Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. keine Verordnungsfähigkeit von "Wobe-Mugos-E" in 2004. Festsetzung eines Arzneikostenregresses setzt Verschulden des Vertragsarztes nicht voraus. Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit sind nicht zur Überprüfung arzneimittelrechtlicher Entscheidungen befugt. Verkehrsfähigkeit eines Arzneimittels begründet allein keine Leistungspflicht iS der GKV. keine Übertragbarkeit der Rechtsprechung des BVerfGs zu lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankungen
Leitsatz (amtlich)
1. Das Arzneimittel Wobe-Mugos-E war im Jahr 2004 nicht verordnungsfähig (vgl BSG vom 27.9.2005 - B 1 KR 6/04 R - SozR 4-2500 § 31 Nr 3).
2. Die Festsetzung eines Arzneikostenregresses setzt ein Verschulden des Arztes nicht voraus. Mit der Verordnung eines Arzneimittels auf Kassenrezept übernimmt der Vertragsarzt die Verantwortung für die Zugehörigkeit des Arzneimittels zum Leistungsspektrum der gesetzlichen Krankenversicherung. Mit der vertragsärztlichen Verordnung erwirbt der Versicherte einen Sachleistungsanspruch und tritt der Vertragsarzt potentiell in eine Regresshaftung ein. In Zweifelsfällen kann er dieser Regresshaftung nur entgehen, wenn er bei der Krankenkasse eine Zusicherung einholt oder auf Wunsch des Patienten ein Privatrezept ausstellt oder der Patient bei Verweigerung der Kassenleistung einen Antrag bei seiner Krankenkasse nach § 13 SGB 5 stellt.
Orientierungssatz
1. Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit haben nicht die Befugnis, arzneimittelrechtliche Entscheidungen der nach dem AMG zuständigen Behörden oder der Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit selbst vollumfänglich zu überprüfen.
2. Allein die Verkehrsfähigkeit eines Arzneimittels betreffende arzneimittelrechtliche Entscheidung begründet im Leistungsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung keinen Anspruch auf Versorgung mit diesem Arzneimittel (vgl BVerwG vom 2.7.1979 - I C 9.75 = BVerwGE 58, 167).
3. Die bundesverfassungsgerichtliche Rechtsprechung ist auf die Verordnung von "Wobe Mugos E" nicht übertragbar.
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kläger haben die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu erstatten und die Gerichtskosten zu tragen. Weitere Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um einen Arzneikostenregress wegen der Verordnung des Präparates Wobe Mugos E in Tablettenform in den vier Quartalen I/02 bis IV/02 in Höhe von insgesamt 1.479,01 Euro.
Die Kläger bildeten vom 01.08.1993 bis zum 31.12.2005 eine Gemeinschaftspraxis mit Praxissitz in C-Stadt. Sie waren in dieser Zeit als Fachärzte für Allgemeinmedizin zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.
Der Prüfungsausschuss der Ärzte und Krankenkassen führte auf Antrag der Beigeladenen zu 9) mit Datum vom 14.02.2003 für das streitbefangene Quartal II/02 Quartale wegen Verordnung des Medikaments Wobe-Mugos E für die 1939 geb. Patientin MK. und den 1944 geb. Patienten ME. sowie auf Antrag der Beigeladenen zu 2) mit Datum vom 26.03.2003 für alle streitbefangenen Quartale wegen Verordnung des Medikaments Wobe-Mugos E für die 1937 geb. Patientin RT. eine Prüfung durch.
Der Prüfungsausschuss setzte mit Bescheid vom 08.05.2003 einen Arzneikostenregress in Höhe von 268,44 Euro für das Quartal II/02 (Patienten MK. und ME.) und vom 03.06.2003 für die streitbefangenen Quartale einen Arzneikostenregress in Höhe von 1.210,57 Euro (Patientin RT.) fest.
Hiergegen legten die Kläger jeweils am 10.06.2003 Widerspruch ein. Sie wiesen darauf hin, es handele sich um ein zugelassenes Arzneimittel. Ein Ausschluss nach den Arzneimittelrichtlinien bestehe nicht.
Mit Beschlüssen jeweils unter Datum vom 06.07.2006 aufgrund der Sitzung vom 22.03.2006, den Klägern jeweils zugestellt am 07.07.2006, wies der Beklagte die beiden Widersprüche im schriftlichen Verfahren zurück. Zur Begründung führte er gleichlautend in beiden Bescheiden an, das Präparat Wobe Mugos E in Tablettenform zur oralen Anwendung sei mangels Zulassung nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordnungsfähig. Im Übrigen habe der Hersteller das Präparat zum 01.09.2005 in Deutschland aus dem Verkehr genommen. Mit Bescheid vom 09.06.1998 habe das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte die Verlängerung der Zulassung abgelehnt. Damit sei das Medikament spätestens ab diesem Zeitpunkt nicht mehr verkehrsfähig gewesen, so dass es im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung nicht mehr hätte verordnet werden dürfen. Das Präparat habe nie eine fiktive Zulassung gehabt, es sei auch eine Neuzulassung nicht erteilt worden. Den Ausschluss von der Leistungspflicht hätten sowohl das LSG Rheinland-Pfalz als auch aktuell das Bundessozialgericht bestätigt. Diese Entscheidungen seien rechtskräftig.
Hiergegen haben die Kläger jeweils am 28.07.2006 die Klage erhoben. Die Kammer hat mit Beschluss vom 07.02.2007 beide Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung miteinander verbunden.
Die Kläger verweisen auf ihr bisheriges Vorbringen. Ihr Bevollm...