Entscheidungsstichwort (Thema)
Förderung der selbständigen Tätigkeit. Weitergewährung des Gründungszuschusses. Ermessensentscheidung. Tragfähigkeit. Prognoseentscheidung. keine erneute Vorlage einer Stellungnahme einer fachkundigen Stelle. kein Ermessensfehler
Leitsatz (amtlich)
1. Aus der systematischen Auslegung von § 58 Abs 2 SGB 3 aF iVm § 57 Abs 2 S 2 SGB 3 aF folgt, dass die Bundesagentur für Arbeit bei ihrer Ermessensentscheidung hinsichtlich der Weitergewährung eines Gründungszuschusses als ein wesentliches Kriterium zu prüfen hat, ob in Bezug auf die zweite Gründungsphase weiterhin von einer Tragfähigkeit der Unternehmensgründung auszugehen ist. Hierbei handelt es sich um eine Prognoseentscheidung.
2. Die Ablehnung der Weitergewährung eines Gründungszuschusses mangels Tragfähigkeit ohne vom Antragsteller die erneute Vorlage einer Stellungnahme einer fachkundigen Stelle zu verlangen ist dann nicht ermessensfehlerhaft, wenn die fehlende Tragfähigkeit eindeutig durch das vorliegende Zahlenmaterial bestätigt wird und somit kein Raum mehr für berechtigte Zweifel an der Tragfähigkeit der Unternehmensgründung bestehen.
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Weitergewährung eines Existenzgründungszuschusses.
Der Kläger hat am 30. September 2011 eine selbständige, hauptberufliche Tätigkeit in Form einer Unternehmensgründung im Bereich Reisen und Veranstaltungen aufgenommen.
Mit Bescheid vom 26. Oktober 2011 bewilligte die Beklagte dem Kläger die erste Phase eines Gründungszuschusses für den Zeitraum vom 30. September 2011 bis zum 29. Juni 2012 in Höhe von 1.510,80 Euro monatlich.
Am 11. April 2012 beantragte der Kläger die Weitergewährung des Gründungszuschusses. Am 25. Juni 2012 reichte der Kläger die Antragsunterlagen ein und legte einen Bericht über seine unternehmerische Aktivität innerhalb des Zeitraums von September 2011 bis Mai 2012 vor. Weiter reichte der Kläger eine Umsatzübersicht für den Zeitraum Januar bis April 2012 ein. Hieraus geht hervor, dass der Kläger im gesamten Zeitraum Januar bis April 2012 einen Verlust von insgesamt 3.493,42 Euro erwirtschaftet hat.
Mit Bescheid vom 10. Juli 2012 lehnte die Beklagte die Weitergewährung des Gründungszuschusses ab. Zur Begründung führte sie aus, dass ein Gründungszuschuss in der zweiten Phase nur geleistet werden könne, wenn der Arbeitnehmer die Tragfähigkeit der Existenzgründung nachweise. Entscheidungsgrundlage hierfür sei der nachgewiesene Gewinn seit der Existenzgründung. Da hier im gesamten Zeitraum Januar bis April 2012 ein Minus erwirtschaftet worden sei, sei eine Tragfähigkeit nicht gegeben. Der Gründungszuschuss könne daher nicht weitergewährt werden.
Mit Schreiben vom 01. August 2012 legte der Kläger Widerspruch gegen den Bescheid vom 10. Juli 2012 ein.
Mit Widerspruchsbescheid vom 02. Oktober 2012 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, ausweislich der Gesetzesbegründung sei der Gesetzgeber davon ausgegangen, dass die Unternehmensgründung nach neun Monaten bereits so gefestigt sei, dass der Gründer seinen Lebensunterhalt aus der selbständigen Tätigkeit bestreiten könne. Im Rahmen der Ermessenausübung habe die Beklagte die Interessen des Klägers gegen diejenigen der Versichertengemeinschaft abzuwägen. Vor diesem Hintergrund sei ein Gründungszuschuss in der zweiten Phase nur dann zu gewähren, wenn aufgrund der bisherigen Geschäftstätigkeit der Lebensunterhalt durch die Einkünfte aus der selbständigen Tätigkeit bestritten werden könne und der weitere Gründungszuschuss ausschließlich für die soziale Absicherung erforderlich sei. Dies sei bei dem Kläger jedoch nicht der Fall. Der Kläger habe im Zeitraum Januar bis April 2012 ein Minus von 3.593,42 Euro erwirtschaftet. Es sei ihm daher bisher nicht gelungen eine tragfähige selbständige Tätigkeit aufzubauen. Vor diesem Hintergrund komme eine Weitergewährung des Gründungszuschusses nicht in Betracht.
Hiergegen hat der Kläger am 22. Oktober 2012 Klage erhoben, die unter dem Aktenzeichen S 13 AL 228/12 registriert worden ist.
Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 24. September 2013 erklärte sich die Beklagte im Rahmen eines Anerkenntnisses bereit, über den Antrag erneut zu entscheiden, nachdem die Vorsitzende darauf hingewiesen hatte, dass auch im Rahmen der Entscheidung über die Gewährung der zweiten Phase des Gründungszuschusses eine Prognoseentscheidung hinsichtlich der zukünftigen Geschäftsentwicklung erforderlich sei und eine solche Prognoseentscheidung nicht ausschließlich auf der Grundlage der Wirtschaftszahlen aus der ersten Phase möglich sei.
Der Kläger legte der Beklagten daraufhin mit Schreiben vom 20. Oktober 2013 eine Betriebsauswertung vor, ausweislich derer das Unternehmen im Zeitraum Januar 2012 bis September 2012 einen Verlust von insgesamt 6.264,78 Euro und im Zeitraum Januar bis September 2013 einen Verlust von 1.943,12 Euro erwirtschaftet hat.
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