Entscheidungsstichwort (Thema)
bedarfsorientierte Grundsicherung. Berücksichtigung von Einkommen. Anrechnung von Kindergeld. volljähriges behindertes Kind
Orientierungssatz
1. Auch bei Bezug von Leistungen nach dem GSiG scheidet regelmäßig eine Anrechnung von Kindergeld als Einkommen des nicht bezugsberechtigten Kindes aus.
2. Das Kindergeld ist lediglich dann als Einkommen des Kindes zu berücksichtigen, wenn ihm der Kindergeldberechtigte diesen Vorteil tatsächlich zugewendet hat oder seinen Bedarf speziell aus dem Kindergeld bestreitet (vgl BVerwG vom 8.2.1980 - 5 C 61/78 = BVerwGE 60, 18).
3. Wenn eine Heimunterbringung Raum lässt für die besondere Zweckbestimmung des Kindergeldes, zur wirtschaftlichen Entlastung von kindbedingten Mehrkosten der allgemeinen Lebensführung beizutragen (vgl BVerwG vom 22.12.1998 - 5 C 25/97 = BVerwGE 108, 222), so muss dies gleichermaßen gelten, wenn das behinderte Kind mit seinen Eltern in häuslicher Gemeinschaft lebt.
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Anrechnung des an die Mutter des Klägers gezahlten Kindergeldes auf die ihm gewährten Leistungen nach dem Grundsicherungsgesetz.
Der ... 1966 geborene Kläger ist dauerhaft erwerbsunfähig und lebt im Haushalt seiner Mutter.
Die Beklagte gewährte dem Kläger mit Bescheid vom 31.07.2003 Leistungen nach dem Grundsicherungsgesetz für die Zeiträume ab dem 01.02. bis 31.08.2003 in Höhe von monatlich 11.672,07 Euro. Es folgten mehrere Folgebescheide. Mit Bescheid vom 22.12.2004 berücksichtigte die Beklagte bei ihrer Berechnung Kindergeld in Höhe von 154,- Euro als Einkommen des Klägers.
Gegen den Bescheid vom 22.12.2004 legte der Kläger Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid vom 26.01.2005 mit der Begründung zurückgewiesen wurde, dass nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW, Urteil vom 26.09.2002, Az.: 16 A 4104/00) Kindergeld bedarfsmindernd zu berücksichtigen sei mit einer unwiderlegbaren Vermutung der Vorteilszuwendung zu Gunsten des Kindes. Das gezahlte Kindergeld sei zwar nicht als Einkommen wohl aber bedarfsmindernd zu berücksichtigen, da es nach § 31 Einkommensteuergesetz als steuerliche Freistellung eines Einkommensteuerbetrages in Höhe des Existenzminimums eines Kindes einschließlich der Bedarf für Betreuung und Erziehung oder Ausbildung gewährt würde.
Hiergegen hat der Kläger am 09.05.2005 Klage erhoben.
Der Kläger beantragt schriftsätzlich,
die Beklagte zu verurteilen, unter Aufhebung des Bescheides vom 22.12.2004 in der Form des Widerspruchsbescheides vom 26.01.2005 dem Kläger Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung ohne Anrechnung des Kindergeldes zu gewähren.
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Klage abzuweisen.
Sie hält an der getroffenen Verwaltungsentscheidung fest und verweist auf die Rechtsprechung des OVG NRW.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den der von der Beklagten beigezogenen Verwaltungsakte verwiesen, die Gegenstand der Entscheidung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Die Kammer konnte die Streitsache ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) entscheiden, da sich die Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben.
Die Klage ist zulässig und begründet.
Der Kläger hat Anspruch auf zusätzliche Leistungen nach den §§ 2, 3 des Gesetzes über die bedarfsorientierte Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (GSiG) in der Fassung von Art. 12 des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung und zur Förderung eines kapitalgedeckten Altersvorsorgevermögens vom 26.06.2001 (BGBl. I Seite 1310, 1335), geändert durch Gesetz zur Verlängerung von Übergangsregelungen im Bundessozialhilfegesetz vom 27.04.2002 (BGBl. I Seite 1462), über die durch den Bescheid der Beklagten vom 22.12.2004 bewilligten Leistungen hinaus.
Unter Missachtung der eindeutigen und längeren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hat die Beklagte in unrechtmäßiger Weise das an die Eltern des Klägers gezahlte Kindergeld anspruchsmindernd bei den Berechnungen der Grundsicherungsleistungen berücksichtigt. Hierfür findet sich keine Rechtsgrundlage.
Ein Behinderter hat Anspruch auf Grundsicherungsleistungen, wenn er seinen Lebensunterhalt nicht aus eigenem Einkommen und Vermögen beschaffen kann. Anspruchsgrundlage hierfür sind die §§ 2 Abs. 1 Satz 1, 3 Abs. 1 und 2 GSiG i. V. m. §§ 76 ff. BSHG. Danach haben Behinderte im Sinne von § 1 Nr. 2 GSiG Anspruch auf Leistungen, soweit sie ihren Lebensunterhalt nicht aus ihrem Einkommen und Vermögen beschaffen können, wobei zum Einkommen alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert zählen, die dem Hilfesuchenden im Bedarfszeitraum zufließen (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.02.1999, Az.: 5 C 35/97).
Das nach § 31 EStG und §§ 62 ff. EStG gezahlte Kinde...