Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Einkommenseinsatz. Absetzung der Beiträge zur Hausratversicherung
Leitsatz (amtlich)
Der Höhe nach angemessene Beiträge zur Hausratversicherung sind als “dem Grunde nach angemessen„ vom Einkommen abzusetzen, auch wenn die Hausratversicherung erst nach Beginn des Leistungsbezugs abgeschlossen wurde.
Tenor
1. Der Bescheid der Beklagten vom 30.3.2007 und der Widerspruchsbescheid vom 13.9.2007 werden aufgehoben.
2. Die Beklagte wird verpflichtet, bei der Anrechnung des Einkommens des Klägers Beiträge für die Hausratversicherung des Klägers in Höhe von derzeit jährlich 25,- € seit März 2007 einkommensmindernd zu berücksichtigen, so lange die derzeitige Wohnung bewohnt wird.
3. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers dem Grunde nach.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte bei der Anrechnung des Einkommens des Klägers (ca. 180,- € brutto monatlich aus Tätigkeit in einer Werkstatt für Behinderte) Beiträge zur Hausratversicherung in Höhe von derzeit 25,- € einkommensmindernd berücksichtigen muss.
Der Kläger, der am 30.1.1982 geboren ist, bezieht seit Jahren Leistungen der Sozialhilfe bzw. inzwischen Grundsicherung nach dem SGB XII.
Am 27.3.2007 beantragte er durch seine Betreuerin, Beiträge für die am 23.1.2007 abgeschlossenen Haftpflicht- und Hausratversicherungen von seinem Einkommen abzuziehen.
Mit Bescheid vom 30.3.2007 lehnte die Beklagte den Antrag ab, da der Kläger die Versicherungen erst nach Beginn des Sozialhilfebezugs abgeschlossen habe.
Den hiergegen gerichteten Widerspruch vom 20.4.2007 wies die Beklagte hinsichtlich der Beiträge zur Hausratversicherung mit Widerspruchsbescheid vom 13.9.2007 zurück, nachdem sie den Abzug von Beiträgen zur Haftpflichtversicherung im Widerspruchsverfahren unter Hinweis auf die von der zuständigen Fachbehörde mit Wirkung ab 2.6.2005 geänderte so genannte “Konkretisierung zu § 82 SGB XII (im Folgenden: Konkretisierung)„ anerkannt hatte.
In der Konkretisierung zu § 82 SGB XII heißt es zur Frage der Angemessenheit dem Grunde nach für den Abzug von Versicherungsbeiträgen unter Ziffer 3.2.1.1.3:
“Haftpflicht-, Hausrat, Einbruch-Diebstahl, Feuer-, Wasserschaden-, Glasbruch- und ähnliche Versicherungen, soweit die Beiträge nicht bereits bei der Ermittlung der Einkünfte berücksichtigt worden sind. Soweit Beiträge für eine vor Eintritt der Hilfe zum Lebensunterhalt abgeschlossene Hausratversicherung dem Grunde nach gemäß § 82 SGB XII vom Einkommen (z.B. auch Kindergeld und Wohngeld) abzusetzen sind, kann eine Versicherungssumme von 650 Euro je Quadratmeter Wohnfläche als Richtwert für die Prüfung der Angemessenheit des Vertrages gelten.„
und unter Ziffer 3.3.2:
“Versicherungen können grundsätzlich nur dann anerkannt werden, wenn sie vor Eintritt der Leistungsberechtigung bereits bestanden haben. Während des Bezuges von Hilfe zum Lebensunterhalt oder von Grundsicherungsleistungen abgeschlossene derartige Versicherungen können grundsätzlich auch dann nicht berücksichtigt werden, wenn Hilfebeziehende über eigenes Einkommen im Sinne von § 82 SGB XII verfügen. Ausnahme ist eine private Haftpflichtversicherung. Diese kann auch als vom Einkommen absetzbar anerkannt werden, wenn sie während des Leistungsbezugs abgeschlossen wird.„
Zur Begründung führte die Beklagte unter Bezugnahme auf die “Konkretisierung„ aus, die Differenzierung zwischen Haftpflicht- und Hausratversicherung sei sachlich zu begründen. Eine fehlende Haftpflichtversicherung belaste den Betroffenen auf Dauer, weswegen eine solche Versicherung im Rahmen der Daseinsvorsorge anzuerkennen sei, auch wenn sie erst nach Beginn des Sozialhilfebezugs abgeschlossen worden sei. Dasselbe gelte aber nicht für die Hausratversicherung.
Mit der Klage vom 12.10.2007 verfolgt der Kläger sein Interesse weiter unter Hinweis auf die einschlägige Kommentarlage und Rechtsprechung, wonach auch der Abzug von Beiträgen zur Hausratversicherung als “angemessen„ im Sinne des § 82 II Nr. 3 SGB XII angesehen werde. Sie entspräche hier auch der Höhe nach dem, was in bescheidenen Verhältnissen lebende Bürger in vergleichbaren Lebenslagen ebenfalls als sinnvoll erachteten. Darüber hinaus sei mit der Rechtsprechung anzunehmen, auch der Abschluss solcher Versicherungen sei sinnvoll und angemessen, die ein Risiko absicherten, bei dessen Eintritt die Lebensführung belastet werde. Das gelte nicht nur für die Haftpflicht-, sondern auch für die Hausratversicherung. Eine Differenzierung danach, ob die Versicherung vor oder nach Beginn des Bezugs öffentlicher Leistungen abgeschlossen worden sei, sei weder aus dem Gesetz noch aus der Rechtsprechung abzuleiten. Sie sei eine wirtschaftlich sinnvolle Absicherung und damit berechtigte Daseinsvorsorge.
Der Bevollmächtigte des Klägers beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 30.3.2007 und den Widerspruchsbescheid vom 13.9.2007 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, bei der Anrechnung des Einkommens des Klägers die jährlich ...