Entscheidungsstichwort (Thema)
Einstweiliger Rechtsschutz. fehlende Glaubhaftmachung des Anordnungsanspruchs und -grundes. Sozialgeld. Mehrbedarf. unabweisbarer laufender besonderer Bedarf. FFP2-Masken während der Corona-Pandemie. minderjähriges Kind. Grundschulbesuch
Orientierungssatz
Bei der Darlegung eines Bedarfs (hier FFP2-Masken während der Corona-Pandemie) nach der Härtefallregelung des § 21 Abs 6 SGB 2 muss aufgezeigt werden, dass im konkreten Fall eine Lebenssituation eingetreten ist, aus der sich ergibt, dass Mehraufwendungen anfallen oder anfallen werden. Der bloße Verweis auf eine bestehende Maskenpflicht genügt von vornherein nicht, um einen Mehrbedarf nach § 21 Abs 6 SGB 2 zu begründen. Vielmehr ist eine individuelle Situation darzulegen, in der das Erfordernis, eine FFP2-Maske zu tragen, sich auch tatsächlich auswirkt.
Tenor
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt im Wege des Verfahrens über einstweiligen Rechtschutz die Versorgung mit FFP2-Masken, hilfsweise die vorläufige höhere Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in Form von Sozialgeld.
Der am … 2011 geborene Antragsteller lebt gemeinsam mit seinen 1982 und 1969 geborenen Eltern sowie den 2005, 2009 und 2016 geborenen Geschwistern in Karlsruhe. Die Familie steht im laufenden Leistungsbezug bei dem Antragsgegner.
Zuletzt bewilligte ihr der Antragsgegner mit Bescheiden vom 05.11.2020 und 21.11.2020 vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Zeit vom 01.11.2020 bis 30.04.2021, darunter für den Antragsteller Sozialgeld in Höhe von monatlich 121,14 € für die Monate November und Dezember 2020 sowie monatlich 117,09 € für die Folgemonate als Kosten der Unterkunft und Heizung.
Einen am 03.12.2020 erlassenen Bescheid über die Entziehung von Leistungen der gesamten Bedarfsgemeinschaft wegen Verletzung einer Mitwirkungspflicht hob der Antragsgegner nach Widerspruch mit Bescheid vom 04.01.2021 auf.
Am 14.02.2021 beantragte die Mutter des Antragstellers per Email unter Hinweis auf den Beschluss des Sozialgerichts Karlsruhe vom 11.02.2021 (S 12 AS 213/21 ER ≪juris≫) für die gesamte Familie für die Zeit vom 25.01.2021 bis 20.06.2021 pro Person wöchentlich 20 Stück FFP2-Masken unter Hinweis auf die aktuelle Corona-Verordnung des Landes Baden-Württemberg (CoronaVO). Hilfsweise gelte der Antrag ab dem 01.02.2021 und höchst hilfsweise ab dem 14.02.2021. Sie seien bislang in Vorleistung getreten und hätten sich die Masken selbst beschafft. Es werde dem Antragsgegner freigestellt, ihnen die Masken zur Verfügung zu stellen oder ihnen einen entsprechenden Mehrbedarf zu gewähren. Die Kosten beliefen sich auf 129,- € monatlich pro Person. Da sich ein Teil der Kinder ab dem 22.01.2021 (gemeint: 22.02.2021) im Wechselunterricht befinde und die Zulassung nur eine Tragezeit von 75 Minuten vorsehe, behalte sie sich vor, für ihre Schulkinder einen höheren Mehrbedarf geltend zu machen. Sie benötigten die Masken unverzüglich und dringend, und sie bitte um eine schnelle Bearbeitung. Mit Email vom 18.02.2021 erinnerte sie den Antragsgegner an die Bearbeitung des Antrags und wies auf den anstehenden Wechselunterricht sowie ihre Zugehörigkeit zu einer Risikogruppe hin.
Mit Bescheid vom 19.02.2021, adressiert an die Mutter des Antragstellers, lehnte der Antragsgegner den Antrag ab. Der Antrag werde von ihm als Überprüfung der Entscheidung vom 05.11.2020 gemäß § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) gewertet. Es sei nichts vorgetragen, was einen unabweisbaren laufenden besonderen Bedarf an FFP2-Masken rechtfertigen würde, der nicht bereits durch andere Leistungen gedeckt werde. Gemäß § 1 Abs. 1 und § 2 Coronavirus-Schutzmasken-Verordnung (SchutzmV) erhielten alle Bezieher von Arbeitslosengeld II und alle, die mit einer solchen Person in einer Bedarfsgemeinschaft im Sinne des § 7 Abs. 3 SGB II lebten, bis zum Ablauf des 06.03.2021 einen Anspruch auf einmalig zehn kostenlose FFP2-Masken, herauszugeben durch die Apotheken. Darüber hinaus erhielten aufgrund des Sozialschutzpakets III Leistungsbezieher, die für den Monat Mai 2021 Anspruch auf Arbeitslosengeld II hätten und deren Bedarf sich nach Regelbedarfsstufe 1 oder 2 (und 3, sofern bei diesen kein Kindergeld als Einkommen berücksichtigt werde) richtete, für das erste Halbjahr 2021 zum Ausgleich der mit der COVID-19-Pandemie in Zusammenhang stehenden Mehraufwendungen eine Einmalzahlung in Höhe von 150,- €.
Am 19.02.2021 hat der Antragsteller einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung beim Sozialgericht Karlsruhe gestellt.
Zur Begründung verweist er auf den Beschluss des Sozialgerichts Karlsruhe vom 11.02.2021. Er sei finanziell nicht in der Lage, die seit dem 25.01.2021 bestehende FFP2-Maskenpflicht zu erfüllen. Ein solcher Bedarf sei in den aktuellen Alg II-Sätzen nicht enthalten. Er weise auf die entsprech...