Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Recht der Krankenkasse auf Einsichtnahme in beigezogene Krankenakten ihres Versicherten
Orientierungssatz
Einer Krankenkasse steht im gerichtlichen Verfahren ein eigenes Recht auf Einsichtnahme in die beigezogenen Krankenakten ihres Versicherten zu.
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten in der Hauptsache über die Rückforderung von Krankenhausbehandlungskosten in Höhe von 501,97 €. Des weiteren ist streitig, ob die klagende Krankenkasse im Klageverfahren ein eigenes Einsichtsrecht in die Krankenakten ihres Versicherten hat.
Auf die Beteiligten findet der zwischen der Krankenhausgesellschaft NRW und ua dem Landesverband, dem die Klägerin angehört, geschlossene so genannte Sicherstellungsvertrag nach § 112 Abs 2 Nr 1 des Sozialgesetzbuches Fünftes Buch - SGB V - vom 06.12.1996, gültig ab dem 01.01.1997, Anwendung. Dieser Vertrag wurde zunächst im April 2004 gekündigt; seit dem 13.04.2005 wird er auf Grund weiterer Vereinbarungen zwischen den Beteiligten wieder angewandt.
Dem hiesigen Verfahren liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Der bei der Klägerin versicherte Herr J M (im folgenden: Versicherter) befand sich in der Zeit vom 07.02.2005 bis zum 17.02.2005 sowie vom 27.02.2005 bis zum 21.03.2005 in stationärer Behandlung in dem von der Beklagten betriebenen Krankenhaus. Die ihr hierfür in Rechnung gestellten Kosten in Höhe von 2311,42 € bzw 3928,81 € (= 6240,23 €) beglich die Klägerin unter Vorbehalt und verwies im Schreiben vom 20.04.2005 auf das eingeleitete Prüfverfahren durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen - MDK -.
Nach Vorlage der angeforderten Entlassungsberichte gelangte Dr. B vom MDK W-L in seinen Gutachten vom 13.07.2005 zu dem Ergebnis, beide stationären Aufenthalte seien nach Änderung der Haupt- und Nebendiagnosen nach der DRG E77 B zu beurteilen, sodass eine Fallzusammenführung wegen gleicher Basis-DRG vorzunehmen sei.
Im Schreiben an die Beklagte vom 09.08.2005 machte die Klägerin diesbezüglich eine Rückforderung in Höhe 913,07 € gelten.
Demgegenüber wandte die Beklagte ein, eine Beschränkung des Prüfverfahrens auf die Auswertung von Entlassungsberichten reiche grundsätzlich nicht aus; auch gebe es vorliegend keinen medizinischen Grund für die Änderung der Diagnosen und die Fallzusammenführung.
In der Folgezeit legte die Beklagte ihrer Abrechnung des 2. stationären Krankenhausaufenthaltes ebenfalls die DRG E77 B zugrunde; einen Anlass zur Fallzusammenführung sah sie weiterhin nicht.
Die Klägerin schaltete erneut den MDK ein, in dessen Auftrag Dr. B in seinen Gutachten vom 13.09.2005 hinsichtlich beider stationärer Aufenthalte an seiner Auffassung festhielt, es habe bei der Abrechnung nach der DRG E 77 B sowie der Fallzusammenführung zu verbleiben.
Die Klägerin setzte die Beklagte im Schreiben vom 22.09.2005 vom Ergebnis der neuerlichen MDK-Begutachtung in Kenntnis.
Die Beklagte überwies daraufhin einen Betrag in Höhe von 411,10 € für den 2. stationären Aufenthalt, der am 04.10.2005 bei der Klägerin einging.
Im Schreiben vom 09.11.2005 forderte die Klägerin den noch ausstehenden Differenzbetrag in Höhe von 501,97 € bei der Beklagten an.
Die Beklagte teilte im Schreiben vom 16.05.2006 mit, dass sie weiterhin keinen Anlass für eine Fallzusammenführung sehe.
Die Klägerin hat am 20.09.2006 Klage erhoben, mit der sie ihr Begehren auf Rückzahlung des Differenzbetrages aus der geänderten Hauptdiagnose und der Fallzusammenführung in Höhe von 501,97 € weiterverfolgt.
Sie hat zunächst um Übersendung der vollständigen Krankenakten und der Pflegedokumentation bezüglich der streitigen Aufenthalte zur eigenen Einsicht gebeten.
Hierzu trägt sie vor: Der Rechtanspruch auf Akteneinsicht folge aus dem in Art 103 Abs 1 des Grundgesetzes - GG - und § 62 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG - festgeschriebenen Grundsatz des rechtlichen Gehörs.
Insoweit sei nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts - BSG - hinsichtlich der Sichtung und Auswertung von Krankenhausunterlagen zwischen dem aussergerichtlichen und dem gerichtlichen Bereich zu unterscheiden. Während im aussergerichtlichen Rahmen nur dem MDK das Recht zur Einsicht und Auswertung zustehe, habe sie demgegenüber im gerichtlichen Verfahren ein Recht auf eigene Sichtung und Auswertung. Anderenfalls werde ihr Recht auf rechtliches Gehör verletzt, wenn unter Verletzung des § 62 SGG im weiteren Verlauf des gerichtlichen Verfahrens eine für sie nachteilige Entscheidung ergehe. In einem solchen Fall liege ein Verfahrensmangel vor, der zur Zulassung der Berufung bzw Revision führe.
Im übrigen sei es widersinnig, wenn sie zwar eine gutachterliche Stellungnahme des MDK erhalte, jedoch im gerichtlichen Verfahren keinen Einblick in die zugrunde liegende Krankenakte nehmen dürfe. Ohne eigene Einsicht in die Krankenunterlagen allein durch die Einschaltung des MDK könne sie ihre Interessen im gerichtlichen Verfahren nicht ausreichend wahren. Insoweit sei ...