Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsärztliche Versorgung. Plausibilitätsprüfung. Neufassung der Prüfzeiten zum Quartal II/2020. keine fehlerhafte Festsetzung der zuvor geltenden Prüfzeiten. keine Beanstandung der Richtlinien der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und Spitzenverbände der Krankenkassen zum Inhalt und zur Durchführung der Abrechnungsprüfungen der Kassenärztlichen Vereinigungen und der Krankenkassen einschließlich der Bildung von Tages- und Quartalsprofilen

 

Leitsatz (amtlich)

Aus der Neufassung der Prüfzeiten zum Quartal II/20 folgt nicht, dass die zuvor geltenden Prüfzeiten fehlerhaft festgesetzt wurden und damit nichtig sind (vgl bereits SG Marburg vom 21.8.2020 - S 12 KA 1/18 - juris).

 

Orientierungssatz

1. Die Regelungen der Richtlinien der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und Spitzenverbände der Krankenkassen zum Inhalt und zur Durchführung der Abrechnungsprüfungen der Kassenärztlichen Vereinigungen und der Krankenkassen einschließlich der Bildung von Tages- und Quartalsprofilen sind nicht zu beanstanden.

2. Bei den Prüfzeiten handelt es sich um durchschnittliche Zeiten, die so bemessen sein müssen, dass sie auch von erfahrenen und zügig arbeitenden Ärzten für eine ordnungsgemäße Leistungserbringung benötigt werden (vgl BSG vom 24.10.2018 - B 6 KA 42/17 R = BSGE 127, 43 = Fundstelle SozR 4-2500 § 106a Nr 19).

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen.

3. Der Streitwert wird auf 534.215,63 € festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um eine Honorarberichtigung für die sieben Quartale IV/15 bis II/17 aufgrund einer zeitbezogenen Plausibilitätsprüfung in Höhe von 534.215,63 €.

Die Klägerin ist als Fachärztin für Allgemeinmedizin zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt seit 2002 zugelassen. Sie nimmt an der hausärztlichen Versorgung teil. Sie beschäftigt seit Oktober 2015 Frau Dr. C., ebf. Fachärztin für Allgemeinmedizin, als angestellte Ärztin.

Die Beklagte setzte mit Bescheid vom 23.01.2013 im Rahmen einer zeitbezogenen Plausibilitätsprüfung der Honorarabrechnung der Praxis der Klägerin für die vier Quartale I bis IV/10 eine Honorarrückforderung in Höhe von insgesamt 41.505,88 € netto fest. Widerspruch und Klage blieben erfolglos (SG Marburg, Gerichtsb. v. 14.05.2014 - S 12 KA 601/13 - juris). Die Beklagte setzte mit zwischenzeitlich bestandskräftigem Bescheid vom 20.02.2014 für die acht Quartale I/11 bis IV/12 eine Honorarrückforderung in Höhe von insgesamt 163.115,07 € netto fest.

In den Quartalen Quartale IV/15 bis II/17 setzte die Beklagte durch Honorarbescheid das Honorar der Klägerin wie folgt fest:

Quartal

IV/15 

I/16   

II/16 

III/16

Honorarbescheid v.

03.04.2016

05.07.2016

31.10.2016

03.01.2017

Nettohonorar gesamt in €

191.236

217.245,58

208.980,19

203.923,68

Bruttohonorar PK+EK in €

192.744,93

217.482,39

211.205,50

205.586,36

Fallzahl PK+EK

2.160 

2.307 

2.106 

2.155 

Quartal

IV/16 

I/17   

II/17 

Honorarbescheid v.

05.04.2017

16.05.2019

16.08.2018

Nettohonorar gesamt in €

217.177,53

230.628,89

243.708,04

Bruttohonorar PK+EK in €

220.115,39

233.163,20

247.329,64

Fallzahl PK+EK

2.321 

2.399 

2.230 

Die Beklagte führte für die Quartale IV/15 bis IV/17 eine weitere Plausibilitätsprüfung durch und übersandte der Klägerin unter Datum vom 20.11.2018 die zeitbezogenen Rechnungsergebnisse für diese Quartale unter Erläuterung der Ermittlung der Zeitprofile für die Quartale IV/15 bis II/17.

Die Klägerin trug vor, eine Implausibilität der Abrechnungen sei nicht gegeben. Sie habe sämtliche abgerechneten Leistungen vollständig und de lege artis erbracht. Es sei übersehen worden, dass sie seit 2015 einen weiteren KV-Sitz erworben habe und Frau C. als angestellte Praxisassistenz beschäftige. Eine Überschreitung bezüglich der Gesprächsleistung nach Nr. 03230 EBM liege nicht vor. Während die Prüfgruppe pro 100 Behandlungsfälle diese Gesprächsleistung im Quartal IV/15 55 Mal abgerechnet habe, habe sie die Leistung 106 Mal pro 100 Behandlungsfälle abgerechnet, insgesamt 2.289 Mal. Die Prüfgruppe rechne die Leistung 1.188 Mal je Arzt ab. Bei zwei KV-Sitzen wäre also die doppelte Zahl (2 x 1.188 = 2.376) anzusetzen. Damit liege keine Überschreitung der Prüfgruppe vor. Bei ihrer Praxis handle es sich um eine überdurchschnittlich große Praxis. Sie betreue eine große Zahl minderjähriger Patienten. Sie führe alle U-Untersuchungen sowie Präventionsuntersuchungen bei Kindern (Nr. 01713 bis 01720) durch. Insbesondere behandle sie auch zahlreiche Kinder mit Sprachstörungen und Entwicklungsstörungen (Nr. 03350 und 03351), oft auch mit problemorientierten Störungen, angeborenen Krankheiten, Kinder in der Pubertät und mit neurotischen Störungen. Aufgrund der Vielzahl der behandelten Fälle würde das Quartalsprofil bereits dann überschritten werden, wenn nur der Ordinationskomplex abgerechnet würde. Sie biete ein sehr breites Leistungsprofil an mit einem qualifikationsgebundenen Zusatzvolumen. Darüber hinaus biete sie auch hochspezialisiert...

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