Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. einstweiliger Rechtsschutz. Regelungsanordnung. Zuständigkeit der BA als zweitangegangener Rehabilitationsträger. Hilfe zur Erziehung. Heimunterbringung. Kostenübernahme. heiminterne Ausbildung
Orientierungssatz
Eine Leistungspflicht der Bundesagentur für Arbeit (BA) ergibt sich im einstweiligen Rechtsschutzverfahren bei Glaubhaftmachung des Anordnungsgrund auch dann, wenn der erstangegangene Rehabilitationsträger hinsichtlich der Kostenübernahme für heiminterne Ausbildungskosten seine Zuständigkeit verneint und den Antrag an die BA weitergeleitet hat, da die BA als Folge der Zuständigkeitszuweisung gem § 14 Abs 2 SGB 9 2018 auch einen Rehabilitationsbedarf nach sonstigen Rechtsgrundlagen festzustellen hat.
Tenor
Die Antragsgegnerin wird im Rahmen der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig für die Zeit vom 19. August 2019 bis 31. Januar 2020 die heiminternen Ausbildungskosten einer Ausbildung zum Bäckereifachverkäufer in Höhe von 60,98 EUR pro Betreuungstag zu gewähren. Die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers haben die Antragsgegnerin und der Beigeladene jeweils zur Hälfte zu tragen.
Gründe
I. Zwischen den Beteiligten steht in Streit, ob die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten ist, dem Antragsteller vorläufig die Kosten einer heiminternen Ausbildung zum Bäckereifachverkäufer mit Richtung Bio- und Hofladen zu gewähren.
Der ... geborene Antragsteller wird seit Jahren wegen diverser psychischer Erkrankungen behandelt (Computersucht, ADHS, hyperkinetische Störung des Sozialverhaltens, gemischte depressive Angststörung, Depression, Borderlinestörung mit Selbstverletzungstendenz etc.) und ist seit 28. März 2018 im Rahmen der stationären Hilfeleistung im ... in ... untergebracht. Er besuchte dort zunächst die einrichtungseigene Haupt- und Förderschule und erwarb im Schuljahr 2018/2019 den Hauptschulabschluss. Im Anschluss bewarb er sich erfolgreich für die im ... stattfindende heiminterne Ausbildung zum Bäckereifachverkäufer mit Richtung Bio- und Hofladen.
Durch Bescheid vom 22. März 2018 bewilligte der Beigeladene dem Antragsteller Hilfe zur Erziehung in Form vom Heimerziehung nach § 34 Achtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII) im ... bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres (monatliche Kosten: 5.000,00 EUR).
Mit Schreiben vom 5. Juni 2018 - beim Beigeladenen am 12. Juni 2019 eingegangen - beantragte der Antragsteller bei dem Beigeladenen die Kostenübernahme der heiminternen Ausbildung.
Die Kosten für die heiminterne Ausbildung belaufen sich nach der Entgeltvereinbarung zwischen dem ... und dem Beigeladenen (Bl. 39 ff. d.A.) nach § 2 der Vereinbarung auf 52,55 EUR Regelleistung und 8,43 EUR Investitionsbedarf pro Betreuungstag (insg. 60,98 EUR).
Die Ausbildung beginnt am 19. August 2019.
Den Antrag leitete der Beigeladene mit Schreiben vom 21. Juni 2019 an die Antragsgegnerin weiter.
Einen rechtsmittelfähigen Bescheid gegenüber dem Antragsteller hat die Antragsgegnerin bislang nicht erlassen, jedoch dem Antragsteller wohl lediglich per E-Mail und telefonisch mitgeteilt, dass sie die heiminternen Ausbildungskosten nicht tragen werde.
Der Antragsteller begehrt sinngemäß,
die Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung vorläufig zu verpflichten, die heiminternen Ausbildungskosten für die am 19. August 2019 beginnende Ausbildung zum Bäckereifachverkäufer mit Richtung Bio- und Hofladen in Höhe von 60,98 EUR pro Betreuungstag ab dem 19. August 2019 bis zu übernehmen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzuweisen.
Der Beigeladene ist der Auffassung, dass die Antragsgegnerin sowohl für die Unterkunfts- als auch die Ausbildungskosten der richtige Kostenträger ist.
Vor einer behördlichen Kostenzusage wird der Ausbildungsvertrag durch das ... zurückgehalten.
Das Gericht hat den Rechtsstreit mit den Beteiligten am 16. August 2019 erörtert.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Akten der Antragsgegnerin und des Beigeladenen Bezug genommen.
II. Der zulässige Antrag ist begründet.
Nach § 86b Abs. 2 Satz. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall des Abs. 1 vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch die Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Abs. 2 Satz 2).
Vorliegend kommt für das Begehren auf Erbringung von Ausbildungsleistungen nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die - summarische - Prüfung der ...