Entscheidungsstichwort (Thema)

Erstattung von Vorverfahrenskosten. Beweis des Zugangs des Widerspruchs. Sendebericht des Telefaxgerätes

 

Leitsatz (amtlich)

Zum Beweis des Zugangs eines Widerspruchs bei einer Behörde durch Vorlage eines "OK-Vermerks" im Sendebericht des Faxgerätes.

 

Tenor

1. Der Bescheid des Beklagten vom 04.04.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.05.2011 wird aufgehoben und der Beklagte verurteilt, dem Kläger die Kosten des Widerspruchsverfahrens in Höhe von 309,40 Euro zu erstatten.

2. Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers.

3. Die Berufung wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Kosten des Widerspruchsverfahrens.

Der am 21.02.1963 geborene Kläger steht seit 2005 im laufenden Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Sozialgesetzbuch (SGB II). Mit Bescheid vom 27.01.2010 bewilligte der Beklagte 340,03 Euro für die Kosten der Unterkunft vom 01.03.2010 bis 31.08.2010. Mit Bescheid vom 24.02.2010 änderte er dies und bewilligte nur noch 329,78 Euro für die Kosten der Unterkunft.

Im März 2010 beauftragte der Kläger seinen Prozessbevollmächtigten gegen den Bescheid vom 24.02.2010 Rechtsmittel einzulegen.

Ausweislich des vorgelegten Fax-Sendeprotokolls faxte der Prozessbevollmächtigte einen Widerspruch am 17.03.2010 zum Beklagten. Das Sendeprotokoll trägt den Vermerk “OK„, wonach zwei Seiten um 11:56 Uhr an die Fax-Adresse des Beklagten gesandt wurde. Auf dem Sendeprotokoll ist die erste Seite des Widerspruches vom 17.03.2010 sichtbar. Der Beklagte stellt den Zugang des Faxschreibens in Abrede.

Am 15.09.2010 erließ der Beklagte zu Gunsten des Klägers einen Änderungsbescheid hinsichtlich der Kosten der Unterkunft für den Zeitraum 01.03.2010 bis 31.08.2010, in dem er nunmehr 441,28 Euro monatlich bewilligte.

Der Prozessbevollmächtigte des Klägers stellte am 04.11.2010 einen Kostenantrag aufgrund des “Anerkenntnisses des Beklagten für das durchgeführte Widerspruchsverfahren„. Der Änderungsbescheid vom 15.09.2010 sei aufgrund seines Widerspruchs vom 17.03.2010 ergangen. Er beantragte, die Kosten des Widerspruchsverfahrens in Höhe von 309,40 Euro zu erstatten.

Der Beklagte lehnte mit Kostenbescheid vom 04.04.2011 ab. Es läge gar kein Widerspruch vom 17.03.2010 vor. Der Änderungsbescheid vom 15.09.2010 sei aufgrund des Vorbringens im Klageverfahren S 49 AS 2926/10 und der vom Amts wegen durchgeführte Überprüfung nach § 44 SGB X ergangen. Der “Widerspruch vom 17.03.2010„ sei erstmalig mit Schreiben vom 01.03.2011 eingegangen. Ein Fax-Sendeprotokoll könne auch den Zugang nicht beweisen. Dieses sage lediglich aus, dass das Fax das Faxgerät ordnungsgemäß verlassen habe.

Der Kläger legte durch seinen Prozessbevollmächtigten am 06.05.2011 Widerspruch gegen den Kostenfestsetzungsbescheid ein.

Mit Widerspruchsbescheid vom 16.05.2011 wurde der Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen.

Hiergegen richtet sich die am 22.06.2011 vor dem Sozialgericht Dortmund erhobene Klage.

Der Kläger ist der Ansicht, dass der Beklagte keine Umstände vorgetragen habe, weshalb der Widerspruch nicht zugegangen sein sollte. Einfaches Bestreiten des Zugangs würde nicht ausreichen, wenn das Sendeprotokoll die Übertragung der Seite bestätige. Aufgrund der fortgeschrittenen Technik könne in diesem Fall ein Fax als zugegangen gelten.

Der Kläger beantragt schriftsätzlich,

den Bescheid vom 04.04.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.05.2011 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, dem Kläger die Kosten des Widerspruchsverfahrens in Höhe von 309,40 Euro zu erstatten.

Der Beklagte beantragt schriftsätzlich,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hält an der getroffenen Entscheidung fest.

Ein Fax-Empfangsjournal für den 17.03.2010 liege nicht mehr vor. Die Aufbewahrungszeit von Faxeingängen läge bei maximal 10 Tagen.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung der Kammer ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakten und der Gerichtsakte Bezug genommen. Der Inhalt sämtlicher Akten ist Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.

 

Entscheidungsgründe

Mit Einverständnis der Beteiligten ergeht das Urteil ohne mündliche Verhandlung, § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 SGG zulässig und begründet.

Der Kläger hat einen Anspruch auf Erstattung der im Widerspruchsverfahren entstandenen notwendigen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 309,40 Euro gegenüber dem Beklagten.

Nach § 63 Abs. 1 S. 1 Zehntes Sozialgesetzbuch (SGB X) hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten, soweit der Widerspruch erfolgreich war.

Dies war bei dem Widerspruch des Klägers vom 17.03.2010 der Fall.

Erfolgreich im ...

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