Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitsförderungsrecht: Rückforderung von Maßnahmekosten wegen Überschreitung der Verwendungsnachweisfrist. Auswirkung einer unterbliebenen Belehrung des Maßnahmeträgers über die Verwendungsnachweisfrist auf die Rückforderung

 

Orientierungssatz

1. Unterblieb gegenüber dem Träger einer Maßnahmen (hier: Arbeitsgelegenheiten nach § 16d SGB 2) ein Hinweis oder eine Belehrung über die in § 326 Abs. 1 SGB 3 geregelte Ausschlussfrist zur Abrechnung der ordnungsgemäßen Verwendung der für die Maßnahme gewährten Zuwendung, so kann der Sozialleistungsträger die gewährte Zuwendung für die Maßnahme nicht schon deshalb zurückfordern, weil die Frist für den Verwendungsnachweis überschritten wurde.

2. Im Streit um die Erstattung von Zuwendungen für Maßnahmen nach § 16d SGB 2 an Maßnahmeträger ist für die Kosten des gerichtlichen Verfahrens § 193 SGG anzuwenden (Anschluss LSG Berlin-Potsdam, Urteil vom 18.03.2008, L 29 B 1675/07 AS).

 

Tenor

1. Der Bescheid des Beklagten vom 10.02.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.05.2011 sowie der Bescheid vom 15.10.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.02.2011 werden aufgehoben.

2. Der Beklagte hat die notwendigen Auslagen des Klägers zu erstatten.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Kläger nach § 326 Abs. 2 SGB III Lohn- und Sachkostenzuschüsse des Beklagten in Höhe von insgesamt 22.939,20 € zur Schaffung von Arbeitsgelegenheiten für den Zeitraum 01.07.2009 bis 31.12.2009 in dem Verfahren zur Maßnahmenummer 6044/09 zu erstatten hat.

Der Kläger ist ein gemeinnütziger Verein mit ehrenamtlich tätigem Vorstand. Der Beklagte hatte dem Kläger mit Bescheid vom 23.06.2009 antragsgemäß pauschale Sonderleistungen für die Schaffung von Arbeitsgelegenheiten in der sog. Entgeltvariante nach § 16 d SGB II für den Zeitraum 01.07.2009 bis 31.12.2009 bewilligt (Maßnahme 6044/09). Zu den Einzelheiten wird auf den Antrag vom 05.05.2009 Bl. 1 ff. und den Bescheid Bl. 6 ff. d. Beklagtenakte verwiesen. Auf Bl. 2 unten des Bescheids heißt es unter der durch einfache Unterstreichung hervorgehobenen Überschrift “Ergänzende Hinweise/Auflagen„ nach 6 jeweils mehrzeiligen Textabsätzen mit teils fettgedruckten Hervorhebungen in einem 7. Absatz ohne besondere Hervorhebung: “Innerhalb einer Ausschlussfrist von 6 Monaten nach Beendigung der Maßnahme müssen die Unterlagen vorgelegt werden, die für eine abschließende Entscheidung über den Umfang der Förderung erforderlich sind. In dem Umfang, in dem die Voraussetzungen nicht nachgewiesen sind, ist die erbrachte Leistung nach § 326 SGB III zu erstatten.„ (Bl. 7).

Die bewilligten Mittel wurden vollständig an den Kläger ausgezahlt. Die Maßnahme endete am 31.12.2009. Eine gesonderte Aufforderung zur weiteren Einreichung von Unterlagen erging in diesem Verfahren nicht.

Dem Kläger wurde in einer gleichartigen weiteren, jedoch erst zum 30.01.2010 endenden Maßnahme mit gesondertem, hier nicht streitigen Bescheid des Beklagten vom 15.07.2009 (Bl. 12 ff. der Bekl. Akte 6092/09) ebenfalls antragsgemäß pauschale Sonderleistungen nach SGB II bewilligt. Im dort verwendeten Antragsformular vom 04.05.2009 heißt es unter “Fördervoraussetzungen„ u. a.: “Der Träger hat nach der Hälfte der bewilligten Förderdauer einen Zwischenbericht und zum Ende der Maßnahme einen Ergebnisbericht und eine Dokumentation (z. B Verlauf, Arbeitsergebnisse, Wirkungen, Erfahrungen) zu erstellen (vgl. Bl. 3 der Bekl. Akte 6092/09). Im Bescheid selbst ist kein Hinweis auf eine Ausschlussfrist enthalten. Der Beklagte erinnerte den Kläger jedoch mit Schreiben vom 14.06.2010 (Bl. 39 der Bekl. Akte 6092/09) an die Einreichung u. a. von Ergebnisbericht, und Teilnehmerbeurteilungen bis 30.07.2011. In diesem Schreiben heißt es: “Ich mache Sie darauf aufmerksam, dass die Leistung ganz oder teilweise versagt werden kann, wenn Sie Ihrer Mitteilungspflicht nicht nachkommen (§§ 60, 66 und 67 Sozialgesetzbuch - Erstes Buch - SGB I....„ Die Unterlagen wurden durch den Kläger im Oktober 2010 beim Beklagten eingereicht, worauf der Kläger lediglich noch eine Nachzahlung erhielt; eine Rückforderung erfolgte nicht.

Erst am 13.10.2010 und 18.10.2010 (Bl. 14 ff., 57 ff. d. Beklagtenakte) gingen im hier streitigen Verfahren Abrechnungsformblätter beim Beklagten ein. Diese genügen nach Form und Inhalt den Anforderungen des Beklagten an den Nachweis ordnungsgemäßer Mittelverwendung. Der Beklagte erließ den auf den 15.10.2010 datierten Erstattungsbescheid (Bl. 23 d. Beklagtenakte). Ein Vermerk, wann dieser zur Post gegeben wurde, ist in der Akte nicht enthalten. Das Widerspruchsschreiben des Klägers ging am 24.11.2010 beim Beklagten ein (Bl. 26 d. Beklagtenakte). Der Beklagte wies nach Anhörung des Klägers (Bl. 32 ff. d. Beklagtenakte) den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 07.02.2011 als unzulässig zurück (Bl. 42 ff. d. Beklagtenakte).

Im Widerspruchsverfahren hatte der Kläger geltend gemacht, den Erstattungsbescheid wegen verzögerter Postzustellung durch Umzug erst am 26.10.2010 erhalten ...

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