Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostenerstattung für die Begleichung einer Desinfektionspauschale im Zusammenhang mit einem von der Krankenkasse zu leistenden Krankentransport
Orientierungssatz
1. Als Fahrtkosten wird nach § 60 Abs. 3 Nr. 3 SGB 5 bei Benutzung eines Krankenkraftwagens oder Rettungsfahrzeugs der nach § 133 SGB 5 berechnungsfähige Betrag anerkannt, wenn ein öffentliches Verkehrsmittel, ein Taxi oder ein Mietwagen nicht benutzt werden kann. Die Krankenkasse hat dabei die von den Kommunen im Rahmen der Satzungshoheit festgesetzten Entgelte zu begleichen.
2. Erhebt die Kommune für die Desinfektion nach dem Transport eines Infektionskranken eine Pauschalgebühr von 150,- €, so ist die Krankenkasse verpflichtet, diesen Betrag dem Versicherten zu erstatten.
3. Bei der Durchführung einer solchen Desinfektion handelt es sich nicht um eine vorrangige Angelegenheit der Gefahrenabwehr und damit um keine öffentliche Aufgabe. Wird die Desinfektion eines Kraftfahrzeugs im Zusammenhang mit einem Krankentransport erforderlich, so hat die Krankenkasse die dafür entstehenden Kosten im Rahmen des SGB 5 zu tragen. Dazu gehört, dass ein Einsatzfahrzeug nach dem Krankentransport einer Person, die an einer ansteckenden Erkrankung leidet, desinfiziert wird und so für einen potentiellen nächsten Rettungsdiensteinsatz wieder in einen keimfreien und damit gebrauchsfähigen Zustand versetzt wird.
Tenor
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 19.03.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.12.2009 verurteilt, an den Kläger und die Beigeladenen zu 1) und 2) als Erbengemeinschaft der B. D. Z. zur gesamten Hand 150,00 Euro zu zahlen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Berufung wird zugelassen
Tatbestand
Der Kläger begehrt Kostenerstattung für die Begleichung einer Desinfektionspauschale, die die Stadt Wesel im Zusammenhang mit der Benutzung ihres Rettungsdienstes erhoben hat.
Der Kläger ist der Sohn der am 27.02.2… verstorbenen Versicherten B. D. Z. und bildet mit seinen beigeladenen Geschwistern die Erbengemeinschaft. Die verstorbene Versicherte ist am 19.01.2009 durch den Rettungsdienst der Stadt W. vom St. Ludgerus-Haus in W. in das Marienhospital in W. gebracht worden. Es bestand der Verdacht auf eine Infektion mit dem Noro-Virus. Die Stadt W. stellte zunächst der Beklagten für die Benutzung des Krankenkraftwagens einen Betrag in Höhe von 272,50 EUR in Rechnung. Neben der Grundgebühr und den angefallenen Fahrtkilometern machte sie einen "Zuschlag Infektionstransport" in Höhe von 150 EUR geltend. Grundlage hierfür war die Gebührensatzung für die Benutzung der Krankenkraftwagen im Kreis W. vom 20.06.2007 (§ 1 Ziffer 3 iVm Ziffer 4.1 des entsprechenden Gebührentarifs des Kreises W.). Die Pauschale wurde mit Wirkung zum 01.07.2007 neu festgelegt. In der zuvor geltenden Satzung war nach der Art des Einsatzfahrzeugs unterschieden worden. Die Desinfektionspauschale betrug vorher 95 EUR bei der Benutzung eines Notarztwagens, 55 EUR bei einem Rettungswagen und 20 EUR bei einem Krankentransportwagen.
Die Beklagte beglich die Grundgebühr und die Fahrtkilometer, lehnte aber die Übernahme der Desinfektionspauschale ab. Daraufhin stellte die Stadt W. 150 EUR der verstorbenen Versicherten mit Gebührenbescheid vom 09.03.2009 in Rechnung. Sie erklärte, dass die Beklagte der einzige Kostenträger sei, der die Desinfektionspauschale nicht übernehme. Die Kosten für die Desinfektion seien auch nicht bereits in der Grundgebühr enthalten. Dies widerspreche dem Verursacherprinzip. Die Gebührensatzung sei mit den Vertretern der Kostenträger auf Landesebene abgestimmt und einvernehmlich festgesetzt worden. Sie sei angemessen, da das benutzte Fahrzeug vorübergehend außer Dienst genommen werde und auch die Mitarbeiter sich desinfizieren und umkleiden müssten. Dies bedeute einen erheblichen Mehraufwand. Zwar rechne die Stadt W. grundsätzlich mit den Krankenkassen unmittelbar ab. Wenn diese jedoch die Zahlung ablehnten, müsste der Versicherte den Differenzbetrag übernehmen. Daraufhin zahlte der Kläger den Betrag von 150 EUR an die Stadt W ...
Am 14.03.2009 wandte er sich an die Beklagte und beantragte die Erstattung. Die Beklagte lehnte die Kostenübernahme mit Bescheid vom 19.03.2009 ab. Für eine Kostenerstattung der Desinfektionspauschale gebe es keine Rechtsgrundlage im SGB V. Hiergegen erhob der Kläger am 27.03.2009 Widerspruch. Der Krankentransport sei notwendig gewesen. Gleiches gelte für die Desinfektion des Krankentransportwagens. Es sei nicht einzusehen, dass die von der Stadt W. erhobene Rechnungsposition "Zuschlag Infektionstransport" zu Lasten der Versicherten gehe. Auch könnten die Kosten eines Krankentransportes nicht in einen medizinisch notwendigen und einen medizinisch nicht notwendigen Teil aufgespalten werden. Bei der Desinfektionspauschale handele es sich um einen Teil der Kosten des Krankentransportes. Dies gehe aus dem Gebührenbescheid hervor. Daher sei die Beklagte einstandspflichtig. Die Beklagte wies den...