägigen Bescheid mit der Begründung, ein von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis sei als notwendiges Merkmal eines Arbeitsunfalles nicht nachgewiesen.
Hiergegen erhob der Kläger am 14.05.2015 Widerspruch und machte geltend, er sei am fraglichen Tage, wie üblich, von seinem Wohnort in C1-T1 zum Arbeitsplatz gefahren und habe auf dem Betriebsparkplatz seinen Pkw abgestellt und sei dann zur Arbeitsstätte gegangen; Erinnerungen an den weiteren Verlauf habe er nicht mehr; nach Angaben der ermittelnden Polizei sei der Unfall auf dem Weg vom Parkplatz zur Betriebsstätte erfolgt; beigefügt wurde ein Behandlungsbericht über die anfängliche stationäre Behandlung im Ev. Krankenhaus C1 (vom 23.01. bis 30.01.2016), in welchem nebendiagnostisch auf eine Diabeteserkrankung sowie einen Bluthochdruck hingewiesen wurde; im Durchgangsarztbericht erfolgte im Übrigen ein Hinweis auf eine Keppra-Medikation, einer Behandlung von epileptischen Erscheinungen, als unfallunabhängige gesundheitliche Beeinträchtigungen; aus dem Entlassungsbericht der Klinik ging hervor, dass der Kläger im Rahmen des stationären Aufenthaltes mehrfach generalisiert krampfte.
Zur Sachverhaltsaufklärung zog die Beklagte die kriminalpolizeilichen Ermittlungsvorgänge bei; telefonisch und auch persönlich wurden durch die Kriminalpolizei die Arbeitskollegen des Klägers, Frau S. I., ferner eine nächtlich bis zum frühen Morgen am Ereignistag arbeitende Reinigungskraft sowie auch die Ehefrau des Klägers befragt; abschließend wurde festgestellt, dass kurz vor 06.30 Uhr am 23.01.2016 der Kläger seine Arbeitsstelle erreichte und in einem relativ kurzen Zeitfenster von max. einer halben Stunde nach Eintreffen sich ein lebensbedrohlich darstellender Gesundheitszustand entwickelte; nach telefonischer Auskunft des Ev. Krankenhauses C1 nehme man als Ursache der erlittenen Verletzungen einen allerdings nicht gesicherten Sturz an; am Ereignistage habe verbreitet Eisglätte geherrscht; die Befragung der genannten Personen habe zusammenfassend keinen Aufschluss darüber ergeben, wann und unter welchen Umständen er sich die Fraktur am Kopf zugezogen habe; gegenüber seiner Kollegin bzw. gegenüber der Reinigungskraft habe er keine Angaben über einen Sturzgeschehen, einen gewalttägigen Angriff oder ein sonstiges Vorkommnis gemacht; Hinweise für eine strafbare Handlung ergäben sich nicht; seinen Pkw habe der Kläger auf dem Betriebsparkplatz normal eingeparkt, Auffälligkeiten am Abstellplatz seien nicht vorhanden gewesen; nach seinen Eintreffen an der Arbeitsstelle habe er sich bereits umgezogen, bevor si...