Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen der Rückforderung des einem Vertragsarzt gezahlten Festzuschusses durch die Krankenkasse bei fehlerhaftem Zahnersatz

 

Orientierungssatz

1. Ein Zahnarzt, der seine öffentlich-rechtlichen Pflichten schuldhaft verletzt, indem er eine dem zahnärztlichen Standard nicht genügende prothetische Versorgung durchführt, ist zum Schadensersatz verpflichtet (BSG Urteil vom 10. 5. 2017, B 6 KA 15/16 R).

2. Die Gewährleistung nach § 136a Abs. 4 S. 3 und 4 SGB 5 erstreckt sich auf die kostenfreie Erneuerung und Wiederherstellung von Zahnersatz und damit auch auf eine Neuanfertigung. Das Recht des behandelnden Zahnarztes setzt dabei voraus, dass es dem Versicherten zumutbar ist, sich weiter durch den bisherigen Zahnarzt behandeln zu lassen.

3. Hat der Versicherte dem Zahnarzt keinerlei Gelegenheit gegeben, die erforderliche Nachbesserung gfs. durch Neuanfertigung durchzuführen, so ist die Krankenkasse zur Zahlung des Festzuschusses an den Zahnarzt verpflichtet. Eine Rückforderung ist ausgeschlossen.

 

Tenor

Der Rückforderungsbescheid der Beklagten vom 19.04.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.09.2016 wird aufgehoben.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Streitig ist die Rückforderung des Festzuschusses.

Der Kläger ist in L1 als Zahnarzt niedergelassen und zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassen.

Ausweislich eines Heil- und Kostenplanes vom 11.08.2014 gliederte der bei dem Kläger angestellte Zahnarzt N A bei der bei der Beigeladenen Versicherten F L2, geb. 00.00.1964, am 15.09.2014 eine Brücke auf den Zähnen 13-11-22 ein. Hierzu leistete die Beigeladene einen Festzuschuss in Höhe von 763,28 EUR.

Nach Beschwerden der Versicherten gegenüber der Beigeladenen veranlasste diese eine Begutachtung des Zahnersatzes durch H U1, L1. In seinem Gutachten vom 22.06.2015 führte der Gutachter u.a. aus: "( ...) Die Krone an Zahn 13 schließt nicht dicht mit dem präparierten Zahn ab und ist zu kurz. Im Schlussbiss kommt es zu einem Frühkontakt auf den Zähnen 13 und 22, dadurch entsteht im Schlussbiss eine funktionell bedingte Lockerung der Brücke. ( ...) Der Frühkontakt kann durch Einschleifmaßnahmen korrigiert werden und damit die funktionell bedingte Lockerung behoben werden. Die Palatinalflächen können durch Schleifmaßnahmen zahnähnlich gestaltet werden. Die Krone an Zahn 13 ist zu kurz und muss erneuert werden. Dadurch kann eine komplette Neuanfertigung der Brücke erforderlich werden. Der Zahn 13 ist apikal aufgehellt und wird zurzeit endodontisch behandelt. Als Nebenbefund stellt sich der Verdacht auf eine apikale Aufhellung auch an Zahn 14.".

Auf Anfrage der Beigeladenen vom 29.06.2015 teilte der Kläger mit Schreiben vom 07.07.2015 mit, er sei bereit, das Mängelgutachten inhaltlich zu akzeptieren und die Behandlung im Sinne des Gutachtens durchzuführen. Er sei gerne bereit, nach Abschluss der offenbar alio loco laufenden endodontischen Therapie persönlich die Behandlung einschließlich einer ggf. notwendigen Neuanfertigung zu übernehmen.

Eine Behandlung im Sinne des Gutachtens in der Praxis des Klägers lehnte die Versicherte mit Schreiben vom 15.07.2015 ab. Das Vertrauensverhältnis zu dieser Praxis sei aufgrund der mangelhaften Zahnbehandlung erheblich gestört. Die Art und Weise der Zahnbehandlung, d.h. die Ausführung der Arbeit (die Praxis habe außerhalb der regulären Behandlung mehrfach aufgesucht werden müssen, um Mängel zu beseitigen), bzw. menschlicher Umgang mit ihr als Angstpatientin hätten ihr Zahnarzttrauma weiter verschlimmert. Gerne würde sie die Behandlung der Fehler oder Mängel in der Zahnarztpraxis C, L1, durchführen lassen.

Unter dem 11.08.2015 meldete die Beigeladene einen Regressanspruch für die Brücke 13 - 11 - 22 an und forderte die Rückerstattung des für die prothetische Versorgung abgerechneten Festzuschusses in Höhe von 763,28 EUR.

Hiermit war der Kläger nicht einverstanden. Mit Schreiben vom 20.09.2015 führte er aus, die Patientin habe die Praxis am 01.08.2014 als Schmerzpatientin aufgesucht. Sie habe über Schmerzen im Bereich der Oberkiefer- Frontzähne geklagt. In diesem Bereich sei sie mit einer Extensionsbrücke zum Ersatz des fehlenden Zahnes 12 und verblockten Kronen an den Zähnen 11, 21 und 22 versorgt gewesen. Der Zahn 13 sei unversorgt und ebenso wie der als Pfeiler für eine Verblendbrücke dienende Zahn 23 klinisch unauffällig gewesen. Die röntgenologische Untersuchung habe als Ursache für die Schmerzen eine Beherdung des Zahnes 22 mit Verdacht auf eine dentogene Zyste sowie eine weitgehende kariöse Zerstörung des mit einer Wurzelfüllung und einer Aufbauschraube versorgten Zahnes 21 ergeben. Über die Nichterhaltungswürdigkeit des Zahnes 21 und die notwendige endochirurgische Behandlung des Zahnes 22, wenn dieser als Pfeilerzahn für eine festsitzende Versorgung unter Schonung der Brücke von 23 nach 26 hätte erhalten werden sollen, sei die Patientin informiert worden. Eine herausnehmbare Interimsprothese sei für die Patientin aufgrun...

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