Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausschluss einer Befreiung von der Versicherungspflicht in der Krankenversicherung der Rentner bei Versäumung der Antragsfrist
Orientierungssatz
1. Von der Versicherungspflicht in der Krankenversicherung wird u. a. nach § 8 Abs. 1 Nr. 4 SGB 5 derjenige befreit, der durch den Antrag auf Rente versicherungspflichtig wird. Der Antrag ist innerhalb von drei Monaten nach Beginn der Versicherungspflicht bei der Krankenkasse zu stellen.
2. Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch ist neben der Frist des § 8 Abs. 2 SGB 5 anzuwenden. Er setzt eine dem Sozialleistungsträger zurechenbare behördliche Pflichtverletzung voraus, die kausal für einen sozialrechtlichen Nachteil des Berechtigten ist.
3. Hat die Krankenkasse den Versicherten auf dessen Befreiungsmöglichkeit von der Krankenversicherung hingewiesen, ohne das von ihr als beigefügt bezeichnete Merkblatt dem Versicherten tatsächlich zu übersenden, so hätte sich diesem aufdrängen müssen, die Krankenkasse um Nachsendung zu bitten. Der schuldhafte Verzicht auf die im Merkblatt enthaltenen Informationen führt zum Ausschluss des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Befreiung von der Versicherungspflicht in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR).
Die Klägerin stellte am 13.09.2006 einen Antrag auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Bis zum 19.04.2007 bezog sie Krankengeld. Mit Bescheid der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 15.05.2007 wurde ihr rückwirkend ab Juli 2006 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung bewilligt. Am 25.05.2007 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie seit Rentenbeginn in der Krankenversicherung der Rentner pflichtversichert ist, und wies auf das Beratungsblatt "Als Rentner TK-versichert" hin.
Mit Schreiben vom 29.09.2007 wandte sich die Klägerin an die Beklagte. Sie habe erst kürzlich davon erfahren, dass sie über ihren Ehemann beihilfeberechtigt sei, wenn ihr Einkommen unter 18.000 Euro jährlich liege. Mit Bescheid der Rheinischen Versorgungskassen vom 11.09.2007 sei ihr die Höhe der betrieblichen Altersversorgung mitgeteilt worden, so dass nunmehr feststehe, dass sie diesen Grenzbetrag einhalte. Derzeit prüfe die private Krankenversicherung, bei der sie seit vielen Jahren zusatzversichert sei, ob und zu welchen Konditionen sie sich dort privat versichern könne. Nach Abschluss der dortigen Prüfung werde sie sich mit der Beklagten umgehend in Verbindung setzen. Am 17.10.2007 beantragte sie die Befreiung von der Versicherungspflicht.
Mit Bescheid vom 22.10.2007 lehnte die Beklagte den Antrag ab, weil er nicht fristgerecht gestellt worden sei. Die Klägerin sei mit Schreiben vom 25.05.2007 über die Versicherungspflicht informiert worden. Dem sei ein Merkblatt beigefügt gewesen, aus dem sich die Möglichkeit der Befreiung innerhalb von drei Monaten nach Beginn der Versicherungspflicht ergeben habe.
Hiergegen erhob die Klägerin am 24.10.2007 Widerspruch. Sie sei ohne ihr Verschulden nicht in der Lage gewesen, die dreimonatige Frist einzuhalten. Sie habe erst durch einen Versicherungsvertreter von der Befreiungsmöglichkeit erfahren. Sie habe zwar das Schreiben vom 25.05.2007, nicht aber das Beratungsblatt erhalten. Es sei auch nicht erkennbar gewesen, dass das Merkblatt wichtige Hinweise für die Befreiungsmöglichkeit enthalten würde. Hilfsweise sei ihr Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Auch ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch stehe im Raum. Weder der Rentenversicherungsträger noch die Beklagte hätten sie darüber informiert, dass sie sich von der Versicherungspflicht befreien lassen könne. Es habe mit der Bewilligung der Erwerbsminderungsrente ein konkreter Anlass bestanden, die Klägerin hierüber zu beraten. Die Möglichkeit der privaten Krankenversicherung sei wichtig für sie, da sie von einem Arzt behandelt werde, der keine Kassenzulassung habe.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 12.12.2007 zurück. Die Versicherungspflicht in der KVdR habe rückwirkend mit dem Rentenbeginn eingesetzt, sei aber zunächst durch die Vorrangversicherung im Rahmen der Krankengeldzahlung überlagert worden. Die fehlende Kenntnis der Klägerin sei unerheblich und könne nicht zur Wiedereinsetzung führen. Sie sei nicht mit einem Beratungsgesuch an die Beklagte herangetreten. Angesichts dessen, dass die Klägerin seit Beginn ihrer Mitgliedschaft über 30 Jahre als Arbeitnehmerin pflichtversichertes Mitglied war, habe keine Veranlassung bestanden, sie auf die Befreiungsmöglichkeit gezielt hinzuweisen. Die Beklagte habe keine Kenntnis darüber gehabt, ob die Klägerin eine Beihilfeberechtigung habe oder haben könnte. Insofern habe allenfalls ein Beratungsfehler der Beihilfestelle bestanden, der der Beklagten aber nicht zugerechnet werden könne. Das Beratungsblatt sei dem Schreiben vom 25.05.2007 maschinell beigefügt worden, daher sei es unwahrscheinlich, dass die Klägerin e...