Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. freiwilliges Mitglied. Beitragsbemessung. Beitragspflicht einer Haftopferzuwendung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Für die Beitragsbemessung eines in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung freiwillig Versicherten ist die Haftopferzuwendung nach § 17a StrRehaG heranzuziehen.

2. Die Haftopferzuwendung nach § 17a StrRehaG nimmt keine der Grundrente nach § 31 BVG vergleichbare Sonderstellung ein.

 

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Notwendige außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob für die Bemessung der Beiträge des Klägers zur freiwilligen gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung eine besondere Zuwendung für Haftopfer in Höhe von monatlich 250 € zu berücksichtigen ist.

Der bei den beklagten Kranken- und Pflegekasse freiwillig versicherter Kläger war von September 1964 bis Mai 1965 inhaftiert gewesen und erhält deswegen seit 01.09.2007 neben seiner monatlichen Altersrente in Höhe von 1.272,66 € eine besondere Zuwendung für Haftopfer nach § 17a Abs. 1 des Gesetzes über die Rehabilitierung und Entschädigung von Opfern rechtsstaatlicher Strafverfolgungsmaßnahmen im Beitrittsgebiet (Strafrechtliches Rehabilitierungsgesetz - StrRehaG) vom 21.08.2007 (BGBl I S. 2118) in Höhe von monatlich 250 € (Bescheid vom 25.04.2008).

Die Beklagte setzte mit Bescheid vom 30.06.2008 die ab September 2007 zu zahlenden Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von monatlich 237,32 € fest mit einem Nachzahlungsbetrag von 328,07 € für den Zeitraum von September 2007 bis Mai 2008. Für die Beitragsbemessung berücksichtigte sie neben dem Zahlbetrag der Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung auch die Haftopferzuwendung als beitragspflichtige monatliche Einnahme. Ausschließlich gegen die Berücksichtigung der Haftopferzuwendung legte der Kläger am 11.02.2009 Widerspruch ein, weil sie nicht in erster Linie der Finanzierung des Lebensunterhaltes diene, sondern in kleinerem Umfang der Wiedergutmachung erlittenen Unrechts.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 23.04.2009 als unbegründet zurück. Die Haftopferzuwendung sei als beitragspflichtige Einnahme zu berücksichtigen; sie nehme nicht wie die Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) eine Sonderstellung ein, die zu einer Nichtberücksichtigung führen würde.

Dagegen hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers am 13.05.2009 Klage vor dem Sozialgericht Dresden erhoben.

Nach Ansicht des Klägers sei die Haftopferzuwendung mit der Grundrente zu vergleichen und deswegen nicht als beitragspflichtige Einnahme bei der Beitragsbemessung zu berücksichtigen. Dies ergebe sich aus § 16 Abs. 4 und § 24 StrRehaG und aus dem Zweck der Haftopferzuwendung in Form eines ideellen Ausgleichs für erlittenes Unrecht.

Der Kläger beantragt:

Der Bescheid vom 30.06.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.04.2009 wird insofern aufgehoben, als er Beträge zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung des Klägers ab 01.09.2007 aufgrund der monatlichen Haftopferzuwendung von 250,00 € festsetzt.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Entsprechend der Empfehlung der Spitzenverbände der Krankenkassen sei die besondere Zuwendung für Haftopfer nach § 17a StrRehaG bei beitragspflichtigen Einnahmen zuzurechnen, wenn die Krankenkasse - wie hier - in ihrer Satzung eine allgemeine, generalklauselartige Regelung vorsehe, wonach der Beitragsbemessung sinngemäß alle Einnahmen und Geldmittel, die das Mitglied zum Lebensunterhalt verbraucht oder verbrauchen könnte, ungeachtet der steuerlichen Behandlung, zugrunde zu legen sei. Die besondere Zuwendung nach § 17a StrRehaG habe unmittelbaren Einfluss auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Mitglieds. Sie habe als regelmäßig wiederkehrende Geldleistung Einkommensfunktion; ihr komme keine der Grundrente vergleichbare Sonderstellung zu. Anders als bei der Grundrente stehe bei der besonderen Zuwendung die materielle Komponente im Vordergrund. Denn nur in ihrer wirtschaftlichen Lage besonders beeinträchtigte Haftopfer hätten Anspruch auf die Zuwendung.

Bezüglich des weiteren Vorbringens wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidung gewesen sind.

 

Entscheidungsgründe

Die Teilanfechtungsklage ist zulässig. Dass der Kläger die einmonatige Widerspruchsfrist (vgl. § 84 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫) versäumt hat, ist aufgrund der Widerspruchsentscheidung der Beklagten in der Sache geheilt (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, 9. Auflage 2008, § 84 Rn. 7 m.w.N.).

Die Klage ist jedoch nicht begründet. Der Bescheid vom 30.06.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.04.2009 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Beklagte hat zutreffend die monatlichen Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge unter Berücksichtigung der Haftopferzuwendung festgesetzt. Diese ist für die Beitragsbemessung des fr...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Kranken- und Pflegeversicherungs Office enthalten. Sie wollen mehr?