Entscheidungsstichwort (Thema)

Absenkung des Arbeitslosengeld II. Nichterfüllung von Pflichten aus der Eingliederungsvereinbarung. Anforderung an die Rechtsfolgenbelehrung

 

Orientierungssatz

Die Absenkung des Arbeitslosengeld II - hier wegen Verletzung von Pflichten aus der Eingliederungsvereinbarung - ist nur rechtmäßig, wenn die Rechtsfolgenbelehrung gem § 31 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB 2 inhaltlich konkret, verständlich, richtig, vollständig und zeitnah ergangen ist (vgl BSG vom 16.12.2008 - B 4 AS 60/07 R = BSGE 102, 201 = SozR 4-4200 § 16 Nr 4).

 

Tenor

Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 04.11.2009 wird angeordnet.

Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

Die Antragsgegnerin trägt die erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten des Antragstellers.

 

Gründe

I.

Streitig ist die Absenkung der Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) um monatlich 30 Prozent im Zeitraum vom 01.12.2009 bis zum 28.02.2010 wegen der Verletzung von Pflichten aus einer Eingliederungsvereinbarung. Der Antragsteller steht im Leistungsbezug bei der Antragsgegnerin. Am 17.09.2009 schlossen die Beteiligten im Anschluss an eine Informationsveranstaltung eine Eingliederungsvereinbarung. Als Bemühungen des Antragstellers wurde darin unter anderem folgendes vereinbart: "Sie unternehmen während der Gültigkeitsdauer der Eingliederungsvereinbarung im Turnus von 4 Wochen - beginnend mit dem Datum der Unterzeichnung - jeweils mindestens 3 Bewerbungsbemühungen monatlich um sozialversicherungspflichtige und geringfügige Beschäftigungsverhältnisse und legen hierüber monatlich jeweils zum Ende eines jeden Monats unaufgefordert folgende Nachweise vor: konkrete Form des Nachweises z.B. Eingangsbestätigung der Bewerbung, Absagen etc." Zudem wurde dem Antragsteller u.a. die Wahrnehmung aller Termine bei der Antragsgegnerin sowie die Bewerbung auf Vermittlungsvorschläge aufgegeben. Der Eingliederungsvereinbarung war etwa eine Seite mit insgesamt elf Ziffern umfassende Rechtsfolgenbelehrung beigefügt. Zwischen der Rechtsfolgenbelehrung und dem Unterschriftenfeld enthält die Eingliederungsvereinbarung einen weiteren Abschnitt mit folgendem Wortlaut: "Die Eingliederungsvereinbarung wurde mit mir besprochen. Unklare Punkte und die möglichen Rechtsfolgen wurden erläutert. Ich bin mit den Inhalten der Eingliederungsvereinbarung einverstanden und habe ein Exemplar erhalten. Ich verpflichte mich, die vereinbarten Aktivitäten einzuhalten und beim nächsten Termin über die Ergebnisse zu berichten." Die Eingliederungsvereinbarung trägt im Kopf das Datum 16.09.2009; die Unterschriften sind undatiert. Mit Schreiben vom 21.10.2009 hörte die Antragsgegnerin den Antragsteller zur Absenkung des Arbeitslosengeldes II nach § 31 SGB II an mit der Begründung, er habe trotz Belehrung über die Rechtsfolgen die in der Eingliederungsvereinbarung festgelegten Pflichten nicht erfüllt, da er seine Eigenbemühungen nicht nachgewiesen habe. Er habe sich verpflichtet, mindestens drei Eigenbemühungen pro Monat zu unternehmen und diese zum Ende eines jeden Monats nachzuweisen. Am 26.10.2009 nahm der Antragsteller bei einer Vorsprache mündlich Stellung. Laut dem Aktenvermerk der Antragsgegnerin wies er dabei auf eine seit zehn Jahren bestehende Erwerbsunfähigkeit hin und darauf, in seinem Beruf nichts mehr finden zu können. Er habe vorgetragen, dass er sich nicht bewerben werde. Mit Bescheid vom 04.11.2009 senkte die Antragsgegnerin das Arbeitslosengeld für die Zeit vom 01.12.2009 bis zum 28.02.2010 ab, und zwar wörtlich "monatlich um 30 vom Hundert der maßgebenden Regelleistung ( ...), höchstens jedoch in Höhe des Ihnen zustehenden Gesamtbetrages". Daraus ergebe sich eine Absenkung in Höhe von 107,70 Euro monatlich. Die Antragsgegnerin hob die ursprüngliche Bewilligungsentscheidung insoweit auf. Zur Begründung führte sie aus, der Antragsteller habe trotz Belehrung über die Rechtsfolgen die in der Eingliederungsvereinbarung vom 17.09.2009 festgelegten Pflichten nicht umfassend erfüllt, da er seine Eigenbemühungen nicht ausreichend nachgewiesen habe. Er habe sich verpflichtet, monatlich drei Eigenbemühungen nachzuweisen. Die am 26.10.2009 vorgetragenen Gründe könnten bei Abwägung der persönlichen Einzelinteressen mit denen der Allgemeinheit nicht als wichtig im Sinne des § 31 SGB II anerkannt werden. Gegen den Bescheid legte der Antragsteller am 26.11.2009 Widerspruch ein. Zur Begründung führte er aus, er sei an Parkinson erkrankt und habe eine defekte Schulter, zudem sei er 52 Jahre alt und aus diesen Gründen nicht in der Lage, einen Beruf auszuüben. Über den Widerspruch ist noch nicht entschieden. Am 26.11.2009 hat der Antragsteller zudem um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht und bezieht sich zur Begründung auf seinen Vortrag im Widerspruchsverfahren.

Er beantragt wörtlich, die Antragsgegnerin zu verpflichten, unverzüglich über seinen Widerspruch vom 26.11.2009 zu entscheiden und ihm bis zu einer Entscheidung die beantragten Leistungen in voller Höhe zu zahl...

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