Entscheidungsstichwort (Thema)
Versorgung des erwerbsgefährdeten Versicherten mit einem Hörgerät als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben durch den Rentenversicherungsträger
Orientierungssatz
1. Die persönlichen Voraussetzungen zur Versorgung eines Versicherten mit einem Hörgerät sind nach § 10 Abs. 1 SGB 6 erfüllt, wenn durch dessen Schwerhörigkeit seine Erwerbsfähigkeit zumindest erheblich gefährdet ist. Das ist dann der Fall, wenn die konkret von ihm ausgeübte Tätigkeit ohne adäquaten Ausgleich nicht weiter verrichtet werden kann.
2. Eine allgemeine Tätigkeitsbeschreibung des ausgeübten Berufs des Versicherten genügt nicht, um die persönlichen Voraussetzungen zu beurteilen. Bei einem als Erzieher tätigen Versicherten ist die Auseinandersetzung erforderlich, ob er mit einer lediglich unzureichenden Verbesserung des Hörvermögens noch in der Lage ist, seinen Arbeitsaufgaben in vollem Umfang gerecht zu werden.
3. Das vom Rentenversicherungsträger zu gewährende Hörgerät muss zur erforderlichen Verbesserung des Hörvermögens geeignet und zweckmäßig sein. Erbringt ein bestimmtes Hörgerät eine Verständlichkeit von 100 %, so muss sich der Versicherte auf die Versorgung mit einem Hörgerät von 80%-iger Verständlichkeit nicht verweisen lassen.
Tenor
Der Bescheid der Beklagten vom 17.08.2011 in Gestalt des Widerspruchbescheides vom 14.11.2011 wird aufgehoben.
Die Beklagte wird verurteilt die Versorgung mit den Hörgeräten links und rechts vom Typ KINDalaPlusHP-Quar mit den Otoplastiken HdO links und rechts zu übernehmen.
Die Beklagte hat der Klägerin deren notwendige außergerichtliche Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Versorgung mit Hörgeräten als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben.
Die ... 1955 geborene Klägerin, die bei der Beigeladenen krankenversichert ist, ist als Erzieherin in einer Tagesgruppe beschäftigt, die 6-8 verhaltensauffällige Kinder umfasst. Seit Anfang der 90iger Jahre ist bei ihr eine Schwerhörigkeit bekannt.
Am 11.03.2011 verordnete die HNO-Ärztin Dipl.-Med. G. eine beidseitige Neuversorgung mit Hörgeräten wegen der unzureichenden Hörverstärkung durch die bisherigen Geräte. Nach dem Angebot des Hörgeräteakustikers vom 27.05.2011 sollen sich die Kosten für die Versorgung mit den Hörgeräten des Typs KINDalaPlusHP und den Otoplastiken auf insgesamt 4729,80 EUR belaufen, wobei auf die Klägerin ein Betrag in Höhe von 3537,00 EUR entfällt. Dipl.-Med. G. bestätigte am 01.08.2011 eine ausreichende Hörverbesserung durch die vorgeschlagene Hörhilfe und hielt diese Geräte daher für zweckmäßig.
Am 03.08.2011 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Versorgung mit diesen Hörgeräten und fügte eine Bescheinigung ihres Arbeitgebers bei, nach der aufgrund der Tätigkeit in einer sozialpädagogischen Tagesgruppe eine Grundversorgung mit Hörgeräten nicht ausreiche. Die Tätigkeit sei von einem hohen Nebengeräuschpegel begleitet und die Klägerin müsse die Kindergruppe beaufsichtigen und anleiten. Ferner sei sie darauf angewiesen, auch im Rahmen von Einzelgesprächen auf Nebengeräusche differenziert einzugehen und adäquat reagieren zu können. Aus einem Befundbericht von Dipl.-Med. G. vom 07.04.2011 ergibt sich eine Innenohrschwerhörigkeit beidseits mit einem Hörverlust auf dem rechten Ohr von 60-70 dB sowie auf dem linken Ohr von 70 dB mit einer zusätzlichen Schallleistungskomponente.
Mit Bescheid vom 17.08.2011 lehnte die Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, dass keine besondere berufliche Notwendigkeit für die Versorgung mit den Hörgeräten erkennbar sei. Auch im Privatleben sei die Klägerin auf entsprechende Hörhilfen angewiesen, so dass es sich um eine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung handele. Mit dem Schreiben vom gleichen Tag leitete sie daher den Vorgang an die BARMER GEK weiter, die der Beklagten antwortete, dass die Klägerin ein besonderes Erfordernis der Höherwertigkeit im Hinblick auf ihre berufliche Tätigkeit geltend gemacht und aus diesem Grund den Antrag auf Teilhabe am Arbeitsleben gestellt habe.
Gegen den Ablehnungsbescheid vom 17.08.2011 erhob die Klägerin am 21.09.2011 Widerspruch, fügte das Hörprotokoll vom 07.09.2011 bei und führte aus, dass sie die benannten Hörgeräte getestet und mit anderen Hörgeräten verglichen habe. Der größtmögliche Ausgleich des Hörverlustes sei mit eben diesen Hörgeräten möglich. Ferner ließen diese ein Hören ohne Rückkoppelungseffekte und eine Verständigung nicht nur im Einzelgespräch vor einer geräuscharmen Kulisse zu. Sie sei auf die bestmögliche Versorgung mit Hörhilfen angewiesen, um ihren Arbeitsplatz erhalten zu können und damit ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Ferner beschrieb sie die konkrete Tätigkeit, zu der auch der Transport der Kinder in einem Kleinbus im öffentlichen Straßenverkehr gehöre. Während des Transportes habe sie die volle Verantwortung für die Kinder zu tragen und sei daher auf ein präzises Hören angewiesen. Eine Grundversorgung mit Hörgeräten reiche in ihrem Berufsfeld nicht aus, denn bei unzureichender Vers...