Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosenversicherung: Anspruch auf Gewährung von Arbeitslosengeld. Ermittlung der Höhe des Arbeitslosengeldes. Berechnung des Bemessungszeitraumes bei Freistellung vom Arbeitsverhältnis

 

Orientierungssatz

1. Bei der Ermittlung des Umfangs eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld können nur solche Zeiten berücksichtigt werden, in denen tatsächlich eine Erbringung von Arbeitsleistungen erfolgte. Demgemäß sind Zeiten, in denen eine unwiderrufliche Freistellung von der Arbeitsleistung aufgrund einer absehbaren Beendigung des Arbeitsverhältnisses erfolgte, als leistungsrechtliche Zeiten nicht berücksichtigungsfähig. Das gilt auch dann, wenn in dieser Zeit der Freistellung das Arbeitsentgelt fortgezahlt wird.

2. Einzelfall zur Ermittlung eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld unter Berücksichtigung eines fiktiven Arbeitsentgeltes.

 

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Höhe des der Klägerin zu gewährenden Arbeitslosengeld I (Alg I).

Die im Jahr 1954 geborene Klägerin meldete sich am 13. April 2016 mit Wirkung ab dem 01. Juni 2016 bei der Beklagten arbeitslos und zugleich arbeitsuchend.

Im Zeitraum vom 25. August 2014 bis zum 29. Oktober 2015 bezog die Klägerin Krankengeld.

Zuvor hatte die Klägerin bei der Fa. M. als Montiererin gearbeitet. Am 30. Oktober 2015 schloss die Klägerin mit ihrem Arbeitgeber einen Aufhebungsvertrag unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist mit Wirkung zum 31. Mai 2016 ab. Die Klägerin wurde mit Wirkung ab dem 01. November 2015 von der Erbringung der Arbeitsleistung unter Fortzahlung der Bezüge freigestellt.

Mit Bescheid vom 21. Juni 2016 stellte die Beklagte fest, dass im Zeitraum vom 01. Juni 2016 bis zum 07. Juni 2016 eine Sperrzeit von einer Woche wegen einer verspäteten Arbeitsuchendmeldung eingetreten ist.

Mit Bewilligungsbescheid vom gleichen Tag bewilligte die Beklagte der Klägerin Alg I ab dem 08. Juni 2016 bis zum 30. Mai 2018 in Höhe von 24,55 Euro kalendertäglich.

Mit Schreiben vom gleichen Tag führte die Beklagte aus, dass bei der Bemessung der Höhe des Alg I von einem fiktiven Arbeitsentgelt ausgegangen worden sei, weil die Klägerin in den letzten 2 Jahren vor der Arbeitslosmeldung weniger als 150 Tage Anspruch auf Arbeitsentgelt hatte. Das Arbeitsentgelt, das während der unwiderruflichen Freistellung ab 30. Oktober 2015 erzielt worden sei, müsse bei der Bemessung des Arbeitslosengeldes außer Betracht bleiben. Das fiktive Arbeitsentgelt richte sich nach der Beschäftigung auf die sich die Vermittlungsbemühungen der Beklagten erstrecken. Da die Klägerin für eine Tätigkeit als Pförtnerin geeignet sei, sei sie der Qualifikationsstufe 4 zuzuordnen.

Mit Schreiben vom 13. Juli 2016 legte die Klägerin Widerspruch gegen den Bescheid ein. Zur Begründung führte die Klägerin aus, sie habe auch während der Freistellung Arbeitsentgelt bezogen. Dies müsse bei der Berechnung des Alg I berücksichtigt werden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 29. August 2016 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, der Bemessungsrahmen umfasse im Fall der Klägerin den 01. Juni 2014 bis zum 31. Mai 2016. Innerhalb dieses Bemessungsrahmens habe die Klägerin nicht an 150 Tagen Anspruch auf Arbeitsentgelt gehabt. Das Entgelt, das die Klägerin während der Freistellung bezogen habe, sei hier nicht zu berücksichtigen. Denn der für die Leistungsabrechnung maßgebliche Bemessungszeitraum sei gemäß § 150 SGB III auf die beim Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume beschränkt. Das Beschäftigungsverhältnis habe jedoch bereits mit der Freistellung geendet.

Mit ihrer am 05. September 2016 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Zur Begründung führt sie aus, es liege eine "Konvergenzstörung" vor, wenn das Arbeitsentgelt während der Freistellung zwar sozialversicherungspflichtig sei, bei der Berechnung der Höhe des Alg I jedoch nicht berücksichtigt werde.

Die Klägerin beantragt,

1. den Bewilligungsbescheid der Beklagten vom 21. Juni 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. August 2016 abzuändern.

2. Die Beklagte zu verpflichten, ihr ab dem 08. Juni 2016 ein höheres Alg I unter Berücksichtigung ihres ab dem 01. November 2015 bezogenen Arbeitsentgelts zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist sie im Wesentlichen auf ihre Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden.

Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten haben im Termin zur mündlichen Verhandlung vorgelegen und sind Gegenstand der Erörterung geworden. Wegen der Einzelheiten wird auf sie ergänzend Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 1 und Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig, aber unbegründet.

Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 21. Juni 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. August 2016 is...

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