Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung: Anerkennung eines Arbeitsunfalls, Anforderung an die Annahme eines Wegeunfalls. zeitliche Grenze einer zulässigen Unterbrechung des Arbeitsweges
Orientierungssatz
Wurde ein Weg von der Arbeit nach Hause um mehr als zwei Stunden durch den Arbeitnehmer unterbrochen (hier: Wahrnehmung eines Anwaltstermins), kann ein bei Fortsetzung des Heimwegs eingetretener Wegeunfall nicht mehr als Arbeitsunfall bewertet werden, da mit der zeitlichen Überschreitung der Zusammenhang zur Arbeitstätigkeit entfällt.
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Der Rechtsstreit wird um die Anerkennung des Ereignisses vom 04.05.2016 als Arbeitsunfall im Sinne von § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII geführt.
Die 1965 geborene Klägerin zog sich am 04.05.2016, um 18:15 Uhr, bei einem Autounfall eine Thoraxprellung, eine Halswirbelsäulen- und eine Brustwirbelsäulenprellung zu.
Die Beklagte ermittelte nach Kenntnisnahme des Unfalls durch die Mitteilung der Klägerin vom 06.06.2016 den Sachverhalt.
Die Klägerin befand sich an diesem Tage zum Zwecke der Wiedereingliederung bei ihrem Arbeitgeber. Sie arbeitete die vereinbarten Stunden von 10 bis 14 Uhr. Gegen 14:10 Uhr verließ die Klägerin das Mitgliedsunternehmen und ging zu ihrem Rechtsanwalt. Dort hielt sie sich von 15 Uhr bis 17 Uhr auf. Auf dem Weg nach Hause erlitt sie dann gegen 18:15 Uhr diesen Autounfall.
Mit Bescheid vom 28.10.2016 lehnte die Beklagte die Anerkennung eines Arbeitsunfalles ab. Ein Wegeunfall sei nicht anzuerkennen. Es fehle an dem inneren Zusammenhang zwischen Zurücklegen des Weges und der versicherten Tätigkeit, wenn der Weg aus eigenwirtschaftlichen Gründen unterbrochen oder durch einen Um- oder Abweg wesentlich verlängert worden sei. Der unmittelbare Heimweg von der Arbeit sei für mehr als zwei Stunden unterbrochen worden, um einen privaten Termin bei dem Anwalt in B Stadt wahrzunehmen. Die Unterbrechung habe allein privaten Zwecken gedient.
Eine Unterbrechung des Weges umfasse sowohl eine räumliche Abweichung als auch eine zeitliche Komponente und bestehe im Einschieben persönlicher, für die Zurücklegung nicht erforderlicher Handlungen. Die Unterbrechung des Weges allein aus eigenwirtschaftlichen Zwecken, die mit der versicherten Fortbewegung nicht übereinstimmten, führe so lange zur Unterbrechung des Versicherungsschutzes, bis die Fortbewegung in Richtung auf das ursprüngliche Ziel wieder aufgenommen werde. Nach Beendigung der Unterbrechung lebe - trotz zeitlicher Verschiebung eines Teils des Weges aus persönlichen Gründen - mit dem Fortsetzen des Weges der Versicherungsschutz im Allgemeinen wieder auf. Dies sei allerdings dann ausgeschlossen, wenn aus der Art der Verrichtung während der Unterbrechung des Weges eine Beendigung der betriebsbedingten Kausalkette bei natürlicher Betrachtungsweise anzunehmen sei. Abgrenzungskriterium sei eine Zeitgrenze von zwei Stunden.
Der Unfall habe sich zwar auf dem direkten Heimweg von der Arbeitsstelle befunden. Jedoch sei eine Unterbrechung des direkten Nachhauseweges von mehr als zwei Stunden erfolge, um einen Termin bei einem Anwalt wahrzunehmen. Auf dem anschließenden Weg nach Hause bestehe daher kein Versicherungsschutz mehr. Der versicherte Weg sei durch die Unterbrechung von mehr als zwei Stunden endgültig beendet worden.
Den klägerischen Widerspruch vom 25.11.2016 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 09.05.2017 zurück. Die Klägerin habe sich zwar auf dem unmittelbaren Weg zwischen der Arbeitsstätte und ihrer Wohnung befunden, jedoch habe sie die versicherte Tätigkeit unterbrochen. Der Besuch des Rechtsanwaltes sei eine private, unversicherte Tätigkeit gewesen. Der Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit ende durch die Unterbrechung mit einer unversicherten Tätigkeit. Der Heimweg wäre nur dann versichert gewesen, wenn die Klägerin ihn binnen zwei Stunden, als bis 16:10 Uhr, angetreten hätte. Wenn der Versicherte den ursprünglich angetretenen Weg nach Beendigung der eigenwirtschaftlichen Verrichtung wieder aufnehme, handele es sich nur dann erneut um einen versicherten Weg, wenn nach Dauer und Art der Unterbrechung keine endgültige Lösung vom Zurücklegen des Weges als der versicherten Tätigkeit vorliege. Es gelte eine zeitliche Grenze von zwei Stunden, bis zu der der Antritt oder die Fortsetzung des Weges wieder eine versicherte Tätigkeit werde. Werde die genannte Zeitgrenze überschritten, sei die versicherte Tätigkeit grundsätzlich endgültig beendet.
Die Klägerin hat am 02.06.2017 Klage beim Sozialgericht Fulda erhoben.
Die Klägerin ist der Ansicht, dass das Ereignis vom 04.05.2016 als Arbeitsunfall im Sinne von § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII anzuerkennen sei.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 28.10.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.05.2017 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, das Ereignis vom 04.05.2016 als Arbeitsunfall im Sinne von § 8 Abs. 2 N...