Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesamtsozialversicherungsbeitrag. Arbeitnehmerüberlassung. Haftung. Entleiher. keine Beitragszahlungspflicht des Entleihers bei fehlender Mahnung

 

Leitsatz (amtlich)

Im Rahmen einer Arbeitnehmerüberlassung ist, ohne den Nachweis einer Mahnung und einer abgelaufenen Mahnfrist des Arbeitgebers als Verleiher, der Entleiher berechtigt, die Zahlung rückständiger Sozialversicherungsbeiträge zu verweigern.

 

Tenor

I. Der Bescheid vom 27.11.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.09.2004 wird aufgehoben.

II. Die Beklagte trägt die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Verfahrens.

III. Der Streitwert wird auf 1.764,45 € festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Nachforderung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen aus Arbeitnehmerüberlassung.

Der Kläger betreibt unter einer Einzelfirma ein Sanitär- und Heizungsunternehmen. Vom 01.07.1999 bis 30.10.1999 entlieh er von der “.K. Personalleasing„ den Arbeitnehmer und Beigeladenen zu 1) Sch.. Nach Betriebsprüfung der Landesversicherungsanstalt Berlin waren für den vorgenannten Zeitraum 1892,57 € Sozialversicherungsbeiträge nachzuentrichten.

Am 20.04.2000 eröffnete das Amtsgericht Neuruppin das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Firma ... K. Personalleasing.

Durch Bescheid vom 27.11.2003 verlangte die Beklagte im Wege der Entleiherhaftung von dem Kläger Sozialversicherungsbeiträge der Firma ... K. Personalleasing in Höhe von 1892,57 €. Es bestünden Beitragsrückstände für den Zeitraum “01.04.1999 bis 31.12.1999„. Bei einem wirksamen Vertrag hafte der Entleiher für die Erfüllung der Zahlungspflicht des Arbeitgebers (Verleiher) wie ein selbstschuldnerischer Bürge, soweit ihm Arbeitnehmer gegen Vergütung zur Arbeitsleistung überlassen worden seien. Diese Haftung hänge nicht davon ab, ob der Entleiher seiner Verpflichtung aus dem Leiharbeitnehmervertrag nachgekommen sei. Diese sozialversicherungsrechtliche Regelung diene dem Schutz der Sozialversicherungsträger und damit der Allgemeinheit. Wegen der bestehenden Beitragsrückstände sei die Firma ... K. ordnungsgemäß gemahnt worden, ohne dass entsprechende Zahlungen erfolgt seien. Die Ansprüche auf Beiträge seien auch nicht verjährt.

Hiergegen legte der Kläger am 03.12.2003 Widerspruch ein. Soweit Forderungen gegenüber der Firma K. bestünden, möge sich die Beklagte an den zuständigen Insolvenzverwalter wenden.

Durch Widerspruchsbescheid vom 22.09.2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Bei gewerbsmäßiger Arbeitnehmerüberlassung bleibe der Verleiher Arbeitgeber im arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Sinne. Dieser müsse deshalb grundsätzlich selbst die Gesamtsozialversicherungsbeiträge abführen und Meldungen zur Sozialversicherung erstatten. Obwohl der Entleiher somit nicht Arbeitgeber des Leiharbeitnehmers sei, bestehe aber auch für ihn eine Meldepflicht und ein Beitragsrisiko. Für die Erfüllung der Zahlungspflicht des Verleihers hafte er wie ein selbstschuldnerischer Bürge, d.h. Entleiher und Verleiher müssten insoweit gesamtschuldnerisch für die Beiträge haften. Da der Verleiher seinen Zahlungsverpflichtungen für den genannten Leiharbeitnehmer nicht nachgekommen sei, hafte dieser und nicht der Insolvenzverwalter. Die Geltendmachung der Beitragsrückstände beruhe auf der Betriebsprüfung der Landesversicherungsanstalt Berlin und den Angaben des Leiharbeitnehmers im Hinblick auf den Überlassungszeitraum.

Am 12.10.2004 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Leipzig erhoben. Er habe auf Rechnung der Firma ... K. Personalleasing hin auch die Sozialversicherungsbeiträge des Arbeitnehmers mit beglichen und sei nicht bereit, “doppelt„ Sozialversicherungsbeiträge zu entrichten. Die Beklagte habe ihre Verpflichtung, ihre Forderung gegenüber dem Insolvenzverwalter anzumelden, nicht erfüllt. 3 Jahre nach Geltendmachung der Forderung der Beklagten könne diese ihre Forderung gegen den Verleiher nicht mehr durchsetzen. Gegebenenfalls behalte er sich Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte vor und rechne insoweit auf. Er bestreite die Dauer der Arbeitnehmerüberlassung.

In seinem Sachvortrag führte er ferner aus, dass die Beklagte ihre Forderung in Höhe von insgesamt 174.410,26 € zur Tabelle angemeldet habe. Ca. 6,77 % seien vom Insolvenzverwalter befriedigt worden, so dass insgesamt 128,12 € von der Nachforderungssumme abzusetzen seien. Die Beteiligten haben insoweit übereinstimmend Erledigung der Hauptsache erklärt.

Der Kläger beantragt im Übrigen,

den Bescheid vom 27.11.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.09.2004 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen, insoweit noch keine Befriedigung durch die Entleiher-Firma erfolgt ist.

Am 26.01.2006 hatte eine weitere mündliche Verhandlung stattgefunden; auf die Niederschrift hierzu wird verwiesen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird zur Ergänzung des Tatbestandes auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie einen Verwaltungsvorgang der Beklagten Bezug genommen.

 

Entsch...

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