Entscheidungsstichwort (Thema)
Anfall von Säumniszuschlägen auf rückständige Sozialversicherungsbeiträge für die Zeit nach Eröffnung eines Insolvenzverfahrens
Orientierungssatz
1. Säumniszuschläge entstehen verschuldensunabhängig, wenn die fälligen Beiträge nicht fristgerecht gezahlt werden; sie entstehen auch nach Eröffnung eines Insolvenzverfahrens. Säumniszuschläge, die bis zur Eröffnung eines Insolvenzverfahrens entstanden sind, gehören zur Insolvenzforderung. Ansprüche auf Säumniszuschläge, die nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstehen, sind nach § 39 Abs 1 Nr 1 InsO als nachrangige Insolvenzforderungen zu behandeln.
2. Die Pflicht zur Zahlung eines Säumniszuschlags setzt die Pflicht zur Zahlung des Beitrags voraus. Das sich aus § 210 InsO ergebende Vollstreckungsverbot hat zur Folge, dass Widerspruch und Klage gegen einen Beitragsbescheid aufschiebende Wirkung haben und eine Vollstreckung aus dem Beitragsbescheid unzulässig ist. Damit ist der Anfall von Säumniszuschlägen ausgeschlossen.
Tenor
Der Bescheid vom 17.12.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.06.2013 wird insoweit aufgehoben, als der Kläger darin zur Zahlung von Säumniszuschlägen in Höhe von 8.612,50 EUR verpflichtet wird.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird endgültig auf 8.612,50 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Zahlung von Säumniszuschlägen, die nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden sind.
Der Kläger ist durch Beschluss des Amtsgerichts Mönchengladbach zum Insolvenzverwalter der Firma C I1 GmbH in I2 eingesetzt worden, über die am 18.01.2008 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde (Az.: 45 IN 172/07). Am 28.01.2008 ging bei dem Amtsgericht Mönchengladbach die Anzeige des Klägers, dass Masseunzulänglichkeit vorliegt, ein.
Die Beklagte führte am 11.12.2012 eine beitragsrechtliche Betriebsprüfung für die Zeit vom 18.01.2008 bis 31.05.2008 bei der Firma C I1 GmbH durch und forderte mit Bescheid vom 17.12.2012 Krankenversicherungsbeiträge für freigestellte Arbeitnehmer ab dem Tag der Insolvenzeröffnung in Höhe von 15.158,33 EUR (abzüglich eines Erstattungsanspruchs der Bundesagentur für Arbeit nach § 335 Abs. 3 Sozialgesetzbuch, Drittes Buch (SGB III) Arbeitsförderung) nach und machte Säumniszuschläge in Höhe von 8.612,50 EUR geltend.
Der Kläger erhob hiergegen Widerspruch. Er teilte mit, dass Säumniszuschläge in erster Linie ein Druckmittel zur Durchsetzung fälliger Forderungen darstellen würden. Die Ausübung eines auf die pünktliche Steuerzahlung gerichteten Druckes verliere aber dann ihren gesetzlichen Sinn und Zweck, wenn und soweit einem Pflichtigen die rechtzeitige Erbringung der Leistungen wegen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung nicht mehr möglich sei. Dies sei seit der Anzeige der Masseunzulänglichkeit der Fall. Deshalb seien die Säumniszuschläge zu erlassen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 27.06.2013 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass für die Dauer des Fortbestandes der Beschäftigungsverhältnisse nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens nach § 22 Sozialgesetzbuch, Viertes Buch (SGB IV) Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung ein Beitragsanspruch bestünde. Die ab Insolvenzeröffnung aufgrund von Freistellungen und ordentlichen Kündigungsfristen fälligen Gesamtsozialversicherungsbeiträge seien der zuständigen Krankenkasse gemäß § 28f Abs. 3 S. 1 SGB IV rechtzeitig in Form eines genormten Beitragsnachweises anzuzeigen und nachzuweisen. Bei der Betriebsprüfung sei aber festgestellt worden, dass dies nicht geschehen sei. Die besonderen Vorschriften der Insolvenzordnung (InsO) über tatsächlich bestehende Zahlungspflichten der Masseschuldansprüche bei gegebenenfalls vorliegender Masseunzulänglichkeit seien nicht Bestandteil einer Betriebsprüfung und blieben hiervon unberührt. Eine vorliegende Masseunzulänglichkeit habe somit keinen Einfluss auf die Rechtsgültigkeit der öffentlich-rechtlichen Normen des Sozialversicherungsrechts. Beitragsansprüche der Sozialversicherungsträger entstünden bereits, sobald ihre im Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes bestimmten Voraussetzungen vorlägen. Bei nicht rechtzeitig eingereichten Beitragsnachweisen habe der Insolvenzverwalter Kenntnis von seiner Zahlungspflicht, da die entsprechende gesetzliche Vorschrift (§ 28f Abs. 3 SGB IV) und die daraus folgenden Konsequenzen durch die Einzugsstellen als auch durch die prüfenden Rentenversicherungsträger Arbeitgebern und Insolvenzverwaltern durch entsprechende Publikationen bekannt gemacht würden. Das rechtzeitige Einreichen von Beitragsnachweisen gehöre zu den originären Arbeitgeberpflichten. Es seien daher auch Säumniszuschläge geltend zu machen.
Der Kläger hat am 18.07.2013 Klage erhoben.
Er hält den Bescheid vom 17.12.2012 für zu unbestimmt, da er es ihm nicht ermögliche, die Säumniszuschläge dem Grunde und der Höhe nach zu prüfen. Die Erhebung von Säumniszuschlägen sei sachlich unbillig, wenn dem Steuerpflichtigen die rec...