Entscheidungsstichwort (Thema)
Ruhen des Arbeitslosengeldes. Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe. Abschluss eines Altersteilzeitvertrages im Blockmodell. wichtiger Grund. beabsichtigter nahtloser Übergang in die Altersrente. geänderte Rentenpläne wegen nachträglicher Änderung der Rechtslage
Leitsatz (amtlich)
1. Ein wichtiger Grund iS von § 159 Abs 1 S 2 SGB 3 liegt nicht vor, wenn der Versicherte, der einen Altersteilzeitvertrag abgeschlossen hat und ursprünglich geplant hat, direkt nach Durchlaufen der Altersteilzeit eine Rente mit Abschlägen zu beziehen, sich aufgrund einer nunmehr wegen einer Gesetzesänderung existierenden besseren Rentenoption dafür entscheidet, zunächst Arbeitslosengeld zu beziehen und erst später eine abschlagsfreie Rente zu beantragen.
2. Für die Frage, ob ein wichtiger Grund vorliegt, muss auch das spätere Verhalten des Versicherten Berücksichtigung finden.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Bewilligung von Arbeitslosengeld für den Zeitraum vom 01.04.2014 bis zum 23.06.2014 (84 Tage x 20,58 € = 1728,72 €), für den die Beklagte den Eintritt einer Sperrzeit festgestellt hat.
Die 1951 geborene Klägerin arbeitete seit 1990 als Verwaltungsangestellte bei dem K. V. (im Folgenden: Arbeitgeber). Am 18.12.2002 schloss sie mit ihrem Arbeitgeber einen Altersteilzeitvertrag ab, der das bis dahin unbefristete Arbeitsverhältnis in ein bis zum 31.03.2014 befristetes Arbeitsverhältnis umwandelte. Nach § 2 des Vertrages vereinbarten sie die Ableistung der Arbeitszeit im Blockmodell mit einer Arbeitsphase vom 01.10.2006 bis 30.06.2010 und einer Freistellungsphase vom 01.07.2010 bis zum 31.03.2014.
Nach persönlicher Arbeitslosmeldung beantragte die Klägerin bei der Beklagten zum 01.04.2014 Arbeitslosengeld. Daraufhin stellte die Beklagte mit Bescheid vom 08.04.2014 den Eintritt einer zwölfwöchigen Sperrzeit für die Zeit vom 01.04.2014 bis zum 23.06.2014 fest, da die Klägerin ihr Arbeitsverhältnis durch Abschluss des Altersteilzeitvertrages gelöst habe und ihre Arbeitslosigkeit habe vorhersehen müssen.
Zur Begründung ihres hiergegen erhobenen Widerspruchs führte die Klägerin im Wesentlichen aus, aufgrund des zum 01.07.2014 in Kraft getretenen Gesetzes über Leistungsverbesserungen in der gesetzlichen Rentenversicherung könne sie nunmehr abschlagsfrei ab dem 63. Lebensjahr, welches sie im September 2014 vollende, nach 45 Arbeitsjahren eine Altersrente für besonders langjährig Versicherte beziehen. Dies habe sie im Zeitpunkt des Abschlusses des Altersteilzeitvertrages nicht vorhersehen können.
Mit Bewilligungsbescheid vom 08.05.2015 bewilligte ihr die Beklagte Arbeitslosengeld in Höhe von kalendertäglich 20,58 € für die Zeit vom 24.06.2014 bis zum 23.12.2015.
Den Widerspruch gegen den Sperrzeitbescheid wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 09.05.2014 zurück. Durch Abschluss des Altersteilzeitvertrages habe sie die Arbeitslosigkeit zumindest grob fahrlässig herbeigeführt. Ein wichtiger Grund für das versicherungswidrige Verhalten liege nicht vor, wenn sich die Arbeitslose nach Beendigung der Beschäftigung in Altersteilzeit arbeitslos melde, anstatt planmäßig Altersrente - gegebenenfalls auch mit Abschlägen - zu beziehen.
Deswegen hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Karlsruhe erhoben. Zur Begründung wiederholt und vertieft sie im Wesentlichen ihr bisheriges Vorbringen. Ergänzend führt sie aus, bei Abschluss des Altersteilzeitvertrages sei sie bereit gewesen, Rentenabschläge in Höhe von 9 % in Kauf zu nehmen. Dies habe sich aber durch die gesetzliche Neuregelung der Altersrente für besonders langjährig Versicherte geändert, wonach sie mit Vollendung des 63. Lebensjahres eine abschlagsfreie Rente in Anspruch nehmen könne. Im Hinblick auf das Urteil des Sozialgerichts München vom 05.11.2013 (Az. S 5 AL 983/12) könne in einem solchen Sachverhalt ein wichtiger Grund zu sehen sein. In der mündlichen Verhandlung vom 28.08.2015 hat sie angegeben, nachdem sie sich für eine Rentenbeantragung erst zu Oktober 2014 entschieden hatte, habe sie sich nicht um eine Vermeidung der Arbeitslosigkeit bemüht.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 08.04.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.05.2014 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Arbeitslosengeld in gesetzlicher Höhe für die Zeit vom 01.04.2014 bis zum 23.06.2014 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Ansicht, die angefochtene Entscheidung sei nicht zu beanstanden. Etwas anderes ergäbe sich insbesondere nicht aus der von der Klägerin zitierten Entscheidung des Sozialgerichts München. Eine Gesetzesänderung zu ihren Lasten seit Abschluss des Altersteilzeitvertrages sei nicht eingetreten. Vielmehr habe sie mit Rentenabschlägen in Höhe von 9 % gerechnet, was zum 01.04.2014 auch der zu diesem Zeitpunkt weiterhin geltenden Rechtslage entsprochen habe.
Wegen der weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf ...