Entscheidungsstichwort (Thema)
Investitionsförderung von Pflegeeinrichtungen im Beitrittsgebiet
Leitsatz (amtlich)
Die Bundesländer dürfen nicht bedarfsorientiert Investitionsmaßnahmen von ausgewählten Pflegeeinrichtungen fördern, sondern müssen die Ausschüttung von Finanzhilfen für solche Maßnahmen wettbewerbsneutral vornehmen. Werden einzelnen Pflegeeinrichtungen durch eine Investitionsförderung in die Lage versetzt, Leistungen preiswerter anzubieten als die Konkurrenten, weil eine Investitionskostenumlage von den Heimbewohnern nicht oder nur in geringem Umfang eingefordert werden muss, greift die in den vom Gesetz (SGB 11) vorgesehenen Wettbewerb zwischen den Pflegeeinrichtungen nachhaltig ein und führt zu einer Überschreitung des eingeräumten Förderermessens. Eine Förderung im Beitrittsgebiet, die - mit Blick auf die Beteiligung des Bundes im Rahmen des Investitionsprogramms aus Art 52 PflegeVG - ausschließlich Finanzhilfen für Maßnahmen nach dem 1.6.1994 vorsieht, ist mangels Wettbewerbsneutralität rechtswidrig, weil die Pflegeeinrichtungen, die Maßnahmen vor dem 1.6.1994 durchgeführt haben, ihre Leistungen teurer anbieten müssen, nachdem die Finanzierung von Heimkosten durch das SGB 11 umstrukturiert wurde und sie ihre betriebsnotwendigen Investitionsaufwendungen nur noch den Heimbewohnern in Rechnung stellen können, wenn das Land keine Finanzhilfe gewährt.
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin verlangt vom Beklagten die Gewährung einer Finanzhilfe für Investitionskosten bezüglich der von ihr betriebenen Pflegeeinrichtung.
Die Klägerin, eine GmbH, gehört mit anderen gleichartig gesellschaftsrechtlich konzipierten Altenwohn- und Pflegeheimen zur S GmbH (...), die wiederum zur Firmengruppe M GmbH (jetzt AG) (H) gehört.
Die Klägerin hatte im Frühjahr 1992 den Betrieb von drei Altenwohn- und Pflegeheime der Stadt T mit insgesamt 101 Pflegeplätzen übernommen. Im Juni 1992 erwarb sie von der Stadt T das Grundstück und die Gebäude eines stillgelegten Krankenhauses. Im Kaufvertrag (Vertrag v. 23. Juni 1992, Notar ...) hielten die Vertragsparteien fest, dass sie partnerschaftlich und im Einvernehmen darauf hinwirken wollen, dass alsbald ein Altenpflegeheim und eine Rehabilitationsabteilung auf dem Grundstück entstehen solle, um den hilfesuchenden Bürgern der Region die Möglichkeit einer würdevollen und ihren Bedürfnissen angemessenen Unterkunft zu bieten. Das Vorhaben sei dringlich für die Deckung des erheblichen Bedarfs an Pflegeplätzen und für die Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen geeignet. Die Klägerin verpflichtete sich zum Neubau eines Altenwohn- und Pflegeheims auf dem erworbenen Grundstück und zur vorbehaltlosen Übernahme aller am 1. Januar 1992 in den alten Pflegeheimen der Stadt T beschäftigten Mitarbeiter. Gemeinsam mit dem Sozialamt der Stadt T solle die Belegung des Heims mit 120 Pflegeplätzen organisiert werden. In Notfällen könne das Sozialamt die bevorzugte Belegung eines Hilfebedürftigen anweisen; die Klägerin sei an diese Weisung gebunden. Zusätzlich sei sie verpflichtet, in Abstimmung mit dem "Bildungswerk für Sozialpflege" eine Zweigstelle der Ergänzungsschule einzurichten und 12 Ausbildungsplätze für eine dreijährige Ausbildung zum/r Sozialpfleger/in zur Verfügung zu stellen. Die Vertragsparteien verabredeten auch, dass die Klägerin eine komplette Rehabilitationseinrichtung mit Ergo- und Logopädieräumen sowie Krankengymnastik und physikalischer Therapie errichten werde und hierfür höchstens die Sätze der Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK) als Entgelt ausweist. Sie verpflichtete sich darüber hinaus, dass mindestens die Hälfte der Bauleistungen für den Neubau von Firmen vor Ort oder Personen aus Sachsen-Anhalt ausgeführt werden. Die Kosten des Neubaus des Heims veranschlagten die Vertragsparteien mit 16 Mio. DM. Sie verabredeten, dass 40 % des Investitionsbetrages durch einen Zuschuß aus Landesmitteln des Beklagten erfolgen solle. Die Stadt T unterstütze einen Förderantrag der Klägerin mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln.
Die Klägerin schloß den Neubau des Heimes mit 157 Betten im September 1994 ab und wendete ihren Angaben nach dafür 25.372.145,26 DM auf. Das Heim war den Angaben nach durchschnittlich zu ca. 90 % belegt, zum Zeitpunkt der Klageerhebung betrug die Auslastung zwischen 95 und 97 %, wovon der größte Teil der Bewohner Sozialhilfeempfänger waren. Öffentliche Zuwendungen hatte die Klägerin nicht erhalten. Die Finanzierung der Heim- und Pflegekosten einschließlich der Refinanzierung der Investitionskosten erfolgte bis zum 31. Dezember 1996 anteilig pro Pflegetag und -bett über die Pflegesätze, die nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) mit dem Beklagten, der überörtlicher Träger der Sozialhilfe ist, vereinbart waren. Der Anteil der Investitionskosten im Pflegesatz betrug bei der Klägerin durchschnittlic...