Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialrechtliches Verwaltungsverfahren. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Glaubhaftmachung. Wiedereinsetzungsgrund. Aufklärung von Amts wegen
Leitsatz (amtlich)
Eine Behörde hat, wenn das Vorbringen einer Widerspruchsführerin oder die sonstigen Umstände auf das Vorhandensein von Tatsachen hindeuten, die den Wiedereinsetzungsantrag begründet erscheinen lassen könnten, diese Tatsachen von Amts wegen aufzuklären (Anschluss an BSG vom 24.10.1957 - 10 RV 285/55 = SozR Nr 13 zu § 67 SGG = NJW 1957, 1944 = SGb 1958, 117, juris Rdnr.14). Dies gilt auch, wenn der Widerspruch zunächst verfristet eingeht. Eine Behörde ist dann verpflichtet, auf die Möglichkeit zur Wiedereinsetzung und deren Voraussetzungen hinzuweisen.
Tenor
1. Unter Aufhebung des Widerspruchsbescheids vom 07.12.2009 wird die Beklagte verpflichtet, die Klägerin über ihren Widerspruch vom 08.06.2009 gegen den Bescheid vom 27.05.2009 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
2. Die Beklagte hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Zulässigkeit eines Widerspruchs gegen den Bescheid zur Festsetzung des Regelleistungsvolumens für das Quartal III/09.
Die Klägerin ist als Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin mit den Zusatzbezeichnungen Allergologie und Psychotherapie zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen.
Die Beklagte setzte mit Bescheid vom 27.05.2009 das Regelleistungsvolumen für das Quartal III/09 auf 32.837,68 € fest.
Hiergegen ging am 03.07.2009 mit Telefax des Prozessbevollmächtigten der Klägerin ein Widerspruch ein, der sich zugleich auch auf die Bescheide über die Regelleistungsvolumina für die Quartale I und II/09 bezog bzw. auf die von der Klägerin bereits eingelegten Widersprüche. Eine ausführliche Widerspruchsbegründung liege bereits vor.
Die Beklagte wies den Prozessbevollmächtigten der Klägerin unter Datum 17.07.2009 auf die Verfristung des Widerspruchs hin. Sie teilte mit, die Widerspruchsfrist habe am 01.07.2009 geendet.
Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin begründete die Widersprüche am 16.09.2009. Hinsichtlich der Verfristung führte er aus, die Klägerin habe unmittelbar nach Erhalt des Festsetzungsbescheides über das Regelleistungsvolumen mit Schreiben vom 04.06.2009 einen - zwar nur einzeiligen, aber dennoch rechtsverbindlichen - Widerspruch an die Beklagte übersandt. Es werde davon ausgegangen, dass dieser der Beklagten vorliege. Andernfalls müsse vom Verlust auf dem Postweg oder einem Abhandenkommen im internen Postlauf der Beklagten ausgegangen werden. Sie könne jedenfalls durch Dritte glaubhaft belegen, dass das Widerspruchsschreiben mit besagtem Datum einkuvertiert und zur Post gegeben worden sei. Hilfsweise und allein aus Gründen anwaltlicher Vorsicht werde Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt.
Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 07.12.2009 den Widerspruch als unbegründet zurück und gab dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht statt. Zur Begründung führte sie aus, der Widerspruch sei verfristet. Der Bescheid sei am 29.05.2009 zur Post gegeben worden. Die Widerspruchsfrist habe damit am 01.07.2009 geendet. Aufgrund des Vortrages könne ein Verschulden für die Versäumung der Frist seitens der Klägerin nicht ausgeschlossen werden. Es sei ihr nicht gelungen, das Fristversäumnis glaubhaft zu entschuldigen. Die Klägerin habe keine stichhaltigen Gründe für eine verspätete Einlegung des Widerspruchs vorgetragen. Sie habe nicht glaubhaft gemacht, dass sie die fristgemäße Einlegung des Widerspruchs gegen den Bescheid ohne ein Verschulden versäumt habe. Unter Anwendung der gebotenen Sorgfalt hätte jedoch über die rechtzeitige Formulierung des Widerspruchsschreibens hinaus dafür Sorge getragen werden müssen, dass der Widerspruch innerhalb der Monatsfrist auch zugehe. Die bloße Behauptung, den Widerspruch rechtzeitig abgesandt zu haben, reiche für den Nachweis der Einhaltung der Frist nicht aus. Die Klägerin hätte den Widerspruch ggf. per Einschreiben mit Rückschein senden müssen, um einen Nachweis für das rechtzeitige Einlegen zu haben.
Hiergegen hat die Klägerin am 17.12.2009 die Klage erhoben. Sie führt aus, sie habe mit Schreiben vom 08.06.2009 fristgerecht Widerspruch eingelegt. Soweit ihr Prozessbevollmächtigter im Verwaltungsverfahren auf ein Schreiben vom 04.06.2009 verwiesen habe, beruhe dies auf einem Versehen des Prozessbevollmächtigten. Das Widerspruchsschreiben sei seinerzeit durch die Praxismitarbeiterin der Klägerin ausgefertigt und zur Post gegeben worden. Es handele sich um ihre Auszubildende, die Zeugin CC. Diese habe das Schreiben einkuvertiert und zur Post gebracht. Verfasst habe es sie selbst mit ihrer Mitarbeiterin DD. Das Widerspruchsschreiben müsse auf dem Postweg oder bei der Beklagten abhanden gekommen sein. Hierauf habe sie keine Möglichkeit der Einflussnahme gehabt. Zwischenzeitlich habe die Beklagte eine Sonderregelung im Rahmen des R...