Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Krankenhaus. Aufrechnung mit einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch
Leitsatz (amtlich)
Die durch Art 7 Pflegepersonal-Stärkungsgesetz (PpSG) in §§ 109 Abs 5, 325 SGB V eingefügten Neuregelungen gelten erst ab 1.1.2019, weshalb eine Krankenkasse mit einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch im Rahmen der noch bis Ende 2018 geltenden vierjährigen Verjährungsfrist auch im Zeitraum 9.11.2018 bis 31.12.2018 aufrechnen konnte.§ 325 SGB V kann im Übrigen nur auf die Durchsetzung durch die Einleitung gerichtlicher Verfahren bezogen werden.
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Gerichtskosten zu tragen und der Beklagten die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
3. Der Streitwert wird auf 2.598,26 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten noch um die restliche Vergütung in Höhe von 2.598,26 € für die stationäre Behandlung der Patientin D. D. im Zeitraum vom 22. bis 25.08.2016 und 17.10. bis 25.10.2016 und hierbei insb. um die Frage einer Fallzusammenführung sowie um die Aufwandspauschale gemäß § 275 Abs. 1c Satz 3 SGB V.
Die Klägerin behandelte die 1951 geb. und bei der Beklagten krankenversicherte Patientin D. D. in ihrer Klinik stationär im Zeitraum vom 22. bis 25.08.2016 und 17.10. bis 25.10.2016.
Die Klägerin übersandte die Rechnung für den ersten Krankenhausaufenthalt mit Datum vom 30.09.2016 in Höhe von 1.998,26 € unter Zugrundelegung der DRG 168D (nicht operativ behandelte Erkrankungen und Verletzungen im Wirbelsäulenbereich, mehr als ein Belegungstag, oder andere Femurfraktur, außer bei Diszitis oder infektiöser Spondylopathie, ohne Kreuzbeinfraktur) und für den zweiten Krankenhausaufenthalt mit Datum vom 01.12.2016 in Höhe von 6.953,04 € unter Zugrundelegung der DRG I10B (andere Eingr. an der WS mit best. kompl. Eingr. od. Halotraktion od. Para-/Tetrapl. od. Wirbelfraktur mit best. Eingr. an WS, Spinalkanal und Bandscheibe ohne äuß. schw. CC od. best. and. Operationen an der WS mit äuß. schw. CC und ≫ 1 BT), die die Beklagte zunächst beglich.
Die Beklagte leitete ein Prüfverfahren ein. Der medizinische Dienst der Krankenversicherung Nordrhein (MDK) gelangte in dem Gutachten des Dr. E., Facharzt für Orthopädie, vom 18.04.2017 bzgl. des ersten Aufenthalts zu dem Ergebnis, die stationäre Aufnahme sei für die geplante operative Versorgung angemessen gewesen. Die zur Entlassung führende Problematik sei bei der Aufnahme noch nicht erkennbar gewesen. Nach Auswertung der Krankenhausdokumentation sei auch die Überschreitung der UGVD dem resultierenden Verlauf angemessen gewesen. Dr. E. gelangte in dem Gutachten vom 22.07.2017 bzgl. des zweiten Aufenthalts zu dem Ergebnis, die Patientin sei, da im Rahmen der präoperativ erforderlichen Diagnostik ein arterieller Hochdruck neu entdeckt worden sei, am 25.08.2016 zur weiteren internistischen Klärung und medikamentösen Einstellung dieser Erkrankung entlassen worden. Die geplante Wiederaufnahme zur Operation sei bei der Entlassung auf den 17.10.2016 festgelegt worden. Es handele sich bei der Aufnahme am 17.10.2016 nicht um eine komplikationsbedingte, sondern um eine bereits bei der Entlassung am 25.08.2016 geplante Wiederaufnahme. Es wäre auch eine Beurlaubung zur weiteren internistischen Klärung und medikamentösen Einstellung dieser Erkrankung angemessen gewesen.
Die Klägerin stellte für die Prüfung des ersten Krankenhausaufenthalts die Fallpauschale in Höhe von 300,00 € mit Datum vom 26.04.2017 in Rechnung, die die Beklagte am 09.05.2017 beglich.
Die Beklagte nahm am 29.11.2018 die Aufrechnung mit weiteren unstreitigen Behandlungsfällen der Klägerin in Höhe des strittigen Betrags von 2.598,26 € vor.
Die Klägerin hat am 05.06.2019 die Klage erhoben. Die Klägerin ist der Auffassung, ihr stehe die Vergütung in vollem Umfang zu. Eine Fallzusammenführung sei nicht zu vollziehen. Die Fälle seien gem. der Grundregel des § 8 KHEntgG getrennt abzurechnen. Keiner der Fallzusammenführungstatbestände der Fallpauschalenvereinbarung sei einschlägig. Auch unter Berücksichtigung der BSG-Rechtsprechung zum fiktiven wirtschaftlichen Alternativverhalten sei eine Fallzusammenführung nicht vorzunehmen. Der Rechtsfigur, die ohne jedweden normativen Anknüpfungspunkt im Gesetz kreiert worden sei, fehle es bereits an einer hinreichenden gesetzlichen Grundlage, wie es das Sozialgericht Mainz mit Urteil vom 22.10.2014 (S 3 KR 438/12, juris) bereits rechtsfehlerfrei ausgeführt habe. Der Gesetzgeber habe nunmehr mit Verabschiedung des Pflegepersonalstärkungsgesetzes § 8 Abs. 5 KHEntgG zur Klarstellung um einen dritten Satz entsprechend ergänzt. Eine erweiternde Auslegung der Fallpauschalenvorschriften sei daher seit jeher erkennbar nicht gesetzgeberischer Wille und damit ausgeschlossen. Mit Blick auf die Beurlaubungsregelung des § 1 Abs. 7 Satz 5 FPV verkenne die Beklagte, dass die Zustimmung des behandelnden Krankenhausarztes initial den Wunsch der Versicherten auf Unterbrechung des vollstationären Be...