Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialversicherungsrecht: Voraussetzung der Annahme einer einheitlichen Beschäftigung bei Wechsel von geringfügiger und kurzfristiger Beschäftigung in einem Landwirtschaftsbetrieb

 

Orientierungssatz

War ein Beschäftigter in einem landwirtschaftlichen Betrieb mit einem geringfügigen und anschließend mit einem kurzfristigen Beschäftigungsverhältnis zur Pflege und Aufzucht von Obstpflanzen und sodann zur Ernte der Früchte beschäftigt, so liegt in Bezug auf die Arbeitsverträge ein einheitliches Beschäftigungsverhältnis vor. Demnach ermittelt sich auch die Sozialversicherungspflicht aus der einheitlichen Betrachtung beider Beschäftigungsverhältnisse.

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen eine Beitragsnachforderung für den Zeitraum 01.01.2011 bis 31.12.2014.

Auf Grund einer bei dem Kläger in seinem landwirtschaftlichen Betrieb durchgeführten Betriebsprüfung für den Prüfzeitraum 01.01.2011 bis 31.12.2014 erhob die Beklagte mit Bescheid vom 17.06.2016 eine Nachforderung in Höhe von 5.346,76 EUR. Die Beitragsnachforderung betrifft die Beigeladene. Hierbei führte die Beklagte zur Begründung aus, die Beigeladene sei in 2011 bis 2013 abwechselnd geringfügig entlohnt, dann kurzfristig beschäftigt und wieder geringfügig entlohnt gewesen. Laut den vorliegenden Arbeitsstundenaufstellungen handele es sich nicht um völlig unabhängige Tätigkeiten: geringfügige Beschäftigung = Beeren pflanzen und ausbessern, Beeren anbinden und ausschneiden, kurzfristige Beschäftigung = Beeren (Erd- und Himbeeren) pflücken. D. h., es habe sich in diesen Jahren um ein einheitliches Beschäftigungsverhältnis gehandelt und daher liege ab dem Zeitpunkt der befristeten Beschäftigung Versicherungspflicht vor und es seien Gesamtsozialversicherungsbeiträge nach zu erheben.

Hiergegen erhob der Kläger am 14.07.2016 Widerspruch und machte geltend, bereits im Rahmen der Prüfung sei der Prüferin eindeutig und klar aufgezeigt worden, dass es sich sehr wohl um zwei völlig verschiedene Tätigkeiten handele. Bei der geringfügigen Beschäftigung seien Beeren angepflanzt bzw. ausgebessert worden, des weiteren seien Beerenkulturen in ihren Beständen gepflegt worden. Zur Erntezeit sei in diesem Bereich absolut keine Tätigkeit möglich. Auch sei der Zeitbedarf zur Erntezeit völlig anders zu beurteilen. Im Bereich der Ernte seien auch keine speziellen Kenntnisse erforderlich, wie sie in der geringfügigen Beschäftigung notwendig seien. Im Bereich der geringfügigen Beschäftigung sei die Arbeitnehmerin speziell für diese Tätigkeit geschult, die Erntetätigkeiten würden im Allgemeinen nur von rumänischen Arbeitskräften erledigt. Deshalb müssten diese Tätigkeiten von ihrer Funktion her im Betrieb streng unterschieden werden, die kurzfristig Beschäftigten seien letztendlich austauschbar. Mit Widerspruchsbescheid vom 20.12.2016 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, sofern im unmittelbaren Anschluss an eine geringfügig entlohnte (Dauer-) Beschäftigung bei demselben Arbeitgeber eine auf längstens zwei Monate befristete Beschäftigung vereinbart werde, sei von der wiederlegbaren Vermutung auszugehen, dass es sich um die Fortsetzung der bisherigen (Dauer-) Beschäftigung handele. Hieraus folge, dass bei einem Arbeitsentgelt von mehr als 450,00 EUR (bis 31.12.2012 400,00 EUR) im Monat vom Zeitpunkt der Vereinbarung der befristeten Beschäftigung an die Arbeitsentgeltgrenze überschritten werde und damit Versicherungspflicht eintrete. Bei einem monatlichen Arbeitsentgelt bis 450,00 EUR (bis 31.12.2012 400,00 EUR) liege durchgehend eine geringfügig entlohnte Beschäftigung vor. Dies gelte umso mehr, wenn sich an die befristete Beschäftigung wiederum unmittelbar eine (für sich betrachtet) geringfügig entlohnte Beschäftigung anschließe. Versicherungsfreiheit wegen Vorliegens einer kurzfristigen Beschäftigung komme in Fällen der in Rede stehenden Art nur dann in Betracht, wenn es sich bei den einzelnen Beschäftigungen um völlig voneinander unabhängige Beschäftigungsverhältnisse handele. Gleiches gelte, wenn zwischen dem Ende der geringfügig entlohnten Beschäftigung und dem Beginn der kurzfristigen Beschäftigung bei demselben Arbeitgeber ein Zeitraum von mindestens zwei Monaten liege. Dem Vortrag der Klägerin, es würden völlig voneinander unabhängige Beschäftigungsverhältnisse vorliegen, werde nicht gefolgt. Bei den Tätigkeiten "Beeren pflücken" und "Pflege der Pflanzenkulturen" handele es sich nicht um völlig voneinander unabhängige Tätigkeiten. Vielmehr handele es sich um einfachste Tätigkeiten im Obstanbau, die nicht in die von dem Kläger vorgetragenen Teiltätigkeiten atomisiert werden könnten.

Hiergegen hat der Kläger am 23.01.2017 Klage erhoben und den Vortrag aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt. Er vertritt die Auffassung, es wäre grob unbillig, die in sich völlig verschiedenartigen Tätigkeiten als eine einheitliche Dauerbeschäftigung zu werten.

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