Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Rentenversicherung: Befreiung von der Rentenversicherung eines Rechtsanwalts mit abhängigen Beschäftigungsverhältnis
Orientierungssatz
Die Befreiung eines als Rechtsanwalt im Versorgungswerk Versicherten von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht für eine zusätzlich ausgeübte abhängige Beschäftigten kommt nur für Tätigkeiten bei einem anwaltlichen Arbeitgeber in Betracht. Dagegen scheidet die Befreiung von der Versicherungspflicht für Beschäftigungsverhältnisse bei anderen Arbeitgebern (hier: Referententätigkeit bei einem Versicherungsunternehmen) schon dem Grunde nach aus.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht für eine Tätigkeit als Referentin einer Versicherung umstritten.
Die am 00.00.1975 geborene Klägerin ist Volljuristin und als selbständige Rechtsanwältin mit eigenem Kanzleisitz tätig. Sie ist seit dem 03.03.2005 Pflichtmitglied der Rechtsanwaltskammer L und Pflichtmitglied im beigeladenen Versorgungswerk der Rechtsanwälte. Neben der selbständigen Anwaltstätigkeit war sie zudem ab dem 01.11.2004 abhängig bei der A Versicherung beschäftigt und für diese Beschäftigung von der Beklagten mit Bescheiden vom 01.02.2006 und 07.07.2010 von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht befreit worden. Nach Beendigung dieser Beschäftigung nahm sie zum 01.10.2011 eine Tätigkeit als Referentin in der Organisationseinheit Haftpflicht-, Unfall-, KR-Schaden, Sach-Massenschaden, Gruppe Arzthaftpflichtschaden bei der F Versicherungsgruppe AG auf und beantragte am 09.11.2011 bei der Beklagten, ebenfalls für diese Tätigkeit von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht befreit zu werden. Nach einer Stellenbeschreibung ihres Arbeitgebers ist sie als Volljuristin in der Abteilung Arzthaftpflichtschaden beschäftigt und sowohl rechtsberatend, rechtsentscheidend, rechtsgestaltend und rechtsvermittelnd tätig; sie bearbeite sämtliche Schäden, die ihr zugeteilt würden, und habe den Fachanwaltslehrgang Medizinrecht erfolgreich abgeschlossen. Sie trete nach außen als Entscheidungsträgerin auf und treffe nach außen hin verbindliche Entscheidungen. Sie unterbreite Vergleichsangebote und berate den jeweiligen Versicherungsnehmer in haftpflichtrechtlichen Angelegenheiten. Auch halte sie Vorträge vor größeren Personengruppen im Rahmen interner und externer Schulungen.
Mit Bescheid vom 20.02.2012 lehnte die Beklagte die Befreiung der Klägerin von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht für ihre Tätigkeit bei der F Versicherungsgruppe AG ab. Die Klägerin übe dort keine typische anwaltliche Berufstätigkeit aus. Eine typische anwaltliche Tätigkeit übe nur derjenige aus, der auf den Tätigkeitsfeldern Rechtsberatung, Rechtsentscheidung, Rechtsgestaltung und Rechtsvermittlung tätig werde. Das treffe auf die Klägerin nicht zu. Sie sei nicht rechtsentscheidend tätig, vor allem weil sie nur weisungsgebunden tätig werde. Auch rechtsgestaltend sei sie nicht tätig, da sie nicht eigenständig Vertrags- und Einigungsverhandlungen führe. Auch setze die Tätigkeit der Klägerin nicht zwingend voraus, dass sie Volljuristin sei. Die Klägerin widersprach und machte geltend, ihre Tätigkeit erfülle die Voraussetzungen einer anwaltlichen Tätigkeit, die die Beklagte in vergleichbaren Fällen fordere. Sie sei insbesondere auch rechtsentscheidend tätig, vornehmlich weil sie nach außen wirksam als Entscheidungsträgerin mit eigener Entscheidungskompetenz auftrete und nach Prüfung der Deckungs- und Haftungssituation sowie der Prozessaussichten die gesamte außergerichtliche Korrespondenz fertige. Die Befreiung setze auch nicht voraus, dass die Beschäftigung eine Qualifikation als Volljuristin voraussetze, was im Übrigen aber in ihrem Fall auch gegeben sei. Diesen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 27.08.2012 zurück. Das von der Klägerin geschilderte Aufgabenspektrum entspreche einer qualifizierten Sachbearbeitung, bei der die Schadensregulierung im Vordergrund stehe; diese Tätigkeit setzte nicht zwingend die Qualifikation als Volljuristin voraus.
Mit ihrer am 17.09.2012 erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiter verfolgt.
Sie ist weiterhin der Auffassung, einen Anspruch auf Befreiung für ihre anwaltliche Tätigkeit bei der F Versicherungsgruppe AG zu haben. Eine Rechtsanwältin könne auch in einem Unternehmen arbeiten, wie die Regelung in § 46 Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) belege. Das treffe auf sie zu, sie erfülle auch die von der Beklagten für die Befreiung geforderten 4 Kriterien, die vor dem Hintergrund der nicht mehr einheitlichen anwaltlichen Berufsbildes aber auch nicht überspannt werden dürften. Sie sei sie insbesondere auch rechtsgestaltend tätig, sie führe eigenständig Vergleichsverhandlungen. Soweit die Beklagte meine, für diese Tätigkeit sei keine Ausbildung als Volljuristin erforderlich, treffe das nicht zu; dies sei aber ohnehin kein Ausschlusskriterium für eine...