Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Krankengeld. maßgeblicher Bemessungszeitraum. Nichtberücksichtigung von Änderungen nach Eintritt des Versicherungsfalls
Leitsatz (amtlich)
Maßgeblicher Bemessungszeitraum für das der Berechnung der Höhe des Krankengelds zugrunde gelegte Regelentgelt ist der vor Eintritt des Versicherungsfalls “Arbeitsunfähigkeit„ liegende letzte Entgeltabrechnungszeitraum. Änderungen der Höhe des Arbeitsentgelts nach Eintritt des Versicherungsfalls in der Phase der Entgeltfortzahlung sind nicht relevant.
Tenor
1. Der Bescheid der Beklagten vom 09.05.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.07.2006 wird aufgehoben.
Die Beklagte wird verurteilt, das Krankengeld vom 08.06.2005 bis 15.05.2006 nach dem vor dem 07.12.2004 zuletzt abgerechneten Arbeitsentgelt des November 2004 zu berechnen.
2. Die Beklagte hat dem Kläger seine notwendigen außergerichtlichen Kosten in gesetzlich zulässigem Umfang zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Höhe des Krankengeldes des Klägers für die Zeit vom 08.06.2005 bis zum 15.05.2006.
Der 1950 geborene Kläger war Verwaltungsangestellter bei der Agentur für Arbeit G. Am 07.12.2004 erkrankte er arbeitsunfähig und bezog vom 07.12. bis zum 07.06.2005 Entgeltfortzahlung von Seiten seines Arbeitgebers. In der Zeit vom 08.06.2005 bis zum 15.05.2006 erhielt er von der Beklagten Krankengeld.
Nach einer Verdienstbescheinigung seines Arbeitgebers vom 27.05.2005 betrug das Entgelt des Klägers im zuletzt abgerechneten Entgeltabrechnungszeitraum vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit für die Zeit vom 01.12.2004 bis zum 31.12.2004 2823,10 EUR brutto bzw. 1705,54 EUR netto. Ab dem 01.05.2005 war zwischen dem Kläger und seinem Arbeitgeber Altersteilzeit vereinbart mit einer Freistellungsphase ab dem 01.08.2007, so dass der Kläger ab dem 01.02.2005 nur ein gekürztes Entgelt erhielt in Höhe von 1439,05 EUR brutto bzw. 1042,17 EUR netto. Ab dem 01.02.2005 erhielt der Kläger auf der Basis dieses gekürzten Entgeltes die Entgeltfortzahlung.
Die Beklagte berechnete die Höhe des Krankengeldes aus dem wegen der Altersteilzeit gekürzten ab 01.02.2005 gezahlten Entgelt in Höhe von 1439,05 EUR brutto.
Mit Bescheid der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 03.11.2005 wurde dem Kläger Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ab dem 01.01.2005 in Höhe von 516,87 EUR im Monat bewilligt. Aufgrund des Bezugs der Erwerbsminderungsrente wurde der Altersteilzeitvertrag zwischen dem Kläger und seinem Arbeitgeber rückwirkend aufgelöst. Der Kläger beantragte daher die Nachzahlung des Krankengeldes auf der Basis des Entgelts für November 2004. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit formlosem Bescheid vom 09.05.2006 ab, da die Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber ab 01.02.2005 in Höhe des vereinbarten Entgelts für die Altersteilzeit geleistet worden sei, das Krankengeld sei nach dem tatsächlich gezahlten Entgelt zu berechnen.
Hiergegen erhob der Kläger am 15.05.2006 Widerspruch und führte aus, das Krankengeld sei aus dem Regelentgelt vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit zu zahlen, das sei das Entgelt aus Dezember 2004.
Mit Widerspruchsbescheid vom 21.07.2006 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Sie begründet dies damit, dass das Krankengeld aus dem zuletzt bezogenen Nettoentgelt gezahlt worden sei, eine höhere Krankengeldzahlung sei nicht möglich. Gemäß § 47 Abs. 2 Satz 4 SGB V sei Krankengeld auf der Basis des durch die Altersteilzeitregelung ab 01.02.2005 reduzierten Arbeitsentgelts zu berechnen; die rückwirkende Aufhebung der Altersteilzeitvereinbarung sei nicht zu berücksichtigen.
Hiergegen hat der Kläger am 31.07.2006 Klage zum erkennenden Gericht erhoben.
Der Kläger begehrt die Berechnung des Krankengelds nach dem vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit abgerechneten Arbeitsentgelt.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 09.05.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.07.2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, das Krankengeld vom 08.06.2005 bis 15.05.2006 nach dem vor dem 07.12.2004 zuletzt abgerechneten Arbeitsentgelt des November 2004 zu berechnen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte trägt vor, der Gesetzgeber habe mit § 47 Abs. 2 Satz 4 SGB V sicherstellen wollen, dass bei flexiblen Arbeitszeitmodellen das Krankengeld nur auf der Basis des tatsächlich gezahlten Entgelts berechnet würde. Nach einer Vereinbarung der Spitzenverbände zur einheitlichen Rechtsanwendung sei nach dem Ablauf der Entgeltfortzahlung Krankengeld auf Basis der dann aktuellen Verhältnisse zu zahlen, wenn Arbeitsunfähigkeit vor Beginn der flexiblen Altersteilzeitregelung eingetreten sei und noch Entgeltfortzahlungsansprüche über den Beginn der flexiblen Arbeitszeitregelung hinaus bestünden. Dies entspreche der Entgeltersatzfunktion des Krankengeldes und führe dazu, dass Versicherte, die vor oder im ersten Monat der flexiblen Arbeitszeitregelung erkranken nicht besser gestellt würden als Versicherte, die erst ab dem zweiten Monat erkrankten.
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