Entscheidungsstichwort (Thema)

Beitragsbemessung. beitragspflichtige Einnahmen. Arbeitsentgelt. Versicherungspflicht. geringfügige Beschäftigung. Gleitzone. Gesamtsozialversicherungsbeitrag. Arbeitgeberanteil. Analogie. Beitragsbemessung bei beitragspflichtigen Einnahmen unterhalb der Gleitzone. keine analoge Anwendung der Gleitzonenregelung bei Bestandsschutz durch Versicherungspflicht wegen persönlicher Entscheidung

 

Leitsatz (amtlich)

Die Regelungen über die Beitragsbemessung in der Gleitzone finden keine analoge Anwendung auf einen Beschäftigten mit einem Arbeitsentgelt unterhalb der Gleitzone, der aus Bestandsschutzgründen der Versicherungspflicht unterliegt.

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen für die Beigeladene Ziff. 1.

Die Klägerin betreibt einen Friseursalon. In den Jahren 2003 - 2005 stand die Beigeladene Ziff. 1 bei ihr in einem Beschäftigungsverhältnis. Das monatliche Bruttoarbeitsentgelt der Beigeladenen Ziff. 1 betrug durchgehend 332,24 €. Bei der Beitragsbemessung ging die Klägerin indes ab dem 1.4.2003 - unter Berufung auf die besonderen Berechnungsvorschriften über die Gleitzone - von einem reduzierten Bruttoarbeitsentgelt in Höhe von 199,24 € (ab dem 1.1.2004: 197,81 €) aus.

Nachdem die Beklagte bei der Klägerin eine Betriebsprüfung durchgeführt hatte, forderte sie von ihr mit Bescheid vom 25.4.2006 für die Beigeladene Ziff. 1 Beiträge zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung für die Zeit vom 1.4.2003 - 31.12.2005 in Höhe von insgesamt 1.888,95 € nach. Zur Begründung gab sie an, das Beschäftigungsverhältnis der Beigeladenen Ziff. 1 habe im streitigen Zeitraum der Versicherungspflicht unterlegen: Bis zum 31.3.2003 habe die Vergütung der Beigeladenen Ziff. 1 in Höhe von 332,24 € die Entgelt-Geringfügigkeitsgrenze überschritten. Zwar sei dies - nach Anhebung der Grenze auf 400 € - ab dem 1.4.2003 nicht mehr der Fall gewesen. Allerdings blieben Personen, die am 31.3.2003 in einer Beschäftigung versicherungspflichtig waren, in dieser Beschäftigung weiter versicherungspflichtig, wenn die Beschäftigung - wie hier - die Merkmale einer geringfügigen Beschäftigung gemäß § 8 SGB IV in der ab dem 1.4.2003 geltenden Fassung erfülle. Zu Unrecht habe die Klägerin indes die Beiträge für die Beigeladene Ziff. 1 nach den besonderen Regelungen über die Gleitzone berechnet. In die Gleitzone fielen nur solche Beschäftigungen, bei denen das Arbeitsentgelt zwischen 400,01 € und 800 € im Monat betrage. Das Arbeitsentgelt der Beigeladenen Ziff. 1 habe hingegen durchgehend darunter gelegen.

Hiergegen legte die Klägerin am 22.5.2006 Widerspruch ein. Sie machte geltend, entgegen der Auffassung der Beklagten seien die Beiträge für die Beigeladene Ziff. 1 nach den Regelungen über die Gleitzone zu bemessen. Mit der zum 1.4.2003 eingeführten Gleitzone wolle der Gesetzgeber den harten Übergang zwischen versicherungsfreier und (für den Arbeitnehmer) beitragsfreier geringfügiger Beschäftigung einerseits und versicherungspflichtiger Beschäftigung andererseits abmildern und auf diese Weise Mehrbeschäftigung fördern. Zu diesem Zweck werde das Arbeitsentgelt in der Gleitzone rechnerisch herabgesetzt; dabei steige es zwischen der Untergrenze (400,01 €) und der Obergrenze (800 €) progressiv an. Der Gesetzgeber habe indes übersehen, dass es aufgrund von Bestandsschutzvorschriften auch versicherungspflichtige Arbeitnehmer mit einem Arbeitsentgelt unterhalb der Gleitzone gebe. Hierbei handele es sich um eine planwidrige Regelungslücke. Denn das gesetzgeberische Motiv für die Einführung der Gleitzone gelte für diese Arbeitnehmer in gleicher Weise. Angesichts dessen seien die Regelungen über die Gleitzone im Wege der Auslegung auf diese bestandsgeschützten Übergangsfälle auszudehnen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 20.11.2006 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und führte ergänzend aus, nach einem Rundschreiben der Spitzenverbände vom 25.2.2003 zum Zweiten Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt handele es sich bei Beschäftigungen wie der der Beigeladenen Ziff. 1 um keine Gleitzonenfälle. Entgegen der Auffassung der Klägerin liege keine planwidrige Regelungslücke vor.

Mit der am 22.12.2006 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Anliegen weiter. Sie wiederholt im Wesentlichen ihre Argumente aus dem Verwaltungsverfahren. Wären dem Gesetzgeber die bestandsgeschützten versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse mit einem Arbeitsentgelt von nicht mehr als 400 € bewusst gewesen, hätte er diese selbstverständlich in die Regelungen über Gleitzone einbezogen, so die Klägerin.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 25.4.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.11.2006 insoweit aufzuheben, als die Beklagte darin für die Beigeladene Ziff. 1 Sozialversicherungsbeiträge nachfordert.

Die Beklagte beantra...

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