Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende: Kosten für Unterkunft und Heizung. Berücksichtigung eines im Rahmen von Umgangskontakten betreuten eigenen Kindes bei der Ermittlung der Angemessenheit von Unterkunftskosten
Orientierungssatz
1. Aus der zeitweiligen Betreuung eines eigenen minderjährigen Kindes im Rahmen von Umgangskontakten kann sich auch dann ein zusätzlicher Wohnraumbedarf ergeben, der bei der Beurteilung der Angemessenheit von Unterkunftskosten zu berücksichtigen ist, wenn das Kind nicht mindestens 50 Prozent seiner Zeit beim betroffenen Elternteil verbringt.
2. Ein zusätzlicher Wohnraumbedarf für die Betreuung eines Kindes ist im Rahmen der Beurteilung der Angemessenheit von Unterkunftskosten eines Empfängers von Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende erst dann zu berücksichtigen, wenn das Kind das Schulalter erreicht hat. Ab diesem Zeitpunkt sind regelmäßig 50 Prozent der für eine weitere Person im Haushalt abstrakt angemessenen Fläche (hier: von 15 Quadratmetern) zusätzlich als angemessene Wohnraumgröße berücksichtigungsfähig.
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Gewährung höherer Leistungen für Bedarfe für Unterkunft und Heizung nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für den Zeitraum 01.07.2015 bis 31.10.2015.
Der am 08.06.1982 geborene Kläger bezieht bei dem Beklagten laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Der Kläger wohnt seit dem 01.12.2012 in einer 70qm-Zimmer-Wohnung in der B.-str. 3 in Duisburg für eine monatliche Grundmiete i.H.v. 320 EUR zzgl. monatlicher Betriebsnebenkosten i.H.v. 105,00 EUR zzgl. monatlicher Heizkosten i.H.v. 75,00 EUR, insgesamt 500,00 EUR monatlich. Er hat mit Frau J. R., von der er getrennt lebt, eine gemeinsame Tochter, die am 13.07.2011 geborene L. M. R ... Seit November 2013 lebt die Tochter nicht mehr beim Kläger, sondern bei ihrer Mutter. Die Tochter des Klägers verbringt regelmäßig jedes zweite Wochenende und auch einen Teil der Ferien beim Kläger.
Mit Schreiben vom 24.02.2014 forderte der Beklagte den Kläger auf, die Kosten der Unterkunft zu senken. Der aktuelle Betrag liege um 96,00 EUR über dem Betrag, der maximal im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitsuchende berücksichtigt werden könne. Die tatsächlichen Kosten könnten bis maximal 31.08.2014 berücksichtigt werden.
Ab dem 01.09.2014 gewährte der Beklagte dem Kläger für die Bedarfe für Unterkunft und Heizung Leistungen i.H.v. 404,00 EUR monatlich (329,00 EUR Bruttokaltmiete zzgl. 75 EUR Heizkosten), u.a. mit Bescheid vom 14.10.2014 für den Zeitraum 01.11.2014 bis 31.10.2015.
Mit Schreiben vom 22.07.2015, bei dem Beklagten eingegangen am 27.07.2015, beantragte der Kläger die Übernahme der vollständigen Kosten der Unterkunft und Heizung. Er habe seine Tochter regelmäßig bei sich und benötige daher mehr Platz als eine alleinstehende Person. Der Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 27.10.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.03.2016 ab. Da der Kläger alleinstehend sei, betrage die Wohnflächenobergrenze 50 qm. Die Mietangemessenheitsgrenze betrage nach dem schlüssigen Konzept des Beklagten 6,58 EUR/qm. Daraus ergebe sich für den Kläger eine angemessene Bruttokaltmiete i.H.v. 329 EUR (6,58 EUR x 50 qm) zzgl der Heizkosten i.H.v. 75 EUR, insgesamt 404,00 EUR. Die Tochter des Klägers lebe bei der Mutter und halte sich lediglich alle zwei Wochen an den Wochenenden bei dem Kläger auf. Die Angemessenheit der Wohnfläche bestimme sich jedoch nach der Zahl der tatsächlich dauerhaft in der Unterkunft wohnenden Personen. Zusätzlicher Wohnbedarf für ein Kind könne nur berücksichtigt werden, wenn der Aufenthalt in der Wohnung mehr als 50% betrage. Die Wahrnehmung des grundgesetzlich geschützten Umgangsrechts erfordere nicht, dauerhaft den vollen Wohnraumbedarf für zwei Personen anzuerkennen. Staatliche Leistungen zur Existenzsicherung im Rahmen familienrechtlicher Beziehungen seien nicht dazu bestimmt, die Ausübung des Umgangsrechts bei Bedürftigkeit zu optimieren, sie sollten diese nur ermöglichen.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner am 11.03.2016 bei dem Sozialgericht Duisburg erhobenen Klage. Der Kläger habe einen nach § 22 SGB II anzuerkennenden Unterkunftsbedarf für eine Wohnung mit mindestens 65 qm. Der Umgang des Klägers mit seiner Tochter sei zu ermöglichen. Es handele sich nicht nur um sporadische Besuche. Die Angemessenheit des Wohnbedarfs nach § 22 Abs. 1 SGB II sei im Lichte des Art. 6 Abs. 1 GG auszulegen, wenn nach einer Trennung die Beziehung zu einem Elternteil durch regelmäßige Aufenthalte des Kindes aufrechterhalten werde. Es sei denklogisch bereits nicht möglich, angemessenen Wohnraum für die Ausübung des Umgangsrechts nur zeitweise vorzuhalten. Der erhöhte Wohnraumbedarf sei vor dem Hintergrund der grundsätzlichen Bedeut...