Entscheidungsstichwort (Thema)

Beurlaubung von der Ausbildungsstätte im Rahmen eines Urlaubssemesters und Anspruch auf Arbeitslosengeld II. Grundsicherung für Arbeitsuchende. Leistungsausschluss für Studenten. Ausbildungsförderung. Keine Förderungsfähigkeit dem Grunde nach während eines Urlaubssemesters

 

Leitsatz (amtlich)

Auf Studenten im Urlaubssemester ist § 7 Abs.5 SGB II nicht anwendbar; denn wer eine Ausbildung nicht an einer Ausbildungsstätte betreibt, gleichgültig, ob noch nicht oder -sei es endgültig oder nur vorübergehend- nicht mehr, ist nicht förderungsfähig.

 

Tenor

I. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, der Antragstellerin für die Zeit vom 01.10.2009 bis zum 31.03.2010 vorläufig Arbeitslosengeld II in Höhe von monatlich 590,00 € zu zahlen.

II. Die Antragsgegnerin hat der Antragstellerin deren außergerichtliche Kosten zu erstatten.

 

Gründe

I.

Die im Jahre 1980 geborene Antragstellerin (Ast) verzog im August 2009 von Osnabrück nach A...., um hier Jura zu studieren. Ihren eigenen Angaben zufolge ist sie alleinstehend und verfügt über keinerlei anrechenbares Vermögen oder Einkommen. Sie bewohnt eine 46 m² große Mietwohnung, für die sie im streitgegenständlichen Zeitraum, nämlich vom 01.10.2009 bis 31.03.2010, eine monatliche Gesamtmiete in Höhe von 256,10 € (Grundmiete 177,10 € zuzüglich Betriebskosten 36,00 € und Heiz- und Warmwasserkosten 43,00 €) zu zahlen hat.

Mit Bescheid vom 14.09.2007 bewilligte die Antragsgegnerin (Ag) der Ast Arbeitslosengeld II (Alg II) für den Monat September 2007 in Höhe von 592,57 €.

Am 01.10.2007 nahm die Ast das Studium der Rechtswissenschaft an der Universität A.... auf.

Für das Wintersemester 2009/10 (vom 01.10.2009 bis 31.03.2010) ließ sich die Ast beurlauben, um die vorgeschriebene praktische Studienzeit zu absolvieren (Immatrikulationsbescheinigung der Universität A.... vom 03.07.2009).

Bereits am 23.06.2009 beantragte die Ast bei der Ag die (erneute) Gewährung von Alg II ab 01.10.2009. Diesem Antrag fügte sie den Bescheid des Studentenwerkes A.... vom 23.06.2009 bei, in dem die Bewilligung von Bundesausbildungsförderung für den Bewilligungszeitraum Oktober 2009 bis März 2010 wegen der Beurlaubung abgelehnt wurde. Außerdem legte die Ast die Immatrikulationsbescheinigung der Universität A.... vom 03.07.2009 vor, in der ihr bescheinigt wird, dass sie im Wintersemester 2009/10 immatrikuliert und beurlaubt sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 12.08.2009 lehnte es die Ag ab, der Ast Alg II zu gewähren. Anspruch auf Alg II bestehe nicht, weil sich die Ast in Ausbildung befinde und diese im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG) dem Grunde nach förderungsfähig sei. Auch liege kein Härtefall vor.

Hiergegen erhob die Ast Widerspruch, weil sie während des Urlaubssemesters ein Praktikum absolviere und dieses in keiner Verbindung zur Universität stehe.

Mit Widerspruchsbescheid vom 22.09.2009 wies die Ag den Widerspruch zurück. Die Hochschulausbildung der Ast im Studiengang Rechtswissenschaften sei nach § 2 Abs. 1 Nr. 6 BAföG dem Grunde nach förderfähig. Diese Förderfähigkeit bestehe auch während des Urlaubssemesters. Die Beurlaubung führe nicht zu einer Unterbrechung der abstrakt förderfähigen Ausbildung. Nach § 20 Abs. 3 des Sächsischen Hochschulgesetzes (Sächs. HSG) soll es beurlaubten Studenten ermöglicht werden, an der Hochschule von der die Beurlaubung ausgesprochen wurde, Studien- und Prüfungsleistungen zu erbringen. Diese Vorschrift ermögliche auch einem beurlaubten Studenten die vollwertige Teilnahme am Studienbetrieb. Die Behauptung der Ast, das beabsichtigte Praktikum stehe in keinerlei Zusammenhang mit ihrer rechtswissenschaftlichen Ausbildung, sei nicht zutreffend. Nach § 19 Abs. 1 Satz 2 der Sächs. Juristenausbildungs- und Prüfungsordnung (Sächs. JAPO) müsse der Student in der vorlesungsfreien Zeit insgesamt 3 Monate an praktischen Studienzeiten teilnehmen. Da diese praktische Studienzeiten Voraussetzung für die Zulassung zur Ersten Juristischen Prüfung sei, bestehe ein Zusammenhang zwischen Praktika und rechtswissenschaftlicher Ausbildung. Die Bewilligung von Alg II würde im Übrigen dazu führen, dass eine versteckte Ausbildungsförderung auf einer “2. Ebene„ gewährt werde. Dies sei vom Gesetzgeber aber nicht gewollt. Auch liege keine besondere Härte vor.

Dagegen hat die Ast rechtzeitig Klage erhoben und gleichzeitig einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt.

Die Antragstellerin beantragt (sinngemäß),

die Antragsgegnerin zu verpflichten, der Antragstellerin Arbeitslosengeld II für die Zeit vom 01.10.2009 bis zum 31.03.2010 nach den gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Sie trägt nochmals ausführlich ihre bisherigen Argumente vor. Ergänzend weist sie darauf hin, dass es zur Ableistung des Praktikums keines Urlaubsemesters bedürfe.

II.

Der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz ist zulässig und begründet.

Nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sind einstweilige Anordnungen - ...

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