Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen der Bewilligung eines Gründungszuschusses - Rechtsanwalt
Orientierungssatz
1. Die Bewilligung eines Gründungszuschusses durch die Agentur für Arbeit nach § 93 SGB 3 ist Ermessensentscheidung. Bei der Ermessensausübung ist der Leistungsträger an die Vorgaben des § 39 Abs. 1 S. 2 SGB 1 gebunden.
2. Dabei ist es zulässig, im Rahmen der Ermessensausübung auf den Vermittlungsvorrang des § 4 SGB 3 und auf die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit nach § 7 Abs. 1 SGB 3 zu verweisen, wenn zeitgleich eine Vermittlung in Arbeit möglich ist. Eine Ausnahme hiervon besteht nach § 4 Abs. 2 SGB 3 nur dann, wenn der Gründungszuschuss für eine dauerhafte Eingliederung erforderlich ist.
3. Sind auf dem Arbeitsmarkt Stellenangebote für die Aufnahme einer zumutbaren versicherungspflichtigen Beschäftigung vorhanden, so ist die Bewilligung eines Gründungszuschusses zu versagen. Dies gilt erst recht, wenn sich der Antragsteller zu keinem Zeitpunkt bei einem Arbeitgeber um eine Arbeitsstelle bemüht hat.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Mit der Klage wird die Gewährung eines Gründungszuschusses geltend gemacht.
Der am … 1983 geborene Kläger schloss seine juristische Ausbildung nach Studium und Referendariat im Mai 2012 mit dem zweiten juristischen Staatsexamen ab. Am 25.06.2012 wurde er von der … Rechtsanwaltskammer zur Rechtsanwaltschaft und als Rechtsanwalt zugelassen.
Bei einem Erstgespräch am 06.03.2012 gab der Kläger bei der Beklagten an, er plane die Aufnahme einer Tätigkeit als selbständiger Rechtsanwalt und wolle hierfür einen Gründungszuschuss beantragen. Außerdem meldete der Kläger sich mit Wirkung zum 01.06.2012 arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld, das die Beklagte ihm mit einer Anspruchsdauer von 360 Tagen bewilligte. Die geplante selbständige Tätigkeit gab der Kläger auch in Gesprächen am 03.05.2012 und 08.06.2012 als Ziel an. Von den zuständigen Mitarbeitern der Beklagten wurde die Zahlung eines Gründungszuschusses mehrfach mündlich abgelehnt (Vermerke vom 06.03.2012 und 06.06.2012).
Am 13.07.2012 beantragte der Kläger bei der Beklagten schriftlich die Gewährung eines Gründungszuschusses zur Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit als Rechtsanwalt bei der Kanzlei … Rechtsanwälte in … ab 15.07.2012. Er legte einen Businessplan und die Stellungnahme der fachkundigen Stelle zur Tragfähigkeit der Existenzgründung vor. Wegen der Einzelheiten wird auf Blatt 2 bis 20 der Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
Mit Bescheid vom 13.08.2012 lehnte die Beklagte die Förderung durch einen Gründungszuschuss ab. Im Rahmen der von der Beklagten zu treffenden Ermessensentscheidung seien auch die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu beachten. Auf dem für den Kläger fachlich und persönlich in Betracht kommenden Arbeitsmarkt bestünden ausreichende Integrationsmöglichkeiten in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung. Im Pendelbereich bis 100 Kilometer seien der Beklagten über 100 Stellenangebote für Juristen, die auch für Berufseinsteiger in Frage kämen, gemeldet. Zudem sei laut Businessplan des Klägers bereits im ersten Geschäftsjahr von einer Gewinnerzielung auszugehen. Allein mit dem ihm von der Kanzlei übertragenen Mandat habe ein Umsatz von zuletzt 40.000,00 € erzielt werden können. Zusätzlich plane der Kläger, mit seiner Kompetenz im Medizinrecht weitere Umsätze zu generieren. Daher könne die laut Businessplan vorgesehene Selbständigkeit nicht mit einem Gründungszuschuss unterstützt werden.
Hiergegen legte die Bevollmächtigte des Klägers - ebenfalls als Rechtsanwältin in der Kanzlei … Rechtsanwälte tätig - mit Schreiben vom 21.08.2012 Widerspruch ein. Zur Begründung wurde vorgetragen, der Beklagten seien Ermessensfehler unterlaufen. Die Beklagte habe ihre Entscheidung auf die gar nicht einschlägige Vorschrift des § 57 Abs.3 SGB III anstatt auf § 93 SGB III gestützt. Die Änderung des Gründungszuschusses (§ 93 SGB III) in eine Ermessensleistung sei im Gesetzgebungsverfahren vom Fachausschuss kritisch gesehen worden. In seiner Stellungnahme habe der Fachausschuss u.a. geäußert: “Liegen die Eignungsvoraussetzungen und die Tragfähigkeit des Gründungsvorhabens vor, ist es wenig realistisch, eine Förderung abzulehnen.“
Außerdem habe die Vermittlung in ein Arbeitsverhältnis nach § 4 Abs. 2 SGB III lediglich Vorrang gegenüber Weiterbildungs- oder sonstigen Integrationsmaßnahmen. Ein Vorrang gegenüber der Förderung einer selbständigen Tätigkeit bestehe nicht. Außerdem habe die Beklagte nicht belegt, dass zum Zeitpunkt der Antragstellung (13.07.2012) ausreichende Angebote auf dem Arbeitsmarkt vorhanden und kurzfristig verfügbar gewesen seien. Hierbei müsse man außerdem beachten, dass die selbständige Tätigkeit nur in einer Distanz von 20 km ausgeübt werden könne. An dem Umsatz aus seinem Referat sei der Kläger innerhalb der Kanzlei nur quotal beteiligt. Von seinem Umsatz müsse er zunächst seine Kammerbeiträ...