Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialversicherungspflicht. Anfrageverfahren. keine Ausschluss bei sachlicher Unzuständigkeit der das Verfahren einleitenden Einzugsstelle. Bundesagentur für Arbeit kein "anderer Versicherungsträger" iSv § 7a Abs 1 S 1 SGB 4. Entscheidung der DRV Bund auch nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses möglich
Orientierungssatz
1. Das Anfrageverfahren ist nicht gem § 7a Abs 1 S 1 SGB 4 ausgeschlossen, wenn die Einzugstelle zwar ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet hat, hierfür aber sachlich nicht zuständig war.
2. Die Bundesagentur für Arbeit ist kein anderer Versicherungsträger iS von § 7a Abs 1 S 1 SGB 4.
3. Das Anfrageverfahren ist nicht schon deswegen ausgeschlossen, weil sich der Antrag auf ein bereits abgeschlossenen Beschäftigungsverhältnis bezieht (Anschluss an BSG vom 4.6.2009 - B 12 KR 31/07 R = SozR 4-2400 § 7a Nr 3).
Tenor
1. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 13.08.2008 in Gestalt des Widerspruchbescheides vom 15.12.2008 verpflichtet, den Bescheid vom 22.03.2007 zurückzunehmen und das Anfrageverfahren nach § 7a SGB IV durchzuführen.
2. Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte das Anfrageverfahren nach § 7a Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) durchzuführen hat.
Der Kläger war in dem Zeitraum vom 15.07.2007 bis zum 31.07.2006 Geschäftsführer bei der R. GmbH Hoch- und Tiefbau, die sich seit dem 31.10.2006 in Liquidation befindet, als Geschäftsführer tätig. Bei einem Stammkapital von 25.000 € war der Kläger mit einem Anteil von 2.500 € und sein Sohn A. R. mit 22.500 € beteiligt.
Der Kläger wurde von der GmbH erstmalig am 09.03.2005 rückwirkend zum 15.07.2004 bei der Einzugsstelle, der Beigeladenen zu 3., zur Sozialversicherung angemeldet. Da noch keine versicherungsrechtliche Beurteilung in Bezug auf die Tätigkeit des Klägers vorlag, wurde am 16.03.2005 die Meldung zunächst von Amts wegen von der Beigeladenen zu 3. storniert. In der Folge übersandte die Beigeladene zu 3. der R. GmbH und dem Kläger einen Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung eines Gesellschaftergeschäftsführers einer GmbH und erließ nach Rücksendung den Bescheid vom 06.07.2005, in dem sie feststellte, dass für den Kläger ab dem 15.07.2004 Versicherungspflicht als Arbeitnehmer zur Sozialversicherung bestehe. Der Kläger habe mit seiner Kapitalbeteiligung keinen maßgeblichen Einfluss auf das Unternehmen. Er habe die gleichen Rechte und Pflichten wie andere im Unternehmen beschäftigte Arbeitnehmer und sei wie diese in den Betrieb eingegliedert. Er sei in der Gestaltung seiner vertraglichen Beziehungen zur R. GmbH nicht frei und einem umfassenden Weisungsrecht unterworfen. Aus diesen Gründen sei von einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis auszugehen. Sie wies den Kläger darauf hin, dass die Agenturen für Arbeit leistungsrechtlich nicht an Feststellungsbescheide der Krankenkasse über die Versicherungspflicht zur Arbeitsförderung gebunden seien und empfahl ihm die entsprechende Zustimmung der Agentur für Arbeit einzuholen.
Nachdem die R. GmbH zum 31.10.2006 liquidiert wurde, beantragte der Kläger am 03.11.2006 bei der Beigeladenen zu 2. die Gewährung von Arbeitslosengeld. Nach Rücksendung eines Feststellungsbogens zur versicherungsrechtlichen Beurteilung eines Geschäftsführers einer Familien-GmbH lehnte die Beigeladene mit Bescheid vom 28.11.2006 die Gewährung von Arbeitslosengeld ab, da die Anwartschaftszeit nicht erfüllt sei. Er habe nicht innerhalb der Rahmenfrist von zwei Jahren vor dem 03.11.2006 mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beigeladene zu 2. mit Widerspruchsbescheid vom 02.02.2007 zurück. Der Kläger vertrete die Gesellschaft als Geschäftsführer stets allein und sei von den Beschränkungen des Selbstkontrahierungsverbots gemäß § 181 BGB befreit. Er verfüge als Einziger über die für die Führung des Unternehmens erforderlichen Branchenkenntnisse. Die Gestaltung seiner Tätigkeit sei von den betrieblichen Erfordernissen, insbesondere von dem eigenen wirtschaftlichen Interesse zum Wohle und Gedeihen des Unternehmens abhängig. Er habe die Möglichkeit gehabt, unbeschränkt Personal einzustellen. Eine Abrufung oder Kündigung sei nicht zu jeder Zeit möglich gewesen. Damit würden die Indizien für eine selbständige Tätigkeit überwiegen, so dass die geringe Kapitalbeteiligung von 10 Prozent in den Hintergrund rücke. An den Bescheid der Beigeladenen zu 3. vom 06.07.2005 sei die Beigeladene zu 2. leistungsrechtlich nicht gebunden. Nach der ab dem 01.01.2005 geltenden Rechtslage bestünde eine Bindungswirkung nur bei einer Feststellung nach § 336 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III). Die gegen den vorgenannten Widerspruchsbescheid unter dem Az. S 29 AL 234/07 erhobene Klage blieb erfolglos (Urteil vom 04.03.2009). Die Berufung ist unter dem Az. L 1 AL 91/09 anhängig.
Unter dem...