Entscheidungsstichwort (Thema)
Künstlersozialversicherung. Abgabepflicht. gemeinnütziger Verein. Laienchor
Leitsatz (amtlich)
Der gemeinnützige Verein eines Laienchores ist auch dann kein ein Unternehmen betreibender Unternehmer im Sinne des Künstlersozialversicherungsgesetzes, wenn er mehr als zwei bzw drei öffentliche Veranstaltungen im Jahr durchführt. Vielmehr muss unter teleologischen Gesichtspunkten eine kunstvermarktende (Gewinnerzielungs-) Absicht hinzu kommen. Andernfalls liegt kein, eine Künstlersozialabgabepflicht rechtfertigender Tatbestand vor, das heißt ein einem Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Verhältnis vergleichbarer Sachverhalt.
Tenor
I. Die Bescheide vom 18.05.2005, 18.10.2005, 25.01.2006 und 03.02.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.03.2006 werden aufgehoben.
II. Die Beklagte hat die Kosten des Klägers zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger zur Abführung einer Künstlersozialabgabe verpflichtet ist.
Der Kläger ist ein Verein, der nach der ... 2003 überarbeiteten Vereinssatzung die gemeinnützige Förderung von Kunst und Kultur durch ambitionierte Pflege sowohl klassischer als auch moderner Chorliteratur anstrebt. Er verfolgt danach ausschließlich gemeinnützige und keine eigenwirtschaftliche Zwecke, seine Mitglieder erhalten aus seinen Mitteln keine Zuwendungen. Ein besonderer Schwerpunkt seiner Tätigkeit bildet die Erarbeitung chorgesanglicher Fertigkeiten durch die Arbeit an anspruchsvoller a-cappella-Chorliteratur, wobei dem Vereinszweck entsprechend der interessierten Allgemeinheit der Zugang zu den Resultaten der Chorproben eröffnet werden soll (vgl. § 2 Abs. 1 bis 5 der Satzung, Bl. 4 der Verwaltungsakte).
Nach Internet-Recherche zum ...-Kammerorchester L. (vgl. Bl. 9 der Verwaltungsakte) stellte die Beklagte mit Bescheid vom 06.04.2005 dessen Künstlersozialabgabepflicht fest. Da regelmäßig öffentliche Konzerte stattfänden und hierzu fremde Künstler oder Vereinsmitglieder gegen Entgelt engagiert würden, unterliege er der Abgabepflicht; denn er betreibe ein abgabepflichtiges Unternehmen, das die öffentliche Aufführung und Darbietung künstlerischer Werke oder Leistungen bezwecke.
Gegen den, an das Vorstandsmitglied des Klägers gerichteten, Bescheid legte dieses in seinem Namen am 27.04.2005 Widerspruch ein.
Durch weiteren Bescheid vom 18.05.2005 hob die Beklagte den Bescheid vom 06.04.2005 auf und stellte statt dessen die Künstlersozialabgabepflicht des Klägers fest. Als Unternehmer betreibe er einen Chor, dessen Zweck überwiegend darauf gerichtet sei, künstlerische Werke oder Leistungen in ganz Deutschland und Europa öffentlich aufzuführen oder darzubieten. Dies ergebe sich aus der Vereinssatzung.
Auch hiergegen legte der Kläger am 17.06.2005 Widerspruch ein, ohne diesen zu begründen.
Durch weiteren Bescheid vom 18.10.2005 setzte die Beklagte die Künstlersozialabgabe auf Grundlage einer Schätzung fest. Trotz entsprechender Aufforderung und Aufklärung habe er die an selbstständige Künstler und Publizisten gezahlten Entgelte nicht oder nicht vollständig gemeldet. Die Gesamtsumme der Künstlersozialabgabe für die abgerechneten Jahre betrage 3.404,79 €, der aktuelle Kontostand liege im Soll bei 4.586,28 €. An Entgelten legte sie für das Jahr 2001 5.500,00 €, für 2002 24.200,00 €, für 2003 26.620,00 € und für das Jahr 2004 29.282,00 € zugrunde. Für Januar und Februar 2005 seien monatliche Vorauszahlungen von 95,39 € zu leisten, für März 2005 bis Februar 2006 jeweils 141,53 €.
Auch hiergegen legte der Kläger am 27.10.2005 Widerspruch ein. Die unsubstanziierte Schätzung könne nur als “blanker Abzocker-Zynismus des Herrschaftsapparates„ bezeichnet werden, die Werte seien willkürlich festgesetzt. Er betreibe kein abgabepflichtiges Unternehmen, was sich aus dem in der Vereinssatzung statuierten gemeinnützigen Zweck ergebe. Danach diene das Zusammensein der Mitglieder der Freude am gemeinsamen Musizieren und der Förderung des Vereinslebens, öffentliche Auftritte seien demgegenüber nur von untergeordneter Bedeutung. Konzerte sollten lediglich der Allgemeinheit das Resultat der Chorproben eröffnen. Da eine Vielzahl der Vereinsmitglieder zugleich im Ensemble des Kammerchors ... zu ... mitwirkten, seien diese auf keine öffentlichen Auftritte im Veranstaltungsrahmen des Klägers angewiesen. Im Jahr 2003 habe es keine Aufwendungen für Solisten gegeben, auch seien Aufführungen in der Regel Verlustgeschäfte. Für das Jahr 2005 seien lediglich fünf öffentliche Auftritte geplant.
Mit Bescheid vom 25.01.2006 korrigierte die Beklagte die Schätzung auf der Grundlage des zwischenzeitlich eingereichten Meldebogens. Danach habe der Kläger 3.876,77 € zu zahlen.
Beigefügt war ein Kontoauszug mit einer entsprechenden Saldo-Aufstellung in €.
Nach Einreichung eines weiteren Meldebogens vom 26.01.2006 änderte die Beklagte durch Bescheid vom 03.02.2006 den Kontostand auf 762,78 € Soll. Die Vorauszahlung für Januar und Februar 2006 liege bei 27,36 € monatlich, von März 2006 bis Februar 2007 bei 3...