Entscheidungsstichwort (Thema)
Minderung des Arbeitslosengeldes. verspätete Meldung. frühzeitige Arbeitssuche. befristetes Arbeitsverhältnis. Rechtsauslegung
Orientierungssatz
1. Der Arbeitslosengeldanspruch nach Ablauf eines befristeten Arbeitsverhältnisses ist nicht wegen verspäteter Meldung als arbeitsuchend nach § 140 SGB 3 zu mindern. Denn aus § 37b S 2 SGB 3 lässt sich keine Frist entnehmen, bis wann "spätestens" die Meldung zu erfolgen hat; er legt lediglich fest, dass "jedoch frühestens" eine Meldung 3 Monate vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorzunehmen ist.
2. Für eine Umdeutung des ausdrücklichen Wortlautes der Vorschrift in sein Gegenteil bleibt insoweit kein Raum.
Tenor
I. Der Bescheid vom 14.09.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.01.2005 wird abgeändert.
II. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Arbeitslosengeld ohne Minderung seiner Ansprüche wegen verspäteter Meldung als arbeitsuchend zu bewilligen.
III. Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens zu erstatten.
IV. Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Minderung von Arbeitslosengeld.
Der 1984 geborene Kläger absolvierte vom 03.11.2003 bis 31.08.2004 seinen Zivildienst. Seine Bewerbung um einen Studienplatz lehnte die Universität L. ab (Bescheid vom 30.08.2004).
Am 26.08.2004 hatte der Kläger Arbeitslosengeld beantragt.
Dies bewilligte ihm die Beklagte mit Bescheid vom 14.09.2004 ab 01.09.2004 für 120 Kalendertage in Höhe von wöchentlich 87,15 €. In einer beigefügten “Erläuterung" vom 10.09.2004 minderte sie zugleich seinen Anspruch um insgesamt 1.050,00 €, denn der Anspruch auf Leistungen verringere sich um 35,00 € für jeden Tag der verspäteten Meldung, längstens für 30 Tage. Der Minderungsbetrag sei auf die halbe Leistung anzurechnen. Bis zur vollständigen Minderung des Betrages werde nur die Hälfte der ohne die Minderung zustehenden Leistung ausgezahlt. Die Höhe des Abzuges von der täglichen Leistung betrage 12,44 €, beginnend am 01.09.2004 und voraussichtlich endend mit dem 24.11.2004. Am letzten Tag der Minderung erfolge die Anrechnung ggf. noch in Höhe des verbleibenden Restbetrages der Minderungssumme. Zur Begründung führte sie aus, dass der Kläger seiner Verpflichtung zur unverzüglichen Meldung bei der Agentur für Arbeit als arbeitsuchend nicht rechtzeitig nachgekommen sei. Spätestens am 01.06.2004 hätte er sich melden müssen. Dieser Tag sei der erste Tag mit Dienstbereitschaft der Agentur für Arbeit nach dem Tag der Kenntnisnahme (03.11.2003) von der Beendigung des Versicherungspflichtverhältnisses. Gleichwohl habe er sich erst am 26.08.2004, mithin um 86 Tage zu spät, gemeldet.
Hiergegen legte der Kläger am 28.09.2004 Widerspruch ein. Da die Beklagte eine Ablichtung des Einberufungsbescheides des Bundesamtes für Zivildienst erhalten habe, sei ihr das Ende des Zivildienstes von vornherein bekannt gewesen. Frau Z. von der Beklagten habe ihm am 30.12.2004 mitgeteilt, dass keine persönliche Vorsprache notwendig sei. Im Personalcomputer der Bundesagentur sei nämlich der 01.09.2004 als Beginn der Arbeitslosigkeit gespeichert gewesen. Er habe unmittelbar im Anschluss an den Zivildienst ein Studium aufnehmen wollen, also ursprünglich keine Beantragung von Arbeitslosengeld beabsichtigt. Die Vergabe der Studienplätze sei jedoch erst spät erfolgt.
Durch Widerspruchsbescheid vom 11.01.2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Unverzüglich nach Kenntnis des Beendigungszeitpunktes müsse eine persönliche Meldung als arbeitsuchend erfolgen, bei befristeten Arbeitsverhältnissen frühestens 3 Monate vor Beendigung. Dies gelte auch für Zivildienstleistende, denen “spätestens" 3 Monate vor Ende des Zivildienstes eine Meldepflicht obliege. Der Kläger hätte sich mithin noch am 01.06.2004 als arbeitsuchend melden müssen. Gleichwohl sei er dieser Verpflichtung erst am 26.08.2004 - und damit nicht unverzüglich - nachgekommen. Gründe für die verspätete Meldung habe er nicht nachweisen können oder glaubhaft dargelegt. Eine telefonische Meldung sei nicht wirksam. Im Übrigen komme es auf das Gespräch mit Frau Z. nicht an, weil dieses am 30.12.2004 und somit nach Ende des Zivildienstes stattgefunden haben solle. Da die Meldung 86 Tage zu spät erfolgt sei, sei das Arbeitslosengeld nach § 140 Satz 3 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) auf höchstens 30 Tage zu mindern, wobei ihm die Hälfte des Betrages verbleibe, der ihm als Leistung zustehe (Satz 4 der Vorschrift).
Der Kläger hat deswegen am 01.02.2005 Klage zum Sozialgericht Leipzig erhoben. Das Gespräch mit Frau Z. habe am 30.12.2003 stattgefunden und nicht - wie irrtümlich mitgeteilt - am 30.12.2004. Dieses sei von seiner Mutter mitgehört worden, die sich hierzu schriftliche Notizen gemacht habe.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 14.09.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.01.2005 dergestalt abzuändern, dass die Beklagte verurteilt wird, Arbeitslosengeld ohne Minderung wegen verspäteter Meldung als arbeit...